a) Problementschärfung über § 16 Abs. 3b EStG

Um das Problem der Betriebsaufgabe in rechtsverjährter Zeit zu entschärfen, hat der Gesetzgeber in 2011 für nach dem 4.11.2011 erfolgte Betriebsaufgaben mit § 16 Abs. 3b EStG folgende Regelung geschaffen:

„In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil i.S.d. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 nicht als aufgegeben, bis

  • der Steuerpflichtige die Aufgabe i.S.d. Abs. 3 S. 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärtoder
  • dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe i.S.d. Abs. 3 Satz 1 erfüllt sind.”

Fortführungsfiktion bis zur tatsächlichen Aufgabeerklärung: Konkret bedeutet dies, dass ein Betrieb – auch wenn er tatsächlich bereits aufgegeben wurde – solange als weitergestehend gilt (Fortführungsfiktion), bis der Steuerpflichtige durch eine Aufgabeerklärung tatsächlich tätig wird. Dies gilt nur dann nicht, wenn dem FA die Fakten der Betriebsaufgabe bekannt werden oder bei gehöriger Erfüllung der Ermittlungspflicht hätten bekannt sein müssen.

b) Abgewandeltes Beispiel

Im vorstehend unter 2. geschilderten Sachverhalt ist die Verpachtung zum 1.1.2012 erfolgt. Aus den Gewinnermittlungsunterlagen für die Jahre 2012-2020 war für das FA nicht erkennbar, dass es sich bei den erklärten Einkünften um Pachteinkünfte handelt, weil der Steuerpflichtige sie weiterhin als originäre gewerbliche Einkünfte behandelte und auch den Pachtvertrag dem FA vorenthielt. Somit konnte das FA auch weiterhin von originär erzielten gewerblichen Einkünften ausgehen.

Konsequenz: Bei Veräußerung des Grundstücks zum 1.5.2021 bestand also der Gewerbebetrieb weiterhin über die Fortführungsfiktion des § 16 Abs. 3b EStG, weil

  • der Steuerpflichtige bislang keine Aufgabeerklärung abgegeben hatte und
  • das FA aus den bisher eingereichten Steuererklärungen die zum 1.1.2012 erfolgte Betriebsaufgabe weder kannte noch hätte kennen müssen.

Lösung: Der Betrieb wurde also erst zum 1.5.2021 mit der erfolgten Veräußerung aufgegeben, weil er über die Fortführungsfiktion des § 16 Abs. 3b EStG weiterhin Bestand hatte. Das FA ist daher berechtigt,

  • zum 1.5.2021 einen Aufgabegewinn zu ermitteln und
  • der Besteuerung zu unterwerfen.

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