Dr. Manuel Schütt, Dr. Adrian Löser
Bei Stellenanzeigen und Stellenausschreibungen sind nach §§ 11, 7 AGG die Diskriminierungsverbote des § 1 AGG zu beachten. Verboten ist die Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Sowohl bei internen Ausschreibungen als auch bei externen Stellenanzeigen ist darauf zu achten, dass keine Formulierungen gewählt werden, die in einem Zusammenhang mit den vorbezeichneten Diskriminierungsmerkmalen stehen. Besonders praxisrelevant dürften hierbei die Diskriminierungsmerkmale Alter, Geschlecht, Behinderung und Herkunft sein.
Stellenanzeige für Vertriebsmitarbeiter
"Vertriebsmitarbeiter gesucht – Wir suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine Verkaufskraft zur Unterstützung unseres jungen Vertriebsteams. Sie sind idealerweise zwischen 25 und 35 Jahre alt und verfügen über eine kaufmännische Ausbildung sowie Verkaufserfahrung im Außendienst. Sie beherrschen die deutsche Sprache perfekt in Wort und Schrift, Ihr Auftreten ist sicher, gewandt und vertrauenerweckend. Sie sind in jeder Hinsicht belastbar und flexibel. Ihre Bewerbung mit Lichtbild und Gehaltsvorstellung schicken Sie bitte an […]."
Es bewirbt sich eine Frau, 37 Jahre alt, mit einem Grad der Behinderung von 30, mit kaufmännischer Ausbildung und Verkaufserfahrung im Außendienst, deren Muttersprache nicht deutsch ist. Trotz guter Zeugnisse vorheriger Arbeitgeber erhält sie ohne Einladung zu einem Bewerbungsgespräch eine Absage.
Die Bewerberin kann geltend machen, die Bewerberauswahl verstoße gegen § 7 Abs. 1 AGG, da sie wegen ihres Alters (25–35 Jahre), ihrer Herkunft (perfektes Deutsch, Lichtbild, vertrauenerweckendes Auftreten) und wegen ihrer Behinderung (belastbar und flexibel) benachteiligt wurde.
Zusammenfassend verbietet sich bei der textlichen Ausgestaltung einer Stellenanzeige oder -ausschreibung ein Ausschluss bestimmter Bewerber. Das AGG bezweckt, dass schon bei der Anbahnung und Begründung des Arbeitsverhältnisses eine Benachteiligung bestimmter Bewerbergruppen unterbleibt. Der mit einer bestimmten Formulierung tatsächlich erreichbare Vorteil sollte im Einzelfall gut überlegt und gegen etwaig entstehende Risiken abgewogen werden. Vor diesem Hintergrund sind alle Formulierungen zu prüfen.
Das AGG kann nicht verhindern, dass ein Arbeitgeber, der sich eine "bestimmte Art" von Mitarbeiter – im gewählten Beispiel – für den Vertrieb wünscht, dieses Ziel stillschweigend verfolgt, ohne in seiner Stellenanzeige eine solche diskriminierende Formulierung zu verwenden. Dennoch sind auch im weiteren Bewerbungsverfahren, insbesondere bei der Auswahlentscheidung, sämtliche ungerechtfertigte Diskriminierungen unzulässig.
Benachteiligung aufgrund beruflicher Anforderungen nicht empfohlen
Ausnahmsweise kann eine Benachteiligung aufgrund beruflicher Anforderungen und weiterer Rechtfertigungsgründe erlaubt sein. Insbesondere wegen der für Arbeitgeber nachteiligen Beweislastverteilung in § 22 AGG und des damit verbundenen erhöhten Risikos, ist für die Formulierung von Stellenanzeigen bzw. -ausschreibungen dringend davon abzuraten, dort solche – nur ausnahmsweise erlaubte – Anforderungen aufzunehmen.
Aufgaben und Qualifikationsanforderungen nennen
Das Schwergewicht bei Stellenanzeigen und -ausschreibungen sollte in der Beschreibung der Aufgaben und der fachlichen Qualifikationsanforderungen und nicht in der Auflistung von Bewerbermerkmalen liegen. Dies gilt insbesondere für Bewerbermerkmale, mit denen solche nach § 1 AGG sichtbar gemacht werden können.
Detaillierte/malerische Stellenanzeigen
Zu warnen ist – unabhängig von den Kriterien des AGG – auch vor sehr detaillierten oder marktschreierischen Stellenanzeigen oder -ausschreibungen. Abgesehen davon, dass sie einen Wettbewerbsverstoß gegenüber Marktmitbewerbern darstellen können, schaffen sie im Verhältnis zum Bewerber einen Vertrauenstatbestand, auf den er sich nach Abschluss des Arbeitsvertrags berufen kann. Dies gilt z. B., wenn besonders attraktive Nebenbedingungen wie hohe Auslösungen ("Sign-on-Boni") in Aussicht gestellt werden, aber auch bei den Gehaltsangaben.
Macht ein Arbeitgeber in Stellenanzeigen unzutreffende Angaben über die Höhe eines zu erzielenden Mindesteinkommens und weist er im Vorstellungsgespräch den Arbeitnehmer nicht darauf hin, dass das angegebene, nur durch Provisionen erzielbare Mindesteinkommen lediglich von wenigen Mitarbeitern tatsächlich erreicht wird, so verstößt er gegen die ihm gegenüber dem Bewerber obliegende Aufklärungspflicht. Er ist somit zum Schadensersatz verpflichtet, der in der Differenz zwischen dem in der Stellenanzeige angegebenen und dem tatsächlichen Einkommen liegt.