Dipl.-Betriebsw. (FH) Manuela Spreitzer
6.1 Grundsätzliches
Rz. 23
Die Finanzbehörden entscheiden nach pflichtgemäßem Ermessen auch, auf welchen Zeitraum sich die Außenprüfung beziehen soll. Der Eingriff einer Außenprüfung ist vom Gesetz uneingeschränkt zugelassen. Eine weitere Rechtfertigung für eine Außenprüfung ist nach dem Zweck des Gesetzes grundsätzlich nicht erforderlich.
Rz. 24
In diesem Zusammenhang haben die Finanzbehörden die BpO zu beachten, denn sie enthält Vorgaben für die Ermessensausübung. Die für den zeitlichen Umfang einer Außenprüfung maßgebende Zuordnung eines Betriebs zu einer bestimmten Größenklasse ist grundsätzlich nach der von der Steuerverwaltung zur Ausübung des ihr eingeräumten Auswahlermessens getroffene Regelung in § 4 Abs. 4 BpO auf den im Zeitpunkt des Ergehens der Prüfungsanordnung maßgebenden Stichtag zu ermitteln. Die aus der Einteilung in Größenklassen folgende unterschiedliche Prüfungshäufigkeit der verschiedenen Klein-, Mittel- und Großbetriebe verstößt nicht gegen das Gleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG).
Rz. 25
Bei Großbetrieben und Unternehmen i. S. d. §§ 13, 19 BpO (Konzerne, international verbundene Unternehmen) soll nach § 4 Abs. 2 BpO der Prüfungszeitraum an den vorhergehenden Prüfungszeitraum anschließen. Eine Anschlussprüfung ist auch in den Fällen des § 18 BpO (sonstige zusammenhängende Unternehmen) möglich (§ 4 Abs. 2 Satz 2 BpO). Bei anderen Betrieben soll der Prüfungszeitraum i. d. R. nicht mehr als 3 zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 BpO).
Rz. 26
Weder nach der AO noch nach der BpO ist das Finanzamt an einen bestimmten Prüfungsturnus oder Prüfungsrhythmus gebunden. Insbesondere lässt sich nicht aus der Tatsache, dass nach § 32 Abs. 1 BpO für Kleinstbetriebe keine Betriebskartei geführt wird, ableiten, dass eine routinemäßige Überprüfung der Kleinstbetriebe nicht gewollt ist.
Rz. 27
Der durchschnittliche Prüfungsturnus ist als rechtliches Kriterium für die Zulässigkeit einer Außenprüfung nicht geeignet, weil es sich nur um eine nachträglich ermittelte statistische Durchschnittsgröße handelt und eine zeitlich vorhersehbare Außenprüfung auch dem mit der Außenprüfung verfolgten Ziel, durch ihre präventive Wirkung zur richtigen Steuererhebung beizutragen, widersprechen würde.
6.2 Erweiterung des Prüfungszeitraums und Anschlussprüfung
Rz. 28
Eine Erweiterung des regulären Prüfungszeitraums der Mittel-, Klein- und Kleinstbetriebe um weitere Jahre ist insbesondere statthaft, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit besteht (§ 4 Abs. 3 Satz 2 BpO). Besteuerungsverfahren und Steuerstraftaten stehen unabhängig und gleichrangig nebeneinander. Es kommt nicht darauf an, dass vorher oder danach mit einer Steuerfahndungsprüfung das Steuerstrafverfahren eingeleitet wird.
Rz. 29
Über die in § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO beschriebenen Fälle hinaus kommt eine Erweiterung des 3-jährigen Prüfungszeitraums in begründeten Ausnahmefällen auch dann in Betracht, wenn der zu prüfende Sachverhalt auf eine besondere Prüfungsbedürftigkeit hindeutet, die den in § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO dargestellten Beispielen entspricht.
Rz. 30
Bei einer Ausdehnung des Prüfungszeitraums wegen zu erwartender, nicht unerheblicher Steuernachforderungen bedarf es in der Begründung der Prüfungsanordnung keiner konkreten Darstellung der Ermessensabwägungen im Einzelnen.
Rz. 31
Die Ermessensabwägung im Rahmen der Erweiterung des Prüfungszeitraums einer Außenprüfung verlangt eine Prognoseentscheidung, nicht aber eine endgültige oder umfassende Aufklärung, ob Mehrsteuern tatsächlich anfallen. Die in § 4 Abs. 3 BpO vorgesehene Möglichkeit zur Erweiterung des Prüfungszeitraums ist ermessensgerecht.
Rz. 32
"Nicht unerhebliche" Änderungen der Besteuerungsgrundlagen ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Der BFH geht darauf nicht ein, sondern befasst sich stattdessen nur mit der Frage, welche Mindestbeträge an Steuern erreicht werden müssen. Zur Erweiterung der Betriebsprüfung wegen der Erwartung nicht unerheblicher Steuernachforderungen oder nicht unerheblicher Steuererstattungen aufgrund neuer Tatsachen genü...