Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
6.1 Sachverhalt
Der Handelsvertreter H hat sich Anfang Januar 2019 ein neues Fahrzeug gekauft, das er sowohl für unternehmerische Fahrten als auch für private Fahrten verwendet. Aus der Rechnung des Händlers hat er die auf den Kaufpreis von 30.000 EUR gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer von 5.700 EUR vollständig als Vorsteuer abgezogen.
Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führt H nicht. Aus anderen (anerkannten) Unterlagen kann er aber nachweisen, dass er das Fahrzeug zu 80 % für unternehmerische Fahrten nutzt.
Neben der Abschreibung (auf 6 Jahre Nutzungsdauer) werden in 2019 Versicherungen und Steuer von 1.200 EUR sowie laufende Betriebskosten (nach Vorsteuerabzug) i. H. v. 5.000 EUR anfallen.
6.2 Fragestellung
H möchte wissen, wie hoch die Umsatzsteuer für die Eigennutzung des Fahrzeugs ist.
6.3 Lösung
Die Eigennutzung des Fahrzeugs gilt als sonstige Leistung gegen Entgelt nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, der Ort der Leistung ist nach § 3f Satz 1 UStG im Inland. Die nichtunternehmerische Nutzung ist steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und in Ermangelung einer Steuerbefreiung nach § 4 UStG auch steuerpflichtig.
Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich in diesem Fall nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG mit den bei der Ausführung der Umsätze entstandenen Ausgaben, soweit diese zum Vorsteuerabzug berechtigt hatten.
Keine Verteilung der Anschaffungskosten über den Abschreibungszeitraum
In diesen Fällen sind die Anschaffungskosten über den maßgeblichen (hier 5-jährigen) Berichtigungszeitraum zu verteilen – unabhängig von dem (6-jährigen) ertragsteuerrechtlichen Abschreibungszeitraum.
Damit belaufen sich die vorsteuerabzugsberechtigten Ausgaben pro Jahr auf:
laufende Betriebskosten |
5.000 EUR |
über 5 Jahre verteilte Anschaffungskosten |
6.000 EUR |
Gesamtkosten |
11.000 EUR |
davon nachgewiesener Privatanteil (20 %) |
2.200 EUR |
darauf 19 % Umsatzsteuer (§ 12 Abs. 1 UStG) |
418 EUR |
Alternativ ist die 1 %-Regelung auf Wunsch des Unternehmers anwendbar
Alternativ könnte H auch (als Angebot der Finanzverwaltung – nicht gegen den Willen des Unternehmers) die 1 %-Regelung in Anspruch nehmen, da diese ertragsteuerrechtlich anzuwenden wäre. Dabei würden pro Monat 1 % des Bruttolistenneupreises angesetzt (1 % von 35.700 EUR × 12 Monate = 4.284 EUR). Von diesem Wert werden als Bemessungsgrundlage 80 % angesetzt (4.284 EUR × 80 % = 3.427 EUR). Auf diesen Betrag wäre die Umsatzsteuer mit 19 % zu berechnen (hier also 547 EUR). Damit ist die 1 %-Regelung für den Unternehmer nachteilig. Die Finanzverwaltung hat ausführlich in Abschn. 15.23 UStAE zu den Möglichkeiten der Besteuerung der Privatnutzung von Fahrzeugen Stellung genommen.