Leitsatz
1. Die Einlage eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft ist mit den Anschaffungskosten zu bewerten, wenn der Steuerpflichtige an der Gesellschaft im Zeitpunkt der Einlage wesentlich i.S. von § 17 EStG beteiligt ist (Bestätigung des BFH-Urteils vom 05.06.2008 – IV R 73/05, BFHE 222, 277, BStBl II 2008, 965).
2. Bei der Bewertung ist auch der Wertzuwachs zu erfassen, der sich im Privatvermögen zu einer Zeit gebildet hat, als der Anteilsinhaber noch nicht wesentlich beteiligt war.
3. Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft aus dem steuerlichen Einlagekonto sind bei dem gewerblich tätigen Gesellschafter im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs erfolgswirksam zu erfassen, soweit sie die Anschaffungskosten der Beteiligung übersteigen.
Normenkette
§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 2 Buchst. b, § 17 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, § 27 KStG
Sachverhalt
A war an der Klägerin, einer GmbH & Co. KG, als Kommanditist beteiligt. Im Dezember 2004 trat er seine seit 1998 i.S.d. § 17 EStG wesentliche Beteiligung an der B-GmbH an die Klägerin ab. Die Einbringung erfolgte zum Buchwert ohne Gewährung weiterer Gesellschaftsrechte an der Klägerin. A hatte den Anteil an der B-GmbH im Wege mehrerer Teilerwerbe erworben und sowohl in den Jahren, als er an der B-GmbH noch nicht wesentlich beteiligt war, als auch in den Streitjahren (2005 und 2007) Ausschüttungen aus dem EK 04 bzw. dem steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG erhalten.
Das FA kam zu dem Ergebnis, dass die in den Streitjahren erfolgten Ausschüttungen die Anschaffungskosten überstiegen, und berücksichtigte in diesem Umfang außerordentliche Erträge. Der Kläger machte geltend, in die Bewertung der Einlage dürften keine bereits zuvor realisierten Bestandteile einbezogen werden. Durch das JStG 1997 sei § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG dahin geändert worden, dass Ausschüttungen aus dem EK 04 ab dem Jahr 1997 zu einem Realisationstatbestand i.S.d. § 17 EStG führen. Zwar beziehe sich § 17 EStG nur auf wesentlich beteiligte Anteilseigner. Nachdem nach der Rechtsprechung in die Bewertung auch Wertsteigerungen einbezogen würden, die sich während eines Zeitraums gebildet haben, in dem noch keine wesentliche Beteiligung vorlag, müssten nun auch Realisationstatbestände dieses Zeitraums zugunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, Veräußerungstatbestände, die zu einem Zeitpunkt angefallen seien, zu dem der Anteilseigner nicht wesentlich i.S.d. § 17 EStG beteiligt gewesen sei, von der Besteuerung auszunehmen.
Das FG (Thüringer FG, Urteil vom 21.6.2017, 4 K 608/14, Haufe-Index 12126299, EFG 2018, 2013) wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin aus den sich aus den Praxis-Hinweisen ergebenden Gründen zurück.
Hinweis
1. Die Einlage eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft ist mit den Anschaffungskosten zu bewerten, wenn der Steuerpflichtige an der Gesellschaft im Zeitpunkt der Einlage wesentlich i.S.v. § 17 EStG beteiligt ist. Das gilt auch dann, wenn der Teilwert im Zeitpunkt der Einlage unterhalb der Anschaffungskosten liegt. Denn § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 2 Buchst. b EStG will auch nach einer Einlage die ertragsteuerrechtliche Verstrickung von Wertsteigerungen erhalten, die in der Zeit der Zugehörigkeit der Beteiligung zu dem nach § 17 EStG steuerverstrickten Privatvermögen entstanden sind. Vor diesem Hintergrund ist es folgerichtig, auch im Fall einer Einlage einer "wertgeminderten" Beteiligung eine Bewertung mit den (höheren) Anschaffungskosten vorzunehmen, um die im steuerverstrickten Privatvermögen eingetretenen, aber noch nicht realisierten Wertminderungen für den Fall ihrer Realisierung im Betriebsvermögen zu erhalten.
2. Bei der Bewertung ist auch der Wertzuwachs zu erfassen, der sich im Privatvermögen zu einer Zeit gebildet hat, als der Anteilsinhaber noch nicht wesentlich beteiligt war. Denn § 17 EStG, dessen Zielsetzung § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 2 Buchst. b EStG bei der Bewertung der Einlage berücksichtigen will, erfasst grundsätzlich den gesamten Wertzuwachs zwischen Anschaffung und Veräußerung. Dazu gehört auch der Wertzuwachs, der sich im Privatvermögen zu einer Zeit gebildet hat, als der Anteilsinhaber noch nicht wesentlich beteiligt war.
3. Abweichendes ergibt sich nicht aus dem Beschluss des BVerfG zur rückwirkenden Absenkung der Beteiligungsgrenze in § 17 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 (BVerfG, Beschluss vom 7.7.2010, 2 BvR 748/05, BFH/NV 2010, 1976). Denn das BVerfG hat dort unter Rz. 55 ausgeführt, dass der Wertzuwachs insofern "latent steuerverhaftet" geblieben sei, als nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Steuerpflichtige, sei es mit oder ohne sein Zutun, "in die Wesentlichkeit hineinwächst", was – unabhängig von der rückwirkend angeordneten Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze – zur Besteuerung des gesamten Wertzuwachses geführt hätte. Aus diesen Ausführungen des BVerfG ergibt sich, dass der bloße Umst...