Leitsatz
1. Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Annahme einer Betriebsstätte gemäß § 12 Satz 1 der Abgabenordnung eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat. Es geht darum, dass die eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt wird ("Verwurzelung" des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit).
2. Diesen Anforderungen, die auch für den abkommensrechtlichen Begriff der Betriebsstätte/festen Einrichtung (hier: DBA-Großbritannien 1964/1970 und 2010) prägend sind, wird entsprochen, wenn dem Dienstleistenden (hier: Flugzeugmechaniker/-ingenieur) im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung (hier: Wartungsarbeiten an Flugzeugen) personenbeschränkte Nutzungsstrukturen an ortsbezogenen Geschäftseinrichtungen (hier: Spind und Schließfach in Gemeinschaftsräumen auf dem Flughafengelände) zur Verfügung gestellt werden.
Normenkette
§ 12 Satz 1 AO, Art. II Abs. 1 Buchst. l, Art. XI Abs. 1 Satz 1 DBA-Großbritannien 1964/1970, Art. 5 DBA-Großbritannien 2010
Sachverhalt
Der Kläger, der in den Streitjahren sowohl einen inländischen Wohnsitz als auch einen Wohnsitz in Großbritannien (und einen dortigen Mittelpunkt der Lebensinteressen) hatte, ist Flugzeugmechaniker beziehungsweise (im Verlauf der Streitjahre auf der Grundlage weiterer Qualifikationsstufen) Flugzeugingenieur und Inhaber von Lizenzen zur Wartung von Flugzeugen verschiedener Typen. Zugleich ist er alleiniger Gesellschafter und (ohne schriftlichen Arbeitsvertrag) Director der am …2006 gegründeten X-Ltd. mit (Satzungs‐)Sitz in Großbritannien – die Beigeladene; in dem Gebäude sind über das dort ebenfalls ansässige Steuerbüro … mehr als 130 Firmen registriert. Die X-Ltd. verfügt über keine eigene Website und Telefonnummer. Die in Großbritannien erstellten Bilanzen der X-Ltd. weisen im Jahr 2011 Gehaltszahlungen an den Kläger in seiner Funktion als Director aus.
Die in Großbritannien ansässige … Ltd. (später … Ltd.) – Y-Ltd. – hatte mit der A-GmbH, einem inländischen Betreiber und Charterer von Flugzeugen, am …2008 sog. Line Maintenance Agreements mit dem Gegenstand abgeschlossen, lizenziertes Flugzeugwartungspersonal (und deren Werkzeug) zu überlassen. Der Kläger und die Y-Ltd. vereinbarten am …2008 auf standardisierter Vertragsgrundlage einen "Freelancer Contract" ("… between [Y-Ltd.] and [Kläger (in Fettdruck) und Name der X-Ltd.]"), worin der "Freelancer" verpflichtet wurde, flugzeugbezogene Wartungsleistungen als Subunternehmer des Auftraggebers zu erbringen. Der Vertrag wurde vom Kläger mit seinem Namen (ohne Zusatz, als Organ der X-Ltd. zu handeln) unterzeichnet.
Der Kläger übte seine Tätigkeit auf dem Flughafengelände der A-GmbH aus. Für die im Auftrag der Y-Ltd. tätigen Ingenieure und Mechaniker waren auf diesem Gelände (in durch die Y-Ltd. von der A-GmbH angemieteten Räumen) Umkleide‐, Verwaltungs- und Gemeinschaftsflächen vorhanden. Die Mitarbeiter hatten unter anderem einen verschließbaren Spind, um ihre Kleidung aufzubewahren (auf der Spindtür war ein Schild mit dem jeweiligen Namen des Mitarbeiters und der Y-Ltd. angebracht). Die Dokumentation der am Flugzeug durchgeführten Arbeiten (mit Unterschrift und Stempel) erfolgte im sog. Log-Buch des Flugzeugs in einem mit Computern ausgestatteten Raum der Y-Ltd. neben dem Hangar. In diesem Raum hatte jeder Mitarbeiter ein mit seinem Namen und dem Namen der Y-Ltd. beschriftetes Schließfach, in dem er persönliche Gegenstände wie Handy, Schlüssel, Geld etc. aufbewahren konnte. Am Eingang des Gebäudes mussten sich die Mitarbeiter einer Sicherheitskontrolle unterziehen, anschließend konnten sie sich in dem Gebäude frei bewegen. Der Kläger war Inhaber eines Sicherheitsausweises für den Flughafen. Der Zutritt war unabhängig von der schichtplanorganisierten Einteilung zum Dienst technisch möglich. Die für die Y-Ltd. tätigen Mitarbeiter buchten sich bei Arbeitsbeginn und ‐ende im Zeiterfassungssystem der A-GmbH ein und aus. Die Y-Ltd. erstellte ihre Rechnungen an die A-GmbH anhand der Arbeitszeiten, die ihr von der A-GmbH mitgeteilt worden waren.
Am 20.10.2008 beantragte der damalige steuerliche Berater des Klägers für diesen die Erteilung einer Steuernummer. Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung wegen Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit erklärte der Kläger, dass er ab dem 1.4.2008 eine selbstständige Tätigkeit als Flugzeugingenieur ausübe und mit Einkünften i.H.v. … EUR rechne. Als Wohnanschrift gab der Kläger die …straße… in Z (Inland) an. Mit Schriftsatz vom 11.1.2011 erklärte der damalige Steuerberater gegenüber dem FA Z, dass der Kläger bis dato in Deutschland keine Leistungen erbracht und sich lediglich zeitweise in Deutschland aufgehalten habe. Er sei als Ingenieur zur Wartung von Flugzeugen eingesetzt. Fälschlicherweise seien ihm in den Vora...