BMF, Schreiben v. 18.11.2018, IV C 7 - S 2291/18/10001, BStBl I 2018, 1214
Abgrenzung und Anerkennung von Rotfäule als Holznutzung infolge höherer Gewalt
Bezug: Besprechung mit den für die Einkommensteuer zuständigen Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder vom 24. bis 26.4.2018 (TOP 19 ESt II/18) und vom 25. bis 27.9.2018 (TOP 22 ESt IV/18)
Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anerkennung von Rotfäule als Holznutzung im Sinne des § 34b Absatz 1 Nummer 2 EStG das Folgende:
I. Grundsätze
1. Definition der Rotfäule
Rotfäule ist eine durch holzzerstörende Pilze verursachte und regelmäßig nur an der Fichte auftretende Baumkrankheit. Sie kann in den gesunden Baum sowohl von der Wurzel her (Stammfäule) als auch durch Wunden in der Baumrinde (Wundfäule) eindringen. Trotz vorbeugender Maßnahmen können Infektionen nicht ausgeschlossen werden und eine wirksame Bekämpfung der Krankheiten ist nicht möglich. Die Rotfäule und damit einhergehende Erkrankungen sind äußerlich nicht oder nur schwer erkennbar und führen zur Entwertung des Holzes. In der Regel ist dies erst nach dem Fällen des Baumes mit Sicherheit festzustellen.
2. Holznutzungen mit Rotfäule als Holznutzung infolge höherer Gewalt
Nach § 34b Absatz 1 Nummer 2 Satz 1 und 2 EStG gehören zu den Holznutzungen infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzungen) durch Eis-, Schnee-, Windbruch oder Windwurf, Erdbeben, Bergrutsch, Insektenfraß, Brand oder durch Naturereignisse mit vergleichbaren Folgen verursachte Schäden. Zu den Naturereignissen mit vergleichbaren Folgen gehören auch schleichende Krankheiten, wie etwa Rotfäule oder andere infektiöse Holzkrankheiten, soweit sie über das normale Maß hinausgehen und nicht mit Erfolg zu bekämpfen sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24.8.1961 – BStBl 1962 III S. 28). Nicht zu den Holznutzungen infolge höherer Gewalt gehören gemäß § 34b Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 EStG Schäden, die in der Forstwirtschaft regelmäßig entstehen.
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10.10.1963 (BStBl 1964 III S. 119) kann die Rotfäule nur insoweit zu einer Holznutzung infolge höherer Gewalt führen, als sie einen Schaden verursacht, der die Summe der im forstwirtschaftlichen Betrieb des Steuerpflichtigen regelmäßig und üblich anfallenden Schäden mengenmäßig in erheblichem Umfang übersteigt.
II. Vereinfachungsregelung
Die Anwendung des BFH-Urteils vom 10.10.1963 (a. a. O.) erfordert umfangreiche und langjährige Aufzeichnungen für sämtliche im Betrieb erfolgten Nutzungen und den darin enthaltenen Schäden. Zur Erleichterung der daraus resultierenden Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten kann die Abgrenzung von Holznutzungen mit Rotfäule und deren Anerkennung als Holznutzungen infolge höherer Gewalt im jeweiligen Wirtschaftsjahr wie folgt vereinfacht werden:
1. Abgrenzung der Holznutzungen mit Rotfäule von regelmäßigen Schäden in der Forstwirtschaft
Eine Holznutzung mit Rotfäule liegt vor, wenn der Baumstamm einer Fichte zu mehr als 15 Prozent seines Durchmessers am Stammfuß durch Pilzbefall geschädigt ist.
Betragen bei einer Hiebsmaßnahme die Holznutzungen mit Rotfäule in diesem Sinne nicht mehr als 50 Prozent der am Hiebsort insgesamt eingeschlagenen Fichtenstämme, sind diese Holznutzungen mit Rotfäule als regelmäßiger Schaden in der Forstwirtschaft zu qualifizieren. Dabei ist unbeachtlich, ob der Baumstamm ganz oder zum Teil befallen ist und inwieweit die Krankheit tatsächlich fortgeschritten ist.
2. Ermittlung der Holznutzungen infolge von Rotfäule
Übersteigen die Holznutzungen mit Rotfäule (Tz. II.1 – 1. Absatz) die Schwelle von 50 Prozent der am Hiebsort insgesamt eingeschlagenen Fichtenstämme (Tz. II.1 – 2. Absatz), ist der übersteigende Prozentsatz bei der Ermittlung der Holzungen infolge höherer Gewalt zu berücksichtigen. Hierzu ist der übersteigende Prozentsatz auf die gesamte eingeschlagene Holzmenge am Hiebsort anzuwenden.
Bei Holznutzungen mehrerer Baumarten sind der Prozentsatz und die gesamte eingeschlagene Holzmenge nur auf den Fichtenanteil zu beziehen.
3. Anerkennung von Holznutzungen infolge höherer Gewalt
Die nach Tz. II.2 ermittelten Holznutzungen infolge höherer Gewalt können der Höhe nach nur anerkannt werden, wenn die Holznutzungen spätestens nach Feststellung des Schadenfalls ohne schuldhaftes Zögern gemäß § 34b Absatz 4 Nummer 2 EStG auf den amtlichen Vordrucken (ESt 34b-Mitteilung/ESt 34b-Nachweis) mitgeteilt und nach der Aufarbeitung mengenmäßig nachgewiesen werden. Soweit keine Nachprüfung durch die Finanzbehörde vor Ort erfolgt, müssen die Rotfäuleschäden durch den Steuerpflichtigen gegebenenfalls glaubhaft gemacht und die für die Anwendung des § 34b EStG notwendigen Berechnungsgrundlagen dargelegt werden.
Für die anzuerkennende Holzmenge ist ein weiterer Totalitätsabzug ausgeschlossen.
III. Zeitliche Anwendung
Die vorstehenden Regelungen gelten erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2018 beginnen.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentli...