Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
F ist als Fliesenleger nach § 2 Abs. 1 UStG unternehmerisch tätig. Im Rahmen der Vermietung des Mietwohnhauses ist er ebenfalls unternehmerisch tätig, da er als Vermieter selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht Leistungen erbringt. Da er als Unternehmer nur ein Unternehmen haben kann, gehört sowohl sein Fliesenlegerbetrieb als auch die Vermietungstätigkeit zu seinem einheitlichen Unternehmen.
Im Bereich als Fliesenleger ist F für Eingangsleistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt, da er keine vorsteuerabzugsschädlichen Ausgangsleistungen ausführt. Die Vermietung der Mietwohnungen führt zu steuerbaren, aber nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreien Ausgangsumsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG ist nicht möglich, da die Mieter keine Unternehmer sind.
F erhält von seinem Großhändler eine ordnungsgemäße Rechnung und hat die Fliesen auch für sein Unternehmen erworben. Damit hat F den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG. Mit dem Verlegen der Fliesen führt F direkt keinen Ausgangsumsatz aus, da es sich um einen nicht steuerbaren Innenumsatz zwischen 2 Bereichen seines einheitlichen Unternehmens handelt. Dieser Innenumsatz begründet weder einen Vorsteuerabzug noch schließt er den Vorsteuerabzug aus. Damit ist zu prüfen, mit welchem Ausgangsumsatz aus dem Unternehmen der Kauf der Fliesen tatsächlich in wirtschaftlichem Zusammenhang steht. Da die mit den Fliesen mittelbar bewirkten Ausgangsumsätze aus dem Unternehmen die Vermietungsumsätze des F sind, steht der Einkauf der Fliesen in einem mittelbaren Zusammenhang mit vorsteuerabzugsschädlichen Ausgangsleistungen. Der Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Großhändlers ist somit nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Eine Ausnahme vom Vorsteuerabzugsverbot nach § 15 Abs. 3 UStG liegt nicht vor.
Auch die bei der Verlegung der Fliesen anfallenden Personalleistungen werden im Rahmen eines nicht steuerbaren Innenumsatzes ausgeführt und stellen somit keinen Ausgangsumsatz dar. Da im Zusammenhang mit den angefallenen Kosten keine Vorsteuerabzugsberechtigung bestanden hat, ergeben sich hier keine weiteren Rechtsfolgen.
Hätte F die Fliesen – wie in der Alternative dargestellt – im Zusammenhang mit einem geplanten Ausgangsumsatz im Bereich des Fliesenlegerbetriebs erworben, hätte er nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen können. Da zu diesem Zeitpunkt auch keine mittelbare Verknüpfung mit einem vorsteuerabzugsschädlichen Ausgangsumsatz vorhanden war, war der Vorsteuerabzug im Dezember 2022 nicht nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen. F konnte somit im Dezember 2022 zu Recht die Vorsteuer i. H. v. 1.900 EUR geltend machen. Nach der derzeit geltenden Rechtsauffassung zum Sofortabzug der Umsatzsteuer in Abhängigkeit von der jeweiligen Verwendungsabsicht kann die im April und Mai 2023 erfolgte Verlegung der Fliesen im Mietwohnhaus des F nicht rückwirkend zu einem Wegfall der Vorsteuerabzugsberechtigung führen, da es ausschließlich auf die Verwendungsabsicht zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs ankommt. Da zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs eine den Vorsteuerabzug nicht ausschließende Verwendung geplant war, ist der Anspruch auf die Vorsteuer endgültig entstanden.
Sachgerechte Schätzung
Die Vorsteuerabzugsberechtigung ist grundsätzlich nach den Verhältnissen zu beurteilen, die im Zeitpunkt des Leistungsbezugs vorliegen. Soweit dies zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht abschließend beurteilt werden kann, muss sachgerecht geschätzt werden, wie die bezogene Leistung später für Ausgangsleistungen verwendet werden soll.
Da der Vorsteuerabzug aus dem Dezember 2022 nicht mehr nach § 15 UStG infrage gestellt werden kann, ergibt sich aber ein Berichtigungsanspruch nach § 15 a Abs. 2 UStG. F hatte Fliesen als Umlaufvermögen erworben, die er für den Vorsteuerabzug nicht ausschließende Umsätze verwenden wollte. Jetzt verwendet er – nach Umwidmung – die Fliesen für Ausgangsumsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, sodass hier eine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a Abs. 2 UStG erfolgen muss. Damit muss F in seiner Jahressteuererklärung für 2023 die im Dezember 2022 berechtigt abgezogene Vorsteuer im Rahmen der Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG i. H. v. 1.900 EUR an sein Finanzamt zurückzahlen.
Keine Vorsteuerberichtigung bei Umsatzsteuer ≤ 1.000 EUR
Hätte der F bei der Ausführung der Fliesenarbeiten nur Fliesen im Warenwert (Einkaufspreis) von z. B. 5.000 EUR zzgl. 950 EUR USt verwendet, wäre zwar grundsätzlich auch eine Vorsteuerberichtigung notwendig, sie würde aber an der Vereinfachungsregelung des § 44 Abs. 1 UStDV scheitern.
Nach § 44 Abs. 1 UStDV entfällt die Vorsteuerberichtigung, wenn die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallende Umsatzsteuer 1.000 EUR nicht übersteigt. Systematisch könnte hinterfragt werden, ob hier jede Fliese als ein Einzelobjekt betrachtet werden kan...