Rz. 25
Gem. § 254 HGB besteht seit dem BilMoG nun auch explizit die Möglichkeit, Bewertungseinheiten zu bilden, wenn Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende Geschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarteter Transaktionen oder die Zahlungsströme aus dem Eintritt vergleichbarer Risiken mit Finanzinstrumenten zusammengefasst sind. Die Arten absicherungsfähiger Grundgeschäfte entsprechen somit denen nach IFRS. Auch wenn der Gesetzgeber in § 254 HGB mit der Verwendung von "Werden … zusammengefasst." deutlich macht, dass die Voraussetzung zur Behandlung von 2 Geschäften als eine zusammengefasste Bewertungseinheit zunächst darin besteht, dass der Bilanzierende diesen Zusammenhang klar zum Ausdruck bringt, ist es nicht unumstritten, ob es sich dabei auch um ein echtes Wahlrecht handelt. Das IDW wertet dies im HFA RS 35. Tz. 12 als ein solches Wahlrecht und führt dazu aus: "Diese Entscheidung darf auch im Falle gleichartiger Sachverhalte jeweils unterschiedlich getroffen werden; der Grundsatz der sachlichen Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) kommt insoweit nicht zur Anwendung. Die Bildung von Bewertungseinheiten in Übereinstimmung mit dem praktizierten Risikomanagement wird empfohlen."
Allerdings muss vor dem Hintergrund der Generalnorm von einer faktischen Bildungsnotwendigkeit ausgegangen werden, so dass ein echtes Wahlrecht nicht vorliegt bzw. nicht genutzt werden sollte (Rz. 2).
Rz. 26
Als Grundgeschäfte kommen solche Positionen infrage, bei denen sich aufgrund des zu sichernden Risikos das Ergebnis einer Unternehmung ändern könnte. Das Grundgeschäft muss einem Zins-, Preis-, Währungs- und Ausfallrisiko oder gleichartigen Risiken ausgesetzt sein, die einen objektiven Absicherungsbedarf begründen. Dies impliziert, dass die Risiken des Grundgeschäfts identifizierbar und objektiv quantifizierbar sind. Nicht zulässig ist daher etwa die Bildung von Bewertungseinheiten im Rahmen der Absicherung des allgemeinen Unternehmensrisikos. Für den Fall, dass verschiedene Grundgeschäfte für die Absicherung zusammengefasst werden, so ist die Gleichartigkeit der in dem Portfolio abgesicherten Risiken notwendig, was auch für mehrere zum Einsatz kommende Sicherungsinstrumente gilt.
Rz. 27
Mit dem BilMoG wurde der Begriff "erwartete Transaktion" als solcher neu in das HGB eingeführt, um die bis dahin beobachtbare gängige Praxis der Bildung antizipativer Sicherungsbeziehungen aufrechtzuerhalten. Während bei einem schwebenden Geschäft ein Vertrag bereits geschlossen wurde und nur noch die vollständige Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen durch die beiden Vertragsparteien fehlt, mangelt es den "mit hoher Wahrscheinlichkeit vorgesehenen Transaktionen" bereits an einem Vertragsschluss. Obwohl also noch kein Rechtsgeschäft existiert, wird antizipiert, dass dieses Geschäft mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Zukunft abgeschlossen wird. Fraglich bleibt, ab wann bei diesen erwarteten Geschäften von einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgegangen wird. Eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 % soll hier als Kriterium nicht genügen. Vielmehr soll ein Vertragsschluss dieser Transaktionen nur durch außergewöhnliche Umstände, die nicht im Einflussbereich des Unternehmers stehen, verhindert werden können. Dies ist insbesondere damit zu begründen, dass ansonsten ggf. eine notwendige Aufwandsbuchung (Abschreibung eines Derivats) unterbleibt mit Verweis auf eine bloß vorgesehene Transaktion. Es bleibt nach der Gesetzesbegründung Aufgabe der Abschlussprüfung zu klären, ob eine ausreichende Wahrscheinlichkeit zur Bildung gegeben ist. Hierbei soll auch betrachtet werden, ob in der Vergangenheit gebildete antizipative Bewertungseinheiten tatsächlich durchgeführt wurden, also ob der Vertragsschluss bei diesen vorgesehenen Transaktionen tatsächlich zustande gekommen ist. Diese Verlagerung auf den Abschlussprüfer läuft bei allen nicht prüfungspflichtigen Unternehmen ins Leere und wird ggf. aufgrund der bestehenden Maßgeblichkeit für die Steuerbilanz dann nur vom Betriebsprüfer überwacht.
IFRS 9 erlaubt ebenfalls erwartete künftige Transaktionen (Kauf von Rohstoffen oder Verkauf von Produkten) als zulässige Grundgeschäfte für das Hedge Accounting, soweit die abzusichernde Transaktion so gut wie sicher ist, d. h. eine Eintrittswahrscheinlichkeit von mind. 90 % aufweist. Ein solcher Nachweis kann u. a. dadurch erbracht werden, dass
- in der Vergangenheit vergleichbare Transaktionen stattgefunden haben,
- der Eintritt der Transaktion durch aktuelle Business-Pläne des Unternehmens untermauert wird,
- die Güte vergleichbarer früherer Pläne mittels vergangenheitsbezogener Plan-Ist-Analysen belegt wird,
- das wirtschaftliche Umfeld des Unternehmens (gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen, Konkurrenzsituation usw.) angemessen berücksichtigt wurde,
- das Unternehmen aufgrund seiner finanziellen und operativen Kapazitäten in der Lage sein wird, die Transaktion umzusetzen,
- die Nichtdurchführung der Transaktion erhebliche negative Auswirkunge...