Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Bewilligung von PKH für eine beabsichtigte NZB; Beweiswürdigung gehört zum materiellen Recht
Leitsatz (NV)
- Bei einem vom Steuerpflichtigen innerhalb der Beschwerdefrist persönlich gestellten Antrag auf PKH für eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde steht der Fristablauf für die Beschwerde dem Erfolg des Antrags nicht entgegen, weil dem mittellosen Antragsteller nach Bewilligung von PKH unter bestimmten weiteren Voraussetzungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann.
- Für die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde besteht keine hinreichende Erfolgsaussicht, wenn sich aus dem beanstandeten Urteil, dem Sitzungsprotokoll und dem Vorbringen des Antragstellers keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass einer der in § 115 Abs. 2 FGO aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt.
- Einwendungen gegen die Beweiswürdigung rechtfertigen in der Regel die Zulassung der Revision nicht, weil die Beweiswürdigung revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen ist.
Normenkette
FGO §§ 56, 142, 115 Abs. 2, § 116 Abs. 2 S. 1; ZPO § 114
Tatbestand
I. Im Zuge von Ermittlungen im Rahmen der sog. "Bankenverfahren" gegen Kunden und Mitarbeiter der X-Bank wurde umfangreiches Material über Kunden vorgefunden, die Gelder mit Hilfe der Bank in anonymisierter Form ins Ausland transferiert hatten. Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Z (Steufa) führte bei der Antragstellerin und ihrem Ehemann eine Prüfung durch, die sich u.a. auf die Einkommensteuer für die Streitjahre 1988 bis 1996 erstreckte. Die Prüfer gelangten zu der Überzeugung, dass die Antragstellerin und ihr Ehemann in den Streitjahren Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) in erheblicher Höhe erzielt und in den gemeinsamen Einkommensteuererklärungen nicht angegeben hatten. Der Beklagte (das Finanzamt ―FA―) erließ geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen er die von den Prüfern ermittelten Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasste. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Während des Klageverfahrens änderte das FA die Einkommensteuerbescheide erneut und legte die im endgültigen Steufa-Bericht ermittelten niedrigeren Kapitaleinnahmen zugrunde.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch das am 13. Januar 2004 zugestellte Urteil mit der Maßgabe ab, dass es die insgesamt in ihrer Höhe unveränderten Einnahmen aus Kapitalvermögen anders auf die Eheleute verteilte.
Mit am 29. Januar 2004 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Schreiben beantragte die Antragstellerin, ihr Prozesskostenhilfe (PKH) für eine noch einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde zu bewilligen und ihr Steuerberater A als Prozessbevollmächtigten beizuordnen. Sie macht unter Hinweis auf ihr bisheriges Vorbringen geltend, sie habe für keines der in dem Urteil angesprochenen Konten Zeichnungsvollmacht gehabt, keine Kontoauszüge gesehen und auch keine Verfügungen über ein Konto getroffen.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag hat keinen Erfolg.
Gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Der Bewilligung von PKH steht nicht bereits entgegen, dass die für die Nichtzulassungsbeschwerde geltende Frist von einem Monat (§ 116 Abs. 2 Satz 1 FGO) abgelaufen ist. Denn die Antragstellerin hat ihren Antrag auf PKH innerhalb der Beschwerdefrist gestellt. In einem solchen Fall kann einem Beteiligten, der infolge seiner Mittellosigkeit nicht in der Lage war, das Rechtsmittel fristgerecht durch einen postulationsfähigen Vertreter einlegen zu lassen, nach der Bewilligung von PKH unter bestimmten weiteren Voraussetzungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 Abs. 1 FGO gewährt werden (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 2. Oktober 2002 XI S 4/02 (PKH), BFH/NV 2003, 194).
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet jedoch keine Aussicht auf Erfolg. Mit der Beschwerde kann die Zulassung der Revision nur erreicht werden, wenn zumindest einer der in § 115 Abs. 2 FGO aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt. Aus dem beanstandeten finanzgerichtlichen Urteil, dem Sitzungsprotokoll und dem Vorbringen der Antragstellerin ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, dass dies der Fall ist. Es ist nicht ersichtlich, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist oder dass das FG einen Verfahrensfehler begangen hat.
Soweit die Streitfragen des vorliegenden Falles auf tatsächlichem Gebiet liegen und die Antragstellerin Einwendungen gegen die Beweiswürdigung erhebt, kann dies der beabsichtigten Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Denn die Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen, so dass mit ihrer Beanstandung kein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend gemacht wird (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. November 1997 VIII B 12/97, BFH/NV 1998, 608; vom 22. Juli 1999 VII B 19/99, BFH/NV 1999, 1635). Allgemeine Einwendungen gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung rechtfertigen die Zulassung der Revision ebenfalls nicht (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 20. Februar 1980 II B 26/79, BFHE 129, 313, BStBl II 1980, 211; vom 15. März 2002 V B 33/01, BFH/NV 2002, 1040).
Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen; Gerichtsgebühren sind nicht entstanden (§ 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO; § 1 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes).
Fundstellen