Grenzen und Möglichkeiten der Verwertung von Prüfungsergebnissen
[Ohne Titel]
MRin Sonja Kranenberg
Müssen Betriebsprüfer und Steuerfahnder Datenschutzverstöße an die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde weiterleiten und ggf. Beweise erheben und ermitteln? Der Beitrag untersucht, ob der Berater hier unterstützend tätig werden kann/sollte und beleuchtet die Grenzen und Möglichkeiten von im steuerlichen Prüfungsbetrieb erlangten Erkenntnissen zu Datenschutzverstößen. Nur wer diesen Aspekt kennt, kann seine Mandanten zuverlässig beraten.
I. Einleitung
Unternehmen, aber auch steuerlich beratene Privatpersonen, verarbeiten ggf. eine Vielzahl personenbezogener Daten, die den Regelungen der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) unterliegen. Soweit z.B. Mitarbeiter- oder Kundendaten verarbeitet werden, Videomaterial oder Datenbanken genutzt werden, sind neben einer Rechtfertigung der Verarbeitungsvorgänge (Art. 6, 9 DS-GVO) insb. technisch-organisatorische Maßnahmen zu beachten (Art. 24, 25, 26, 32 DS-GVO), aber auch Informations-, Auskunfts- und Löschverpflichtungen (Art. 12 ff. DS-GVO). Die hier eingreifenden Regelungen sind umfangreich und führen oftmals zu (unbeabsichtigten) Fehlern.
Steht die Betriebsprüfung ins Haus, oder unerwartet die Steuerfahndung vor der Tür, werden datenschutzrechtliche Probleme nicht unbedingt die erste Sorge des Steuerpflichtigen und seines Beraters sein. Sowohl Betriebsprüfer als auch Steuerfahnder erhalten jedoch einen sehr tiefgreifenden Einblick in die Geschäftsunterlagen und den Betrieb. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob einer Weitergabe der Erkenntnisse das Steuergeheimnis entgegensteht und ob der Berater hier unterstützend tätig werden kann/sollte.
Der Beitrag beleuchtet die Grenzen und Möglichkeiten von im steuerlichen Prüfungsbetrieb erlangten Erkenntnissen zu Datenschutzverstößen. Nur wer auch diesen Aspekt kennt, kann seine Mandanten zuverlässig beraten.
II. Verwertung datenschutzrechtlicher Erkenntnisse
1. Das Steuergeheimnis im Lichte der DS-GVO – Konkurrenzverhältnis
Erlangen Behörden, bzw. öffentliche Stellen, Informationen darüber, dass mutmaßlich eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen wurde, hat der Staat zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung grundsätzlich ein Interesse daran, dass diese Informationen der zuständigen Stelle bekannt gegeben werden können. Mit einer solchen Bekanntgabe ist die Verarbeitung personenbezogener Daten (Name, Anschrift, Geburtsdatum) i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO verbunden, z.B. in der Form des Erhebens, Speicherns oder Übermittelns, welche unter einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt steht. Hierzu enthalten die DS-GVO und die Landesdatenschutzgesetze Rechtsgrundlagen (z.B. Art. 6 DS-GVO, §§ 3, 5, 7 Abs. 1 Nr. 4 LDSG RLP), mit jeweils unterschiedlichen Voraussetzungen. Weitere Regelungen gibt es im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), aber auch im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) und der Strafprozessordung (StPO).
Das in § 30 AO verankerte Steuergeheimnis nimmt eine Sonderstellung ein, da es die Weitergabe jedweder Informationen zunächst untersagt. Hintergrund dessen ist der besondere Schutzzweck des Steuergeheimnisses als Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Maetz in Klein, AO, 17. Aufl. 2023, § 30 Rz. 5 ff. m.w.N.). Das Steuergeheimnis bildet einen Ausgleich zu den umfangreichen Offenbarungspflichten des Steuerrechts (Merkt in BeckOK, OWIG, 42. Aufl. 24, § 30 AO Rz. 1). Gleichzeitig soll die Amtsverschwiegenheit die Auskunftsbereitschaft der Steuerpflichtigen fördern, um so eine gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen (BVerfG v. 17.7.1984 – 2 BvE 11/83 u. 15/83). Da zur Durchführung der Besteuerung ggf. auch strafbare Handlungen offenbart werden müssen, soll dies nicht automatisch zu einer Umgehung des Rechts auf Selbstbelastungsfreiheit führen.
Aus diesem Grund ist § 30 AO eine bereichsspezifische Datenschutznorm. Der Schutzzweck wird durch entsprechende Bezugnahmen als Begrenzung datenschutzrechtlicher Übermittlungsbefugnisse verwirklicht (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 30 AO Rz. 4, 5 [Jan. 2024]). So sind im Anwendungsbereich der Abgabenordnung Landesgesetze und das BDSG nur nach ausdrücklicher Bestimmung anwendbar (§ 2a Abs. 1 S. 2, Abs. 4 AO, § 1 Abs. 2 S. 3 BDSG). Auch ist, soweit eine Abwägung von Interessen für die Frage der Übermittlung relevant ist, das im Steuergeheimnis verankerte Schutzinteresse besonders zu berücksichtigen.
2. Einordnung der Prüfungssituation
Stoßen Betriebsprüfung oder Steuerfahndung auf Unterlagen, die einen Datenschutzverstoß begründen, stellt sich die Frage, ob Informationen hierzu an die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde weitergeleitet werden müssen oder dürfen, ob Beweismittel erhoben werden können und ob ggf. eigene Ermittlungen erfolgen dürfen. Die Tätigkeiten der Betriebsprüfung und der Steuerfahndung sind dabei getrennt zu betrachten, da bei möglichen Rechtsgrundlagen zur Übermittlung zwischen Verwaltungsverfahren und Strafverfahren zu differenzieren ist.
Zur besseren Verständlichkeit, welc...