4.2.1 Betriebsverpachtung im Ganzen
Die Beendigung der Betriebsaufspaltung durch Wegfall der sachlichen oder personellen Verflechtung führt beim Besitzunternehmen nicht zu den Folgen einer Betriebsaufgabe, wenn außer den Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung auch die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung im Ganzen i. S. d. § 16 Abs. 3b EStG vorliegen. In einem solchen Fall lebt das dem Betriebsverpächter zustehende Wahlrecht, die Verpachtung seines Betriebs entweder als Betriebsaufgabe oder lediglich als Betriebsunterbrechung zu behandeln, nach Beendigung der Betriebsaufspaltung wieder auf.
Eine Betriebsaufgabe durch Aufgabeerklärung erfordert nach § 16 Abs. 3b Satz 1 Nr. 1 EStG in den Fällen der Betriebsverpachtung grundsätzlich die Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung gegenüber dem Finanzamt, sofern nicht dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe i. S. d. § 16 Abs. 3b EStG erfüllt sind. Bei Wegfall der Voraussetzungen für einen ruhenden Betrieb wird eine Zwangsbetriebsaufgabe nicht sogleich, sondern erst in dem Jahr besteuert, in dem dem Finanzamt die betreffenden Tatsachen bekannt werden.
Das alles gilt nicht nur bei echter Betriebsaufspaltung, sondern auch bei unechter qualifizierter Betriebsaufspaltung, wenn eine Betriebsverpachtung im Ganzen vorliegt.
Verpächterwahlrecht bei Wegfall der Voraussetzungen einer unechten qualifizierten Betriebsaufspaltung
A hat für seine 2008 gegründete Autohaus-GmbH im Jahr 2018 eine Autowerkstatt errichtet, die aus Gebäude, Hofbefestigung und Geschäftsausstattung besteht, und der GmbH verpachtet. Nach Auflösung der insolvent gewordenen GmbH wird der Betrieb ab 2023 an eine andere Autohaus-GmbH verpachtet, an der A nicht beteiligt ist.
A steht das Verpächterwahlrecht zu. Nicht nur bei echter, sondern auch bei unechter Betriebsaufspaltung ist latent eine Betriebsverpachtung gegeben, wenn – wie vorliegend – alle wesentlichen Grundlagen zur Nutzung überlassen sind, sog. qualifizierte Betriebsaufspaltung. Die Grundsätze über das Verpächterwahlrecht gelten nicht nur bei Beendigung einer "echten Betriebsaufspaltung", sondern auch dann, wenn eine "unechte Betriebsaufspaltung" beendet wird.
4.2.2 Beendigung des Pachtverhältnisses mit der Betriebs-GmbH
Gibt die Betriebs-GmbH ihre werbende Geschäftstätigkeit endgültig auf und endet das Pachtverhältnis zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen, kommt es zu einer sachlichen "Entflechtung", weil das überlassene Wirtschaftsgut seine Eigenschaft als wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebsunternehmens verliert. Liegen die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung im Ganzen nicht vor, kann beim Besitzunternehmen dennoch eine Betriebsunterbrechung i. e. S. (also keine gewinnrealisierende Betriebsaufgabe) vorliegen.
Das ist der Fall, wenn das vormalige Besitzunternehmen sämtliche für den Betrieb wesentlichen Grundlagen unverändert zurückbehält und keine eindeutige Aufgabeerklärung i. S. d. § 16 Abs. 3b EStG abgibt. Die Annahme eines ruhenden Gewerbebetriebs außerhalb der Betriebsverpachtung im Ganzen setzt voraus, dass sämtliche für die Fortsetzung des eingestellten Gewerbebetriebs wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten und nicht entscheidend umgestaltet werden. Es kommt dann trotz sachlicher Entflechtung nicht zu einer Zwangs-Betriebsaufgabe, weil das vormalige Besitzunternehmen die Möglichkeit hat, seine gewerbliche Tätigkeit als Besitzgesellschaft mit derselben oder mit einer anderen Betriebsgesellschaft wieder aufzunehmen oder gegebenenfalls das von der vormaligen Betriebsgesellschaft ausgeübte Gewerbe selbst aufzunehmen. Ist eine Betriebsaufgabe gewollt, muss sie ausdrücklich erklärt werden.
Die Annahme einer Betriebsunterbrechung und damit auch eines nur ruhenden Gewerbebetriebs ist hingegen ausgeschlossen, wenn der Unternehmer seine werbende Tätigkeit einstellt und keine wesentlichen Betriebsgrundlagen mehr vorhanden sind, die einem später identitätswahrend fortgeführten Betrieb dienen könnten. Es soll so vermieden werden, dem Steuerpflichtigen "ewiges Betriebsvermögen" zu belassen. Ein Ruhen des Betriebs i. S. einer Unterbrechung des Betriebs setzt voraus, dass dieser Zustand zeitlich begrenzt ist. Für die Frage, innerhalb welchen Zeitraums der Betrieb wieder aufzunehmen ist, kann keine feste zeitliche Grenze festgelegt werden. Abzustellen ist auf die Umstände des Einzelfalls.