Entscheidungsstichwort (Thema)
Unsubstantiierter Zeugenbeweis zum Nachweis des für freiberufliche Tätigkeit theoretischen Wissens
Leitsatz (NV)
1. Die Mitwirkungspflicht fordert von den Beteiligten, Beweisanträge nur zu bestimmten, substantiierten Tatsachenbehauptungen zu stellen. Dem genügt es nicht, wenn erst die Zeugen das vortragen sollen, was der Kläger zunächst selbst zur Glaubhaftmachung seiner Behauptung hätte darlegen müssen und können.
2. Beweisermittlungs- oder ‐ausforschungsanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken soll, brauchen regelmäßig dem Gericht eine Beweisaufnahme nicht nahe zu legen.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Zulassung der Revision kommt nur unter den in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Voraussetzungen in Betracht. Danach ist die Revision u.a. dann zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Rüge, das Finanzgericht (FG) habe gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen, weil es die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) benannten Zeugen nicht vernommen habe, ist unbegründet.
In dem Klageverfahren war streitig, ob die Klägerin im Jahr 1993 freiberuflich oder gewerblich tätig war. Sie hat hierzu vorgetragen, im Streitjahr 1993 eine einem Architekten ähnliche Tätigkeit ausgeübt zu haben. Das notwendige theoretische Wissen habe sie in den Jahren 1990 bis 1993 im Eigenstudium erworben und in einem einsemestrigen Praktikum eingesetzt. Dort sei bei ihr auch der Wunsch geweckt worden, nach Abschluss ihres Betriebswirtschaftsstudiums im Architekturbereich tätig zu werden. Die Tatsache, dass sie seit 1997 quasi nebenbei Architektur studiert habe, beweise, dass sie bereits 1993 über die notwendigen Kenntnisse verfügt habe. Zum Beweis ihres Eigenstudiums hat die Klägerin beantragt, ihren damaligen Ausbildungsleiter, Herrn X, sowie ihren Lebensgefährten und Inhaber des Bauplanungs- und Ingenieurbüros, in dem sie das praktische Studiensemester durchgeführt hatte, Herrn Z, als Zeugen zu vernehmen. Außerdem sollte Letzterer die Tätigkeit der Klägerin in den Jahren 1990 bis 1993 darstellen.
Das FG hat seine Aufklärungspflicht nicht dadurch verletzt, dass es den Beweisantritten der Klägerin nicht gefolgt ist. Zu Recht hat es die Beweisanträge als nicht genügend substantiiert verworfen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Februar 1985 VII R 137/81, BFH/NV 1986, 136, und vom 15. Dezember 1992 VIII R 9/90, BFH/NV 1993, 656).
Nach den unwidersprochenen Feststellungen des FG hat die Klägerin zum Nachweis ihres Selbststudiums lediglich drei Kassenbelege über den Kauf von insgesamt fünf Posten "Jura" und zwei Posten "Steuern" vorgelegt, sowie die zweite Auflage der Sächsischen Bauordnung aus dem Jahre 1993. Sie hat --so die nicht mit Rügen angegriffene Feststellung des FG-- keinen einzigen Fachkurs auf dem Gebiet der Architektur benannt, den sie besucht hätte, und sie hat nicht ein einziges Fachbuch aus dem Bereich der Architektur benannt oder vorgelegt, das sie durchgearbeitet hätte. Nachdem die Klägerin somit selbst nichts zum Beleg ihres Selbststudiums vortragen konnte oder wollte, ist nicht ersichtlich, welche konkreten Tatsachen durch die Vernehmung der Zeugen hätten bewiesen werden sollen. Die Zeugen sollten vielmehr das vortragen, was die Klägerin zunächst selbst zur Glaubhaftmachung ihrer Behauptung hätte darlegen müssen und --sofern sie ein solches Eigenstudium tatsächlich betrieben haben sollte-- auch hätte darlegen können. Die Mitwirkungspflicht fordert von den Beteiligten, Beweisanträge nur zu bestimmten, substantiierten Tatsachenbehauptungen zu stellen. Beweisermittlungs- oder -ausforschungsanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken soll, brauchen regelmäßig dem Gericht eine Beweisaufnahme nicht nahe zu legen (BFH-Beschluss vom 6. September 2005 IV B 14/04, BFH/NV 2005, 2166).
Aus den nämlichen Gründen konnte das FG auch von der Einholung eines Sachverständigengutachtens absehen (zur notwendigen Konkretisierung beispielsweise der von einem Sachverständigen zu begutachtenden Tätigkeiten vgl. BFH-Beschluss vom 8. Oktober 2004 IV B 202/02, BFH/NV 2005, 367).
Die Beschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, das FG hätte eine Wissensprüfung veranlassen müssen. Im Streitfall war die Durchführung einer Wissensprüfung in dem im Jahre 2001 erhobenen Klageverfahren schon deshalb ungeeignet, den Kenntnisstand der Klägerin im Streitjahr 1993 zu ermitteln, weil die Klägerin von 1997 bis 2001 Architektur studiert und das Studium als Diplom-Ingenieurin (FH) abgeschlossen hatte. Die Prüfung hätte damit den Kenntnisstand im Jahre 2001 und nicht den des Streitjahres feststellen können.
Fundstellen
Haufe-Index 1501928 |
BFH/NV 2006, 1132 |