Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Herstellungsbegriff des § 2 Abs. 1 EigZulG
Leitsatz (NV)
- Inwieweit für nach § 255 Abs. 2 HGB als Herstellungskosten zu beurteilende Bauaufwendungen Eigenheimzulage zu gewähren ist, bestimmt sich allein nach dem EigZulG.
- Durch den BFH ist geklärt, dass eine Wohnung nicht nur dann hergestellt ist, wenn eine neue, bisher nicht vorhandene Wohnung geschaffen wird. Auch Baumaßnahmen an einer bestehenden Wohnung können zur Herstellung einer Wohnung im Sinne des § 2 Abs. 1 EigZulG führen. Solche Baumaßnahmen müssen aber eine bautechnische neue Wohnung ergeben.
- Anders als die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 10. Februar 1998, BStBl I 1998, 190, Rz. 11) fordert der BFH nicht, dass erstmals eine Wohnung im bewertungsrechtlichen Sinne entsteht.
- Fehlt es an den Voraussetzungen einer bautechnischen Neuherstellung, so kommt eine erhöhte Eigenheimzulage auch dann in Betracht, wenn eine weitere Wohnung hergestellt wird und die verwendeten Altbauteile gegenüber den neu eingefügten Teilen wertmäßig untergeordnet erscheinen.
Normenkette
EigZulG § 2 Abs. 1-2, § 9 Abs. 2; HGB § 255 Abs. 2
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Urteil vom 26.02.2003; Aktenzeichen 13 K 128/99) |
Gründe
Von der Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Unter welchen Voraussetzungen durch Baumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude eine Wohnung i.S. des § 2 Abs. 1 des Eigenheimzulagengesetzes i.d.F. für das Streitjahr 1997 (EigZulG) hergestellt wird, hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits entschieden. Entgegen der Auffassung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) bedarf diese Rechtsfrage auch unter Berücksichtigung des § 255 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) keiner erneuten Klärung.
a) § 255 Abs. 2 HGB definiert lediglich den Begriff der Herstellungskosten (Aufwendungen für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung). Inwieweit für danach als Herstellungskosten zu beurteilende Bauaufwendungen eine Eigenheimzulage zu gewähren ist, bestimmt sich allein nach dem EigZulG.
Für die Herstellung einer Wohnung wird nach § 2 Abs. 1 EigZulG i.V.m. § 9 Abs. 2 EigZulG jährlich eine Eigenheimzulage von 5 v.H. der Herstellungskosten (höchstens 5 000 DM) gewährt. Herstellungskosten für die Erweiterung oder die wesentliche Verbesserung einer Wohnung werden, soweit es sich bei den Baumaßnahmen um einen Ausbau oder eine Erweiterung i.S. des § 2 Abs. 2 EigZulG handelt, mit 2,5 v.H. (höchstens 2 500 DM) gefördert.
b) Durch den BFH ist geklärt, dass eine Wohnung i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG nicht nur dann hergestellt ist, wenn eine neue, bisher nicht vorhandenen Wohnung geschaffen wird. Auch Baumaßnahmen an einer bestehenden Wohnung können zur Herstellung einer Wohnung i.S. des § 2 Abs. 1 EigZulG führen. Die Baumaßnahmen an einer vorhandenen Wohnung müssen aber eine bautechnisch neue Wohnung ergeben (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2003 III R 53/00, BFHE 202, 57, BStBl II 2003, 565; vom 26. Juni 2003 III R 41/02, BFH/NV 2004, 11; vom 20. November 2003 III R 14/03, nicht veröffentlicht, derzeit in juris, m.w.N.). Anders als die Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 10. Februar 1998, BStBl I 1998, 190, Rz. 11) fordert der BFH nicht, dass erstmals eine Wohnung im bewertungsrechtlichen Sinne entsteht.
Das Finanzgericht (FG) hat ―durch die Beschwerde unbeanstandet― festgestellt, dass im Streitfall kein bautechnisch neues Gebäude errichtet worden ist, weil an dem bestehenden Gebäude bis auf Durchgangsöffnungen nichts verändert worden sei. Die Würdigung, dass durch den Anbau die selbst genutzte Wohnung erweitert, aber nicht neu hergestellt wurde, ist unter Berücksichtigung dieser Feststellung schlüssig und nachvollziehbar.
c) Das FG hat ―entgegen der Darstellung der Kläger― die Herstellung einer Wohnung nicht deshalb verneint, weil keine weitere Wohnung hergestellt worden ist. Die von den Klägern als grundsätzlich bezeichnete Frage, ob das Erstellen einer weiteren Wohnung ein entscheidendes Kriterium für den Herstellungsbegriff sei, ist demnach in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Im Übrigen ist diese Frage durch die Rechtsprechung geklärt:
Liegen bei Baumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude die Voraussetzungen einer bautechnischen Neuherstellung nicht vor, so kommt eine erhöhte Eigenheimzulage auch dann in Betracht, wenn eine weitere Wohnung hergestellt wird und die verwendeten Altbauteile gegenüber den neu eingefügten Teilen wertmäßig untergeordnet erscheinen (z.B. BFH-Urteil vom 11. September 1996 X R 46/93, BFHE 181, 294, BStBl II 1998, 94, zu § 10e des Einkommensteuergesetzes ―EStG―).
2. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO erforderlich.
Das angefochtene Urteil weicht nicht von den Entscheidungen des BFH vom 15. November 1995 X R 102/95 (BFHE 179, 290, BStBl II 1998, 92), in BFHE 181, 294, BStBl II 1998, 94, oder vom 15. Mai 2002 X R 36/99 (BFH/NV 2002, 1158) ab. Nach diesen zu § 10e EStG ergangenen Entscheidungen ist die Grundförderung für die Herstellung einer Wohnung ebenfalls nur zu gewähren, wenn durch die Baumaßnahmen an einem Wohngebäude eine bautechnisch neue Wohnung entsteht, sei es, dass die bisherige Wohnung in ihrer Substanz wesentlich verändert wird oder eine zusätzliche Wohnung geschaffen wird.
Diese Grundsätze liegen dem angefochtenen Urteil zugrunde.
Eine Zulassung der Revision wegen der gerügten Abweichung von den Urteilen des FG München vom 13. Dezember 2002 2 K 2241/00 (Die Information über Steuer und Wirtschaft 2003, 123), des Schleswig-Holsteinisches FG vom 6. November 2002 5 K 217/00 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 284) oder des FG Hamburg vom 6. Juli 2000 II 489/99 (nicht veröffentlicht) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Dabei kann offen bleiben, ob diesen Urteilen dem Streitfall vergleichbare Sachverhalte zugrunde liegen. Denn auch bei Annahme einer Divergenz wäre eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich, weil der Senat in seinem Urteil vom 20. November 2003 III R 14/03 (derzeit in juris) bereits geklärt hat, dass die Schaffung zusätzlicher Wohnräume durch einen Anbau an eine bestehende Wohnung als Erweiterung nach § 2 Abs. 2 EigZulG und nicht als Herstellung einer Wohnung i.S. des § 2 Abs. 1 EiGZulG zu beurteilen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1151218 |
BFH/NV 2004, 924 |