Leitsatz
Für die Kosten der Aufbewahrung aufbewahrungspflichtiger Unterlagen ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden; die Dauer der Aufbewahrungsverpflichtung beträgt maximal 11 Jahre. Will der Kläger einen für ihn günstigen Umstand erreichen, trägt er hierfür die Feststellungslast. Lässt ein Bevollmächtigter die Daten des Klägers bei der DATEV sichern, ohne ihm dies in Rechnung zu stellen, kann der Kläger keinesfalls jährliche Datensicherungskosten von 150 EUR als Rückstellung passivieren. Kosten für die Wiederlesbarmachung der Daten sind keine Aufbewahrungskosten und daher nicht rückstellungsfähig.
Sachverhalt
Der Kläger ist Handelsvertreter. Für das Streitjahr ergab sich ein Gewinn von 33.000 EUR, wobei der Kläger eine Rückstellung für aufbewahrungspflichtige Unterlagen in Höhe von über 18.000 EUR (!) berücksichtigt hatte. Im Rahmen einer Außenprüfung wurde herausgefunden, dass die jährlichen aufbewahrungspflichtigen Unterlagen in 2 Leitz-Ordnern abgeheftet werden konnten. Infolgedessen wurde eine Rückstellung von 254,80 EUR ermittelt. Dagegen wurde Klage erhoben, in deren Verlauf die Rückstellung noch auf 23.500 EUR erhöht wurde, da noch jährliche Kosten für die Datenarchivierung in Höhe von geschätzt 150 EUR je Jahrgang berücksichtigt werden müssten. Das Finanzamt hat die Rückstellung hierfür aber nur in Höhe von 334,56 EUR anerkannt.
Entscheidung
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat bei der Berechnung der Rückstellung für die Aufbewahrung für Unterlagen mit einer 10-jährigen Aufbewahrungsdauer eine Fläche von 1,5 qm je Jahrgang und für Unterlagen mit einer 6-jährigen Aufbewahrungsdauer eine Fläche von 1 qm je Jahrgang berücksichtigt und hat einen Flächenbedarf von 21 qm errechnet. Das Lager hat jedoch nur eine Fläche von knapp 11 qm und wird zudem unstreitig auch für andere Zwecke genutzt. Der Kläger macht zudem Kosten von mehr als 2 Leitz-Ordnern je Jahrgang geltend. Da dieser Umfang einen für ihn günstigen Umstand darstellt, trägt er hierfür die Feststellungslast; er ist aber in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen. 2 Leitz-Ordner benötigen somit insgesamt einen Platz von 2,5 Regalmetern. Ausreichend ist daher 1 Regal mit einer Breite von 0,8 m und einer Tiefe von 0,4 m. Aus Vereinfachungsgründen geht der Senat von einer benötigten Fläche von 1 qm aus. Die monatlichen Mietkosten belaufen sich auf 4,08 EUR/qm, so dass eine Rückstellung in Höhe von 538,56 EUR (1 qm × 4,08 EUR/qm × 12 Monate × 11 Jahre) gebildet werden kann. Bzgl. der Datenarchivierung schätzt der Senat den für die kommenden 11 Jahre auf die Datensicherung entfallenden Anteil auf insgesamt 50 EUR. Kosten für die Wiederlesbarmachung der Daten sind keine Kosten der Aufbewahrung und daher nicht rückstellungsfähig. Es ergibt sich somit eine Rückstellung von insgesamt 538,56 EUR Lagerkosten + 50 EUR Datensicherung = 588,56 EUR.
Hinweis
Es ist verwunderlich, dass dieser Fall vom Finanzgericht geklärt werden muss, da der Steuerpflichtige offensichtlich im Unrecht ist. Dass die vom Kläger vertretene Lösung nicht richtig sein kann, gebietet bereits der gesunde Menschenverstand. Zudem ist es klar, dass bei einem Gewinn von 33.000 EUR eine Rückstellung von 18.000 EUR für Datenaufbewahrung nicht nur offenkundig fehlerhaft ist, sondern auch das Finanzamt zu einer Außenprüfung auffordert. Das Interesse an diesem Sachverhalt für die Praxis ist aber sicherlich die Berechnung der Rückstellung für die Aufbewahrung durch das Finanzgericht.
Link zur Entscheidung
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.02.2011, 2 K 594/07