OFD Koblenz, Verfügung v. 3.6.2014, S 0622 A - St 351
Das FG Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 26.4.2013, 10 K 2983/11, der Körperschaftsteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 2004 und 2005 zum Verfahrensgegenstand hat, dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Art. 9 Nr. 5 des Haushaltsbegleitgesetzes (HBeglG 2004) vom 29.12.2003 (BGBl 2003 I, 3076) mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das Aktenzeichen des Normenkontrollverfahrens beim BVerfG lautet 2 BvL 4/13.
Das vorlegende Finanzgericht geht davon aus, dass die durch das HBeglG 2004 vorgenommene Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG (Verminderung des Prozentsatzes zu den abzugsfähigen Bewirtungsaufwendungen von bisher 80 % auf 70 %) nicht in formell verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen, aber in materieller Hinsicht verfassungskonform ist.
Dieser – hier unterstellte – Verstoß gegen das Grundgesetz ist allerdings bereits durch Art. 1 Nr. 2 Buchstabe b des Gesetzes zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 5.4.2011 (BGBl 2011 I S. 554, BStBl 2011 I S. 310) geheilt worden.
Diese Ausgangslage führt dazu, dass zumindest für die Veranlagungszeiträume ab 2011 eine in formell verfassungsmäßiger Weise zustande gekommene Regelung zur Abziehbarkeit von Bewirtungsaufwendungen existiert, da das „Bestätigungsgesetz” am 12.4.2011 in Kraft getreten ist.
Auf Bundesebene haben sich die AO-Referatsleiter gegen eine Anweisung zur vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO ausgesprochen.
a) Veranlagungszeiträume 2004 bis 2010
Soweit Steuerpflichtige Bewirtungsaufwendungen geltend gemacht haben und sich mit einem Einspruch gegen einen Einkommensteuerbescheid, einen Körperschaftsteuerbescheid oder einen Gewerbesteuermessbescheid, der einen der Veranlagungszeiträume 2004 bis 2010 betrifft, auf das Verfahren 2 BvL 4/13 berufen, sind die Voraussetzungen für eine Verfahrensruhe nach § 363 Absatz 2 Satz 2 AO erfüllt.
Einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist zu entsprechen, wenn Steuerpflichtige Bewirtungsaufwendungen geltend gemacht haben und sich mit einem Einspruch oder einer Klage gegen einen Einkommensteuerbescheid, einen Körperschaftsteuerbescheid oder einen Gewerbesteuermessbescheid, der einen der Veranlagungszeiträume 2004 bis 2010 betrifft, einen zulässigen Einspruch eingelegt oder eine zulässige Klage erhoben haben.
b) Veranlagungszeiträume ab 2011
Da für Veranlagungszeiträume ab 2011 von einer formell verfassungsmäßigen Regelung zur Abziehbarkeit von Bewirtungsaufwendungen auszugehen ist, ist das Normenkontrollverfahren 2 BvL 4/13 für aktuelle Fälle nicht als vorgreiflich anzusehen. Die Voraussetzungen für eine Verfahrensruhe nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO liegen insofern nicht vor. Diese Einsprüche sind daher zurückzuweisen, falls nicht aus anderen Gründen eine Verfahrensruhe gerechtfertigt ist.
Hinweise zur DB-Rb und zur Abarbeitung der Einsprüche:
In der Datenbank für Rechtsbehelfe (DB-Rb) sind entsprechende Einsprüche im Bereich der Musterverfahren mit der anhängigen Rechtsfrage zu speichern. Der Eintrag lässt sich über das Aktenzeichen 2 BvL 4/13 suchen und auswählen.
Zur Abarbeitung der Einsprüche für Veranlagungszeiträume ab 2011 steht ab der 24. Kalenderwoche der UNIFA-Zusatzbaustein „Bewirtungskosten_ab2011” (Ordner Zentral/ Zusatzbausteine/ RBH/ Bausteine zu Massenverfahren) zur Verfügung.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1;
AO 1977 § 363