Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Steuerbegünstigung bei Ausscheiden aus einer Freiberufler-Gesellschaft sind geklärt
Leitsatz (NV)
Die Frage, ob beim Ausscheiden eines Rechtsanwalts aus einer Sozietät gegen Zahlung einer Abfindung die Steuerbegünstigung nach § 34 EStG auch in einem Stadtstaat davon abhängt, dass die Tätigkeit als Rechtsanwalt innerhalb der politischen Gemeindegrenzen für eine gewisse Zeit eingestellt wird, ist nicht klärungsbedürftig. Dasselbe gilt für die Frage, was in diesem Zusammenhang unter einer "gewissen Zeit" zu verstehen ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 18 Abs. 3
Verfahrensgang
FG Berlin (Urteil vom 28.01.2004; Aktenzeichen 2 K 2163/01) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Entgegen der Auffassung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist die Frage, ob beim Ausscheiden eines "Nur"-Rechtsanwalts aus einer aus Anwälten und Anwaltsnotaren bestehenden Sozietät gegen Zahlung einer Abfindung die Steuerbegünstigung nach § 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch in einem Stadtstaat davon abhängt, dass die Tätigkeit als Rechtsanwalt innerhalb der politischen Gemeindegrenzen für eine gewisse Zeit eingestellt wird, nicht klärungsbedürftig. Dasselbe gilt für die Frage, was in diesem Zusammenhang unter einer "gewissen Zeit" zu verstehen ist.
Allerdings hat die Rechtsprechung den Begriff der "gewissen Zeit", für die die Tätigkeit nach einer Praxisveräußerung einzustellen ist, nicht näher bestimmt. Das hängt jedoch --worauf der Senat in seinem Urteil vom 10. Juni 1999 IV R 11/99 (BFH/NV 1999, 1594) hingewiesen hat-- damit zusammen, dass die Erheblichkeit der zeitlichen Dauer der Einstellung von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist. Als solche Umstände kommen nach diesem Senatsurteil in Betracht die räumliche Entfernung der wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis, die Vergleichbarkeit der Betätigung oder die Art und Struktur der Mandate. Aus diesen Ausführungen des Senats folgt zugleich, dass sich auch für die räumliche Entfernung der neuen Praxis zur bisherigen Tätigkeitsstätte keine allgemeinen Regeln aufstellen lassen. Sie bildet zusammen mit der zeitlichen Dauer der Einstellung, der Vergleichbarkeit der Betätigung sowie der Art und Struktur der Mandate die Gesamtheit der Umstände, nach denen die Bedeutung der Einstellung der Tätigkeit zu bestimmen ist.
Im Übrigen wäre die Frage im Streitfall auch nicht klärungsfähig. Unabhängig von der Frage, ob der Veräußerer eines Praxisanteils seine Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis zumindest für eine bestimmte Dauer eingestellt hat, liegt eine tarifbegünstigte Anteilsveräußerung jedenfalls dann nicht vor, wenn der Veräußerer nicht alle wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen der freiberuflichen Tätigkeit einschließlich des Patientenstammes/Mandantenstammes auf den Erwerber überträgt (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Mai 1994 I R 109/93, BFHE 175, 249, BStBl II 1994, 925; in BFH/NV 1999, 1594). Im Streitfall hat das Finanzgericht festgestellt, dass der Kläger seine Beziehungen zu einem Teil seiner bisherigen Mandanten --darunter nach der Aufhebungsvereinbarung u.a. alle von ihm begonnenen Mandate-- in der Weise selbst genutzt hat, dass er diese Mandanten weiter betreut hat. Mithin hat er nicht alle wesentlichen Grundlagen seiner bisherigen Tätigkeit auf die Erwerber übertragen. Um welche Art Mandate es sich dabei gehandelt hat, kann keine Rolle spielen. Auch wenn es sich nur um laufende Prozessmandate gehandelt haben sollte, ändert das nichts daran, dass der Kläger seine bisherige Tätigkeit nicht eingestellt, sondern lediglich als Einzelanwalt fortgeführt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 1463874 |
BFH/NV 2006, 298 |