(1) 1Befinden sich auf einem Grundstück Gebäude oder Gebäudeteile von einer gewissen Selbständigkeit, die eine verschiedene Bauart oder Bauausführung aufweisen oder die in verschiedenen Jahren bezugsfertig geworden sind, so sind für jedes Gebäude oder jeden Gebäudeteil die nach der Bauart und Bauausführung und nach dem Baujahr maßgebenden Vervielfältiger anzuwenden. 2Die Summe der sich so ergebenden Beträge ist der Grundstückswert. 3Von einer verschiedenen Bewertung der Gebäudeteile kann jedoch abgesehen werden, wenn ein Teil im Verhältnis zum ganzen Gebäude geringfügig ist.
Beispiel A:
Für ein Mietwohngrundstück in einer Gemeinde mit 60 000 Einwohnern beträgt die Jahresrohmiete 6000 DM. Von dieser Jahresrohmiete entfallen 4000 DM auf das Vorderhaus, das im Jahre 1910 als Holzfachwerkbau mit Ziegelsteinausmauerung errichtet worden ist und 2000 DM auf das im Jahre 1990 als Massivbau bezugsfertig gewordene Hinterhaus. Die Ermittlung des Grundstückswerts ist wie folgt durchzuführen:
Vorderhaus |
4000 x 5,5 |
= 22 000 DM |
Hinterhaus |
2000 x 6,5 |
= 13 000 DM |
Grundstückswert |
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= 35 000 DM |
(2) 1Anbauten teilen im allgemeinen auf Grund ihrer Bauart oder Nutzung das Schicksal des Hauptgebäudes, als Vervielfältiger ist der für das Hauptgebäude maßgebende Vervielfältiger anzuwenden. 2Ist dagegen anzunehmen, daß ein Erweiterungsbau nach Größe, Bauart oder Nutzung eine andere Lebensdauer als das Hauptgebäude haben wird, so ist der auf ihn entfallende Anteil der Jahresrohmiete mit dem seiner Bauart und Bauausführung und seinem Baujahr entsprechenden Vervielfältiger zu multiplizieren. 3Für Aufstockungen ist im allgemeinen das Baujahr der unteren Geschosse zugrunde zu legen. 4Es ist jedoch zu prüfen, ob durch die baulichen Maßnahmen die restliche Lebensdauer des Gebäudes verlängert worden ist.
(3) 1Die Anwendung eines Vervielfältigers nach einem durchschnittlichen Baujahr nach § 80 Abs. 4 Satz 2 BewG kommt in Betracht, wenn sich die Mieten von Gebäudeteilen verschiedener Bauart und Bauausführung nicht oder nur schwer abgrenzen lassen und deshalb anteilige Werte der Gebäudeteile nur schwer ermittelt werden können. 2Dann wird vor allem der Umfang und ggf. auch die unterschiedliche Beschaffenheit der in verschiedenen Jahren bezugsfertig gewordenen Gebäudeteile zu berücksichtigen sein.
Beispiel B:
Von einem im Jahre 1910 als Massivbau errichteten Geschäftsgebäude mit Ladengeschäften, Lagerräumen und einer Gastwirtschaft in einer Gemeinde von 60 000 Einwohnern ist der rechte Gebäudeflügel durch Brand zerstört und im Jahre 1956 wiederaufgebaut worden. Die nach dem Wiederaufbau zu zahlenden Mieten lassen sich nicht aufteilen. Beträgt der nicht zerstörte Teil etwa 2/3 und der wiederaufgebaute Teil etwa 1/3 des ganzen Gebäudes, so kommt als durchschnittliches Baujahr in Betracht:
Nicht zerstörter Teil, errichtet 1910, somit bisherige Lebensdauer bis zum Hauptfeststellungszeitpunkt |
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54 Jahre |
wiederaufgebauter Teil, errichtet 1956, somit bisherige Lebensdauer bis zum Hauptfeststellungszeitpunkt |
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8 Jahre |
(Das Jahr, in dem das Gebäude bezugsfertig geworden ist, rechnet als volles Jahr.) |
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54 x 2/3 |
= 36 |
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8 x 1/3 |
= 3 |
bisherige durchschnittliche Lebensdauer des gesamten Gebäudes |
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= 39 Jahre |
durchschnittliches Baujahr: 1964 (Hauptfeststellungszeitpunkt) ./. 39 Jahre = 1925 |
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Vervielfältiger = 8,0. |
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