Kommentar

1. Eine Forderung des Umlaufvermögens einer Bank aus der Vergabe eines Darlehens ist nach § 5 Abs. 6 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der Steuerbilanz grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen.

2. Ist der Teilwert – etwa aufgrund schlechter Vermögensverhältnisse des Schuldners – niedriger , kann der Steuerpflichtige den niedrigeren Teilwert anstelle der Anschaffungskosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 i.V.m. Nr. 1 Satz 3 EStG ansetzen. Das steuerliche Wahlrecht entfällt für Vollkaufleute. Vollkaufleute müssen den handelsrechtlich gebotenen niedrigeren Ansatz in die Steuerbilanz übernehmen (formelle Maßgeblichkeit der Handelsbilanz, Maßgeblichkeitsgrundsatz ).

3. Erfüllt der Schuldner die Forderung teilweise, ist der angesetzte niedrigere Teilwert um den Tilgungsbetrag zu ermäßigen .

4. Aufgrund gebesserter Vermögensverhältnisse des Schuldners hat der Steuerpflichtige nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG ein Wahlrecht, den Teilwert der Restforderung bis zur Höhe der anteiligen Anschaffungskosten wieder aufzustocken .

5. Mit diesem Wahlrecht zwischen Wertbeibehaltung und Wertaufstockung ist eine Pflicht zur Neubewertung der Forderung zum jeweiligen Bilanzstichtag unvereinbar.

6. Eine Pflicht zur Neubewertung der Forderung besteht nur dann , wenn die zu bewertende Forderung mit der teilwertberichtigten nicht mehr identisch ist, etwa weil sie durch Vereinbarung der Vertragsparteien zu einer neuen, anderen Forderung umgeschaffen worden ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.10.1995, I R 179/94

Anmerkung:

Das vorstehende Urteil ist nicht nur lehrreich für die Bewertung von Darlehensforderungen, insbesondere von Banken, sondern zeigt auch die Grenzen des Wertbeibehaltungswahlrechts nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG auf. Das Recht zur Wahl zwischen Wertbeibehaltung und Wertaufstockung nach einer Besserung der Vermögensverhältnisse des Schuldners besteht solange, wie die zu bewertende Forderung identisch geblieben ist. Eine Neubewertung hingegen ist geboten, sobald die Vertragsparteien die Forderung umgeschaffen haben. Wann eine solche Umschaffung gegeben ist, läßt das vorstehende Urteil allerdings offen. Die Beantwortung der Frage hängt im Einzelfall davon ab, was die Vertragsparteien bei der gebotenen Auslegung gewollt haben. Die Identität der Forderung entfällt nicht schon durch eine Änderung der Vertragsbedingungen, sondern nur durch eine grundlegende Schuldumschaffung .

Forderungsausfall/Wertberichtigung

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