Leitsatz
§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG begünstigt nicht nur die Vermietung von Grundstücken und mit diesen fest verbundenen Gebäuden, sondern allgemein die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen durch einen Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden und damit auch die Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer.
Normenkette
§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG, Art. 98, Anhang III Nr. 12 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), Art. 43 MwSt-DVO
Sachverhalt
Der Kläger, ein Landwirt, vermietete an bei ihm saisonal tätige Erntehelfer Räume in Wohncontainern. Die Dauer des Mietverhältnisses betrug längstens drei Monate. Die Wohncontainer waren nicht in das Erdreich eingelassen, sondern standen auf Steinsockeln und waren über gepflasterte Wege zu erreichen.
Der Kläger meldete seine Umsätze aus der Vermietung der Räume in den Containern an die Erntehelfer zum ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG) an. Nach einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Umsätze dem Regelsteuersatz unterlägen, weil die Container nicht dauerhaft fest mit dem Grundstück verbunden seien. Das FA schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ für die Streitjahre Änderungsbescheide. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos.
Das FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 7.4.2020, 1 K 2819/19, EFG 2020, 1877) gab der Klage statt. Es entschied, die kurzfristige Beherbergung der Erntehelfer in Wohncontainern unterliege dem ermäßigten Steuersatz. Dass die Wohn- und Schlafräume Teile von Gebäuden sein müssten, sei nicht erforderlich.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück.
Hinweis
1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Vermietung u.a. von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen.
2. Die Finanzverwaltung wendet die Steuerermäßigung auch auf die kurzfristige Vermietung von ortsfesten Wohnmobilen, Wohncaravans und Wohnanhängern an (Abschn. 12.16 Abs. 7 Satz 2 UStAE).
3. Mit dem Besprechungsurteil hat der BFH geklärt, dass Container auch dann "Wohn- und Schlafräume" sind, wenn sie mit dem Erdboden nicht fest verbunden sind. Klargestellt hat der BFH außerdem, dass die Arbeitnehmer des Vermieters"Fremde"i.S.d. Vorschrift sind und die Unterbringung von Saisonarbeitern in nicht ortsfesten Wohncontainern eine "Beherbergung". Die Erntehelfer hätten ohne die Unterbringung in den Wohncontainern in umliegenden Pensionen, Hotels oder Ferienunterkünften unterkommen müssen.
4. Kurz gestreift hat der BFH mit dem Besprechungsurteil das Verhältnis von Haupt- und Nebenleistungen. Da nicht ersichtlich war, zu welcher Hauptleistung des Vermieters und Arbeitgebers die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen eine Nebenleistung sein könnte, schied dies für den BFH von vornherein aus.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.11.2022 – XI R 13/20