Leitsatz
Erhält ein Arbeitnehmer verbilligt Waren (z.B. Jahreswagen), die sein Arbeitgeber herstellt oder vertreibt, kann die Höhe des geldwerten Vorteils nach der Regelung des § 8 Abs. 2 EStG ohne Bewertungsabschlag und Rabattfreibetrag oder mit diesen nach der des § 8 Abs. 3 EStG ermittelt werden.
Normenkette
§ 8 Abs. 2, § 8 Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Der Kläger, der bei einem Kfz-Hersteller mit Sitz in A beschäftigt war, erwarb von seinem Arbeitgeber einen fabrikneuen Pkw, dessen Listenpreis 45.853 DM betrug, zum Preis von 34.707 DM. Der Arbeitgeber ging von einem durchschnittlichen Händlerrabatt von 9,54 % auf den Listenpreis aus und nahm an, Endpreis i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG sei der um die Hälfte eines durchschnittlichen Händlerrabatts, also um 4,77 % geminderte Listenpreis. Letzteren kürzte er um einen Bewertungsabschlag von 4 % und gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG um einen noch verbliebenen anteiligen Rabattfreibetrag. Den nach dieser Berechnung ermittelten geldwerten Vorteil i.H.v. 5.049 DM unterwarf der Arbeitgeber dem LSt-Abzug. In gleicher Höhe nahm das FA auch bei der ESt-Veranlagung des Klägers Arbeitslohn an. Den Einspruch mit dem Ziel, als Endpreis den um einen durchschnittlichen Händlerrabatt von 9,54 % gekürzten Listenpreis anzusetzen und hierauf den Bewertungsabschlag von 4 % und den verbliebenen Rabattfreibetrag zu gewähren, wies das FA zurück.
Das FG gab der Klage statt, indem es im Rahmen des § 8 Abs. 3 EStG von einem um 9,54 % gekürzten Listenpreis ausging.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Der Kläger habe ein Wahlrecht hinsichtlich der für ihn günstigsten Berechnungsmethode. Das FG habe die in den Praxis-Hinweisen angeführten Grundsätze zu berücksichtigen.
Hinweis
1. Ein vom Arbeitgeber gewährter Preisnachlass stellt dem Grunde nach ein geldwerter Vorteil und damit Arbeitslohn dar. Grundnorm für die Berechnung (Bewertung) des geldwerten Vorteils ist § 8 Abs. 2 EStG. Danach sind Rabatte des Arbeitgebers erst dann zu berücksichtigen, wenn der Preis unterschritten wird, der für das gleiche Produkt am Markt entrichtet wird. Vergleichspreis ist regelmäßig der günstigste Preis am Markt, also der um marktübliche Preisnachlässe geminderte Endpreis (vgl. BFH, Urteile vom 17.8.2005, IX R 10/05, BFH-PR 2006, 89; vom 4.5.2006, VI R 28/05, BFH-PR 2007, 1).
2. Abweichend hiervon ist § 8 Abs. 3 EStG als Spezialnorm dann anwendbar, wenn der Arbeitnehmer einen Preisnachlass auf Waren erhält, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf der Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und wenn deren Bezug nicht nach § 40 EStG pauschal versteuert wird.
Die Spezialregelung des § 8 Abs. 3 EStG war vom Gesetzgeber einerseits als Vereinfachungsregelung, andererseits als Vergünstigung für Belegschaftsrabatte gedacht. § 8 Abs. 3 EStG geht zwar grundsätzlich von einem unabhängig von Rabattgewährungen anzugebenden bzw. auszuzeichnenden Vergleichspreis aus. Die Vorschrift hat indessen tendenziell begünstigenden Charakter, weil noch ein Bewertungsabschlag von 4 % und ein Rabattfreibetrag abgezogen werden kann.
3. Dieser Vergünstigungseffekt wird indessen verfehlt, wenn – wie etwa in der Kfz-Branche – hohe Rabatte gewährt werden. Dort entspricht der tatsächlich vereinbarte Endpreis regelmäßig nicht der für die Regelung des § 8 Abs. 3 EStG zugrunde zu legenden Preisauszeichnung. Die Berechnung des Werts (nur) nach § 8 Abs. 3 EStG kann demnach zu einer Übermaßbesteuerung beim Arbeitnehmer bzw. zur Besteuerung eines fiktiven Arbeitslohns führen.
4. Die Finanzverwaltung hatte dieses Problem bereits erkannt (BMF, Schreiben vom 30.1.1996, BStBl I 1996, 114) und auch im Rahmen des § 8 Abs. 3 EStG den Abzug eines durchschnittlichen Preisnachlasses zugelassen, der jedoch zur Vermeidung einer Übermaßbesteuerung – wie im Streitfall – auch nicht ausreichte.
5. Für die Praxis ist bedeutend, dass der BFH seine Grundsatzentscheidung vom 4.6.1993, VI R 49/92 (BStBl II 1993, 687) nicht revidiert hat. Es bleibt dabei, dass der Endpreis i.S.d. § 8 Abs. 3 EStG der Angebotspreis nach der PreisangabenVO ist. Die Kritik dahingehend, dass dieses Urteil an den praktischen Gegebenheiten vorbeigehe, weil es zu Scheinbesteuerungen führen könne bzw. die im allgemeinen Geschäftsverkehr übliche Rabattgewährung nicht berücksichtigt werde, hat der VI. Senat indes aufgenommen. Zur Vermeidung von Übermaßbesteuerungen räumt der BFH nunmehr dem Arbeitnehmer (nicht jedoch dem Arbeitgeber) ein Wahlrecht im Rahmen seiner ESt-Veranlagung ein. Er kann wählen, die Höhe des geldwerten Vorteils entweder nach § 8 Abs. 2 (ohne Bewertungsabschlag und ohne Rabattfreibetrag) mit dem günstigsten Preis am Markt oder nach § 8 Abs. 3 EStG (Endpreis abzüglich 4 % Bewertungsabschlag und abzüglich Rabattfreibetrag) bewerten zu lassen.
6. Letztlich hat der BFH in der Besprechungsentscheidung klargestellt, dass der Abgabeort i.S.d. § 8 Abs. 3 EStG nicht der Ort ist, an welchem dem Arbeitnehmer die verbilligt übe...