Beim Kauf oder Verkauf eines Unternehmens ist der Steuerberater oft einer der ersten Ansprechpartner für den Mandanten. Häufig wird der Steuerberater dabei aufgefordert, nicht nur die steuerlichen Auswirkungen des Kaufs bzw. Verkaufs darzustellen, sondern auch die Frage nach der Höhe des angemessenen Kaufpreises zu beantworten.
Für eine Unternehmensbewertung sind vertiefte Kenntnisse der wichtigsten Bewertungsverfahren erforderlich. In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird eine Vielzahl unterschiedlicher Bewertungsmethoden angeboten. Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat sich im IDW-Standard 1 "Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen" für das Ertragswertverfahren und für die Discounted-Cash-Flow-Methode entschieden. Bei der Bewertung von Klein- und Mittelbetrieben ist außerdem die gemeinsame Stellungnahme der BStBK und des IDW zu den "Besonderheiten bei der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts kleiner und mittelgroßer Unternehmen" zu beachten. Für Klein- und Mittelbetriebe wird in dieser gemeinsamen Stellungnahme vorrangig das Ertragswertverfahren empfohlen. Einige Berufsorganisationen haben außerdem branchenbezogene Stellungnahmen zur Unternehmensbewertung herausgegeben (z. B. Bundesärztekammer, Bundesrechtsanwaltskammer, Bundessteuerberaterkammer, Zentralverband des deutschen Handwerks, Industrie- und Handelskammern). Für die Unternehmensbewertung gibt es daher kein allgemeines oder branchenunabhängiges Verfahren.
2.4.1 Ertragswertverfahren
Bei Anwendung des Ertragswertverfahrens ergibt sich der Unternehmenswert aus dem Barwert der zukünftig erzielbaren Überschüsse des Unternehmens. Die zukünftigen Überschüsse werden nach einer Analyse der bisher erzielten Gewinne durch eine Planungsrechnung ermittelt und mit einem risikoabhängigen Zinssatz auf den Kaufzeitpunkt abgezinst. Die Überschüsse der ersten 3 – 5 Jahre werden dabei möglichst detailliert geplant (sog. Detailplanungphase). Für die folgenden Jahre (sog. Rentenphase) kann je nach Unternehmenssituation entweder ein konstanter Überschuss oder ein sich mit bestimmten Prozentsätzen verändernder Überschuss angesetzt werden (sog. Phasenmethode). Der auf diese Überschüsse anzuwendende Kapitalisierungszins ergibt sich aus einem risikofreien Basiszins und einem Risikozuschlag (sog. CAPM = Capital Asset Pricing Model). Als Basiszins wird der Zinssatz für festverzinsliche Staatsanleihen herangezogen. Der Risikozuschlag ergibt sich, indem die allgemeine Marktrisikoprämie mit einem unternehmensindividuellen Risikofaktor (Betafaktor) multipliziert wird. Für die Höhe der Marktrisikoprämie liegen aktuelle Empfehlungen des IDW vor. Der darauf anzuwendende Betafaktor ist von der Höhe des individuellen Unternehmensrisikos abhängig und daher individuell zu ermitteln. Ein Betafaktor von 1 bedeutet ein durchschnittliches Unternehmensrisiko, ein Betafaktor unter 1 ein unterdurchschnittliches Risiko und ein Betafaktor über 1 ein überdurchschnittliches Risiko des zu bewertenden Unternehmens.
Detailinformationen
Einzelheiten zur Planung der zukünftigen Überschüsse und zur Ermittlung des angemessenen Zinssatzes ergeben sich aus den o. g. Stellungnahmen des IDW und der BStBK.
Beispiel: Ertragswertverfahren (vereinfachte Darstellung)
Ermittlung der zukünftigen Überschüsse (Phasenmethode)
Jahr |
01 |
02 |
03 |
04 ff. |
Überschüsse lt. Planungsrechnung |
150.000 EUR |
160.000 EUR |
170.000 EUR |
180.000 EUR |
Ermittlung des Kapitalisierungszinses (CAPM)
|
Basiszins (Verzinsung von Staatsanleihen) |
1,0 % |
+ |
Risikozuschlag (Marktrisikoprämie (z. B. 6 %) x Betafaktor (z. B. 1,2) |
7,2 % |
= |
Kapitalisierungszins |
8,2 % |
Ermittlung des Unternehmenswerts
Barwert der zukünftigen Überschüsse (Jahre 01 – 04 ff.) |
|
(138.632 EUR+ 136.667 EUR + 134.204 EUR+ 1.601.583 EUR) |
rd. 2.000.000 EUR |
Mitarbeit des bisherigen Inhabers
Bei Klein- und Mittelbetrieben, deren Ertragskraft stark von der Mitarbeit des bisherigen Inhabers abhängig ist, sind die zukünftigen Überschüsse um diejenigen Beträge zu kürzen, die nach dem Ausscheiden des bisherigen Inhabers nicht mehr erzielbar sind. Ein zeitlich unbegrenztes Fortschreiben der bisherigen Überschüsse ist nur dann angebracht, wenn die Überschüsse unabhängig vom bisherigen Inhaber weiterhin anfallen (z. B. weil das Unternehmen von einem Fremdgeschäftsführer geleitet wird).
2.4.2 Discounted-Cash-Flow-Verfahren
Bei den Discounted-Cash-Flow-Vefahren (DCF-Verfahren) werden statt zukünftiger Gewinne die zukünftig erwarteten Cash Flows diskontiert, weil aus Sicht eines potenziellen Unternehmenskäufers insbesondere die tatsächlich ausschüttungsfähigen Zahlungsüberschüsse bedeutsam sind und nicht nur die Gewinne aus einer Aufwands- und Ertragsrechnung, die evtl. gar nicht ausschüttungsfähig sind. Nur Beträge, die den Käufern tatsächlich zur Verfügung stehen, gehören bei diesen Methoden zum bewertungsrelevanten "Überschuss". Die DCF-Methode wird vor allem bei größeren Unternehmen angewandt, die eine detaillierte Planungsrechnung betreiben. Für die Bewertung von kleinen und mittelgroßen Unternehmen kommt die ...