Leitsatz
Bei einem Verstoß gegen die Grundsätze des § 42 AO scheidet die Anwendung eines negativen Progessionsvorbehalts trotz Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft aus.
Sachverhalt
Die Antragsteller waren an einer spanischen Personengesellschaft beteiligt, die im Inland über keine Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO verfügte. Die im Inland steuerfreien Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden für steuerliche Zwecke nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt und erklärt. Hierbei wurden Verluste in erheblicher Höhe erklärt, deren Berücksichtigung die Antragsteller im Rahmen eines negativen Progressionsvorbehalts erstrebten. Diese Verluste resultierten daraus, dass die spanische Gesellschaft Ende 2007 einen Kaufvertrag mit einer GmbH abgeschlossen hatte. Ein kleiner Teil der bestellten Waren sollte bis Ende Januar 2008 an das inländische Lager geliefert werden, der Rest bis Ende 2009. Für die gesamte Lieferung, also nicht nur für den kleinen Teil, wurde eine Anzahlung in Höhe von rund EUR 22,8 Mio. geleistet, die als Ausgabe i. S. d. § 4 Abs. 3 EStG erfasst wurde. Nach Erkenntnissen des Finanzamts erfolgte die Finanzierung der Zahlung des Gesamtkaufpreises im Wesentlichen direkt oder indirekt über die liefernde GmbH. Das Finanzamt versagte deshalb den negativen Progressionsvorbehalt und erließ einen entsprechenden Feststellungsbescheid für die inländischen Beteiligten. Der Antragsteller legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt versagte diese.
Entscheidung
Mit seiner Argumentation hatte der Antragsteller auch beim Finanzgericht keinen Erfolg. Der Antrag wurde mangels ernstlicher Zweifel zurückgewiesen. Zwar sei es unstrittig, dass die Einkünfte in Deutschland nach dem DBA Deutschland/Spanien steuerfrei seien. Dies sei aber nicht maßgeblich, da hier auf die allgemeine Bestimmung des § 42 AO abzustellen sei. Es sei offensichtlich, dass die Zahlung des gesamten Betrags von Mio. 22,8 EUR nur deshalb erfolgt sei, um Verluste in 2007 zu generieren, die sich über den Progressionsvorbehalt auch in Deutschland auswirken sollten. Dies gelte unabhängig von der Frage, ob der Gewinn der spanischen Gesellschaft zutreffend nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt worden sei. Die ungewöhnliche Vorauszahlung des gesamten Betrags sei hier allein aus steuerlichen Gründen erfolgt. Dies gelte zumal deswegen, weil die Finanzierung der Vorleistung über Darlehen seitens des Lieferanten erfolgt sei.
Hinweis
Die Entscheidung des Finanzgerichts verwundert angesichts des Sachverhalts wenig. Hier handelte es sich um eine Gestaltung, bei der es für das Finanzgericht nahelag, dass keine wirtschaftlichen oder sonstige beachtliche Gründe für diese Gestaltung vorlagen. Wenn solche Gründe nicht vorliegen, kann ein Missbrauch von rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht kommen (vgl. Schwarz, AO, § 42 AO Tz. 44). Insbesondere entspricht es kaum den wirtschaftlichen Gepflogenheiten, dass ein Unternehmen erhebliche Vorauszahlungen für Lieferungen in einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren leistet und diese Vorauszahlung auch noch vom Lieferanten mitfinanziert wird. Zumindest erscheint hier angesichts des im Beschluss dargestellten Sachverhalts fraglich, ob der Antragsteller seiner Pflicht zur Glaubhaftmachung der wesentlichen Umstände im Aussetzungsverfahren nach § 69 FGO nachgekommen ist (vgl. Seer, in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 69 FGO Tz. 123). So findet sich im dargestellten Vortrag des Antragstellers kein Hinweis darauf, warum diese Art der Gestaltung gewählt wurde.
Link zur Entscheidung
FG München, Beschluss vom 05.05.2009, 7 V 355/09