Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Zusammenfassung
Der Gesetzgeber definiert den Begriff der "Betriebsstätte" grundsätzlich steuerübergreifend in § 12 AO. § 12 AO definiert den Begriff der Betriebsstätte zwar allgemein und durch beispielhafte Aufzählung, er soll jedoch grundsätzlich für alle Steuerarten gelten. Gleichwohl muss der im jeweiligen Einzelsteuergesetz genannte Betriebsstättenbegriff immer in dem jeweiligen Kontext gesehen werden, in dem die Vorschrift steht.
So hat z. B. der BFH zur Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs bei Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte den Begriff der dort genannten "Betriebsstätte" weiter als in § 12 Satz 1 AO i. S. einer Beschäftigungsstätte ausgelegt.
Auch kann der Betriebsstättenbegriff in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) von der Begriffsdefinition des § 12 AO abweichen, weil sich die meisten DBA an Art. 5 des OECD-Musterabkommens anlehnen, wo der Betriebsstättenbegriff teilweise anders definiert ist als der Betriebsstättenbegriff in § 12 AO.
Eine erhebliche Bedeutung für den Begriff der "Betriebsstätte" ergibt sich insbesondere bei
Der Begriff der Betriebsstätte ist ferner von Bedeutung bei der Investitionszulage (§ 2 Abs. 1 Nr. 2a InvZulG), der Forschungszulage, der Umsatzsteuer, dem Außensteuerrecht sowie in zahlreichen Doppelbesteuerungsabkommen.
1 Allgemeines Steuerrecht
1.1 Feste Einrichtungen und Anlagen
§ 12 AO definiert den Begriff der Betriebsstätte (Satz 1) und bringt darüber hinaus eine beispielhafte Aufzählung von Einrichtungen oder Anlagen, die "insbesondere" als Betriebsstätten anzusehen sind (Satz 2).
Betriebsstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient.
Geschäftseinrichtung ist jeder körperliche Gegenstand und jede Zusammenfassung körperlicher Gegenstände, die geeignet sind, der Tätigkeit des Unternehmens zu dienen.
Eine Betriebsstätte i. S. d. § 12 Satz 1 AO erfordert eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Räumlichkeiten eigene Betriebsstätten i. S. d. § 12 Satz 1 AO sein, wenn es sich hierbei um solche einer zwischengeschalteten Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft handelt und hieran kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht besteht. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die fehlende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage des Dritten durch eine eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort ersetzt wird (z. B. Identität der Leitungsorgane, ständige nachhaltige Überwachung in den Räumlichkeiten des Auftragsnehmers).
Ohne eine gewisse räumliche und zeitliche "Verwurzelung" des Unternehmens vor Ort fehlt es an dem für die Betriebsstättenbegründung erforderlichen Dienen der Geschäftseinrichtung oder Anlage für eigene unternehmerische Zwecke i. S. des § 12 Satz 1 AO. Allein die Übertragung auch umfassender Aufgaben ohne gleichzeitige eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort macht die Betriebsstätte des Auftragnehmers nicht zur Betriebsstätte des Auftraggebers.
Der Betriebsstättenbegriff hat die Funktion, unternehmerische Tätigkeiten und Betriebsvermögen örtlich zuzuordnen, damit die Besteuerungstatbestände und das Besteuerungsverfahren an diese Zuordnung anknüpfen können. Besondere bauliche Vorrichtungen sind nicht erforderlich, d. h. auch ein einfacher Lagerplatz, Plakatsäulen, Spielautomaten, Abstellkammern für Betriebsgegenstände oder auch einzelne Räume der Wohnung, z. B. bei einem von zu Hause aus tätigen Handelsvertreter, können Betriebsstätten sein. Bei Betriebsstätten ohne maßgebliche Personalfunktion (z. B. Wind- oder Solarkraftanlagen) ist eine nutzungsbezogene Zuordnung von materiellen Wirtschaftsgütern nicht ausgeschlossen. Dagegen begründet die gewerbliche Vermietung einer im Ausland belegenen Immobilie dort keine Betriebsstätte des Steuerpflichtigen, es sei denn, der Steuerpflichtige übt an oder in dem vermieteten Objekt eine eigene gewerbliche Tätigkeit mit einer gewissen Nachhaltigkeit aus.
Die Betriebsstätte muss nicht zwingend zum Betriebsvermögen gehören. Einrichtungen zur Messung von Lärmemissionen stellen eine Betriebsstätte eines Verkehrsflughafens dar, ebenso Glei...