Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung von Divergenz und Sachaufklärungsmängeln
Leitsatz (NV)
1. Eine Divergenz wird im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nur dargelegt, wenn der Beschwerdeführer einander widerstreitende abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil einerseits und der Divergenzentscheidung andererseits so einander gegenüberstellt, dass die Abweichung erkennbar wird.
2. Zur Darlegung einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung gehören Ausführungen dazu, welche konkreten Aufklärungsmaßnahmen das FG hätte treffen müssen und inwieweit diese zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt Industrievertretungen jeder Art sowie den Im- und Export. In den Streitjahren (1993 bis 1995) waren Geschäftsführer ihre Gesellschafter A und dessen Mutter M. A hielt 75 %, M 25 % der Anteile an der Klägerin. A war in den Streitjahren 1993 bis 1995 zugleich Gesellschafter und Mitgeschäftsführer der B-GmbH.
A erhielt von der Klägerin in den Streitjahren Tätigkeitsvergütungen in Höhe von 253 111,80 DM (1993), 238 291 DM (1994) und 242 950,80 DM (1995); M erhielt 166 799 DM (1993), 158 070 DM (1994) sowie 161 398 DM (1995). Für seine Tätigkeit bei der B-GmbH vereinnahmte A 214 000 DM (1991), 148 000 DM (1992), 210 000 DM (1993) und 168 000 DM (1994). Den Vergütungen lagen --wiederholt ergänzte und geänderte-- Geschäftsführeranstellungsverträge aus früheren Jahren zu Grunde.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) sah eine Gesamtausstattung für beide Geschäftsführer in Höhe von nur 300 000 DM als angemessen an und behandelte die darüber hinausgehenden Beträge als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage ab. Es hob dabei u.a. darauf ab, dass A nicht nur für die Klägerin, sondern auch für die B-GmbH gearbeitet habe und dass dies im Verhältnis zu einem Fremdgeschäftsführer zu einer Minderung des von der Klägerin gezahlten Gehalts geführt hätte. Auf die Revision der Klägerin hob der beschließende Senat das FG-Urteil auf; er verwies die Sache an das FG zurück, da geprüft werden müsse, ob die Tätigkeit des A für die B-GmbH der Klägerin Vorteile gebracht habe und wie dies im Verhältnis zwischen fremden Dritten bei der Bemessung des von der Klägerin zu zahlenden Gehalts berücksichtigt worden wäre (Senatsbeschluss vom 26. Mai 2004 I R 101/03, BFH/NV 2004, 1672).
Im zweiten Rechtsgang wies das FG die Klage erneut ab. Es führte nach Auswertung von Gehaltsstrukturuntersuchungen aus, dass unter den im Streitfall gegebenen Verhältnissen eine GmbH die Tätigkeit von mit A und M vergleichbaren Fremdgeschäftsführern nur mit insgesamt 256 439 DM (1993), 255 456 DM (1994) und 264 118 DM (1995) vergütet hätte. Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat einen Grund für die Zulassung der Revision nicht in der gebotenen Form dargelegt.
1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision gegen ein Urteil des FG u.a. dann zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (Nr. 2) oder wenn das Urteil auf einem geltend gemachten und vorliegenden Verfahrensmangel beruhen kann (Nr. 3). Wird auf einen dieser Gründe eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so muss der Zulassungsgrund in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Fehlt es daran und wird auch kein anderer Zulassungsgrund dargelegt, so ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig.
2. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO hält die Klägerin deshalb für einschlägig, weil ihrer Ansicht nach das angefochtene Urteil von Entscheidungen des beschließenden Senats (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 I R 61/03, BFH/NV 2005, 1146) und des FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 16. Januar 2008 12 K 8312/04 B, Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 717) abweicht. Eine solche Abweichung wird aber nur dann i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt, wenn der Beschwerdeführer einen das angefochtene Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz herausarbeitet und ihn einem ebensolchen Rechtssatz aus der angeblichen Divergenzentscheidung derart gegenüberstellt, dass die Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom 22. Januar 2008 X B 185/07, BFH/NV 2008, 603; vom 26. November 2007 VIII B 159/06, BFH/NV 2008, 801; vom 16. Januar 2008 VIII B 209/06, BFH/NV 2008, 1165). Daran fehlt es im Streitfall.
Zu dem Urteil des FG Berlin-Brandenburg führt die Klägerin aus, dass in dem dort beurteilten Sachverhalt eine Eigenkapitalverzinsung von 32 % bis 35 % pro Jahr vorgelegen habe und eine vGA verneint worden sei, während im Streitfall ihr --der Klägerin-- Eigenkapital deutlich höher verzinst worden sei. Damit zeigt sie aber weder einander widerstreitende abstrakte Rechtssätze noch eine Divergenz zwischen beiden Entscheidungen in grundsätzlicher Hinsicht auf. Das gilt umso mehr, als die angebliche Divergenzentscheidung ausdrücklich auf eine Gesamtwürdigung aller Umstände abstellt und die Eigenkapitalverzinsung dort nur als eins von mehreren Prüfungskriterien erscheint. In Bezug auf das zitierte Senatsurteil macht die Beschwerdebegründung erst recht nicht deutlich, inwieweit eine Abweichung im Grundsätzlichen vorliegen soll; das FG hat sich in dem angefochtenen Urteil exakt auf denjenigen Rechtssatz gestützt, der in jener Entscheidung formuliert ist. Daher erfüllt die Beschwerdebegründung im Hinblick auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Darlegungsanforderungen nicht.
3. Als Verfahrensmangel rügt die Klägerin zum einen, dass das FG seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nicht nachgekommen sei. Sie führt aber nicht aus, welche konkreten Aufklärungsmaßnahmen das FG ihrer Ansicht nach hätte treffen müssen und inwieweit diese zu einer für sie --die Klägerin-- günstigeren Entscheidung hätten führen können (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 22. April 2008 X B 57/07, BFH/NV 2008, 1192; vom 22. April 2008 X B 67/07, BFH/NV 2008, 1346). Die Angaben und Unterlagen, die in der Beschwerdebegründung aufgeführt werden, waren dem FG bei seiner Entscheidung bekannt; der Vortrag der Klägerin lässt nicht erkennen, welche zusätzlichen Umstände das FG hätte ermitteln müssen und was sich daraus für den Ausgang des Rechtsstreits ergeben hätte. Ebenso trägt die Klägerin nicht vor, wann und in welcher Weise sie auf weitere Aufklärungsmaßnahmen hingewirkt hat oder welche Nachforschungen sich dem FG hätten aufdrängen müssen; Ausführungen dazu gehören ebenfalls zu einer ordnungsgemäßen Sachaufklärungsrüge (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 603). Letztlich rügt die Klägerin nur, dass das FG die ihm vorliegenden Unterlagen unrichtig gewürdigt habe; ein solcher Fehler könnte aber selbst dann, wenn jene Würdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen sollte, eine Zulassung der Revision nicht rechtfertigen (BFH-Beschluss vom 31. Oktober 2007 IX B 34/07, BFH/NV 2008, 239, m.w.N.). Soweit sich die Sachaufklärungsrüge auf einzelne Ausführungen des FG zur Tätigkeit der M bezieht, ist sie zudem schon deshalb unbeachtlich, weil selbst eine vollständige Berücksichtigung der an M geleisteten Zahlungen die Abweisung der Klage nicht verhindert hätte.
4. Im Ergebnis dasselbe gilt schließlich im Hinblick auf die Rüge der Klägerin, das FG habe eine Überraschungsentscheidung getroffen. Auf Ausführungen dazu wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO verzichtet.
Fundstellen