Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Verhältnis des Erdienenszeitraums zur sog. Wartezeit bei Pensionszusagen
Leitsatz (NV)
1. In den gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen in §1 Abs. 1 BetrAVG kann allenfalls ein Anhaltspunkt dafür gesehen werden, zu welchem Zeitpunkt ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter üblicherweise eine Versorgungszusage erteilen wird.
2. Die Unverfallbarkeitsfristen in §1 Abs. 1 BetrAVG sind (nur) als Maßstab für die Arbeitszeit heranzuziehen, die dem begünstigten Gesellschafter-Geschäftsführer verbleiben muß, um die ihm zugesagte Versorgung erdienen zu können. Es ist dennoch möglich, in Einzelfällen vertraglich kürzere Zeiträume bis zum Eintritt der Unverfallbarkeit zu vereinbaren.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2; BetrAVG § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde des Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt -- FA --) ist unbegründet.
Die Annahme des FA, das Finanzgericht (FG) habe seiner Entscheidung (siehe Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 137) einen Rechtssatz zugrunde gelegt, der von Rechtssätzen abweiche, die der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 16. Dezember 1992 I R 2/92 (BFHE 170, 175, BStBl II 1993, 455), vom 21. Dezember 1994 I R 98/93 (BFHE 176, 413, BStBl II 1995, 419) und vom 24. Januar 1996 I R 41/95 (BFHE 180, 272, BStBl II 1997, 440) aufgestellt habe, trifft nicht zu.
1. Nach den Gründen seiner Entscheidung ist das FG zu der Erkenntnis gelangt, daß die Zusage eines Versorgungsversprechens an die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin), einer GmbH, nach einer Dienstzeit von 18 Monaten einem Fremdvergleich standhalte. Beide Geschäftsführer seien branchenerfahren und ausreichend erprobt. Zu berücksichtigen seien überdies die besonderen Verhältnisse im Beitrittsgebiet in den Jahren nach dem Beitritt. Die wirtschaftliche Situation der Klägerin habe es zugelassen, die Zusagen zu finanzieren, auch ihr Gewinninteresse sei nicht verletzt.
Diese auf tatsächlichem Gebiet liegenden Einschätzungen (Branchenerfahrung, Finanzierbarkeit) wären in einem nachfolgenden Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Der Senat wäre an die entsprechenden Feststellungen des FG gebunden (§118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung). Sie werden vom FA im Ergebnis auch nicht angegriffen. Das FA ist allerdings der Auffassung, dem FG-Urteil liege der Rechtssatz zugrunde, daß es bei Gesellschafter-Geschäftsführern, die nicht der gesetzlichen Sozialversicherung unterlägen, auf eine "Unverfallbarkeitsfrist (Wartezeit bis zur Unverfallbarkeit der Pensionsansprüche)" nicht ankomme. Demgegenüber habe der Bundesfinanzhof (BFH) sich in den erwähnten Urteilen an den Unverfallbarkeitsfristen in §1 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung -- BetrAVG -- als maßgeblich orientiert.
2. Dies ist in mehrfacher Hinsicht unrichtig.
a) Zum einen hat das FG ausweislich der Urteilsgründe einen entsprechenden Rechtssatz nicht aufgestellt. Es hat vielmehr die Interessen der Klägerin und der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer gegeneinander abgewogen und ist hiernach zu dem Ergebnis gelangt, die Erteilung unmittelbar unverfallbarer Versorgungszusagen sei im Streitfall nicht zu beanstanden. Die Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin könnten an solchen Zusagen ein besonderes Interesse beanspruchen, weil ihnen keine gesetzlichen Versorgungsansprüche zugestanden hätten. Die Interessen der Klägerin seien gewahrt; sie habe das Invaliditätsrisiko auf eine Rückdeckungsversicherung verlagert; überdies sei die anteilige Kürzung der Altersrenten bei vorzeitigem Ausscheiden des jeweiligen Pensionsberechtigten verabredet worden. Dieses Ergebnis ist vertretbar (vgl. auch Senatsurteile vom 15. Oktober 1997 I R 42/97, Deutsches Steuerrecht -- DStR -- 1998, 418, und vom 29. Oktober 1997 I R 52/97, DStR 1998, 487) und als solches vom FA nicht angegriffen worden.
b) Zum anderen hat auch der erkennende Senat in den erwähnten Urteilen die vom FA formulierten Rechtssätze nicht aufgestellt.
In seinem Urteil in BFHE 170, 175, BStBl II 1993, 455 hat er in den gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen zwar einen Anhaltspunkt dafür gesehen, zu welchem Zeitpunkt ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter üblicherweise eine Versorgungszusage erteilen werde. Er hat jedoch nicht den Rechtssatz aufgestellt, daß diese Fristen zwingend eingehalten werden müssen und daß eine zuvor zugesagte Versorgungszusage steuerlich deshalb nicht anerkannt werden könne. Vielmehr muß die getroffene Erwägung im konkreten Zusammenhang mit den weiteren im Urteil gemachten Ausführungen gesehen werden, wonach ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die von ihm vertretene Gesellschaft nicht von Vertragsbeginn an mit langjährigen Rentenverpflichtungen gegenüber einer noch nicht erprobten und nicht einschlägig qualifizierten Geschäftsführerin belasten würde. So verhält es sich bei den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern der Klägerin nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt jedoch gerade nicht.
Das FA ist weiterhin der Auffassung, der erkennende Senat habe in seinen Urteilen in BFHE 176, 413, BStBl II 1995, 419, und in BFHE 180, 272, BStBl II 1997, 440 geäußert, eine Pensionszusage sei nur dann nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, wenn im Hinblick auf die Unverfallbarkeit der Pensionsansprüche eine Wartezeit seit der Zusage von mindestens 10 Jahren bestanden habe. Auch das ist falsch. Der Senat hat in den beiden Entscheidungen lediglich geurteilt, daß die Unverfallbarkeitsfristen in §1 Abs. 1 BetrAVG als Maßstab für die Arbeitszeit heranzuziehen seien, die dem begünstigten Gesellschafter-Geschäftsführer verbleiben muß, um die ihm zugesagte Versorgung erdienen zu können. Es ging -- lediglich -- darum, den ansonsten konturenarmen Begriff des Erdienenszeitraums durch Anleihe im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung zu quantifizieren. Der daraus gezogene Schluß des FA, daß damit "auch die Frage der Unverfallbarkeit", also des Zeitraums bis zum Eintritt der Unverfallbarkeit, beantwortet sei, ist schon deshalb unzulässig, weil §1 Abs. 1 BetrAVG auf Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften keine Anwendung findet (vgl. Höfer, die Besteuerung der betrieblichen Altersversorgung von Kapitalgesellschaftern, 1996, Rz. 24 ff.; Gosch, Finanz-Rundschau 1997, 438, 443, 640). Dementsprechend wurde im Urteil in BFHE 170, 175, BStBl II 1993, 455 auch klar zum Ausdruck gebracht, daß die Orientierung an den Unverfallbarkeitsfristen nur einen "Anhaltspunkt" liefere und daß es möglich sei, in Einzelfällen vertraglich kürzere Zeiträume bis zum Eintritt der Unverfallbarkeit zu vereinbaren.
3. Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde zu Unrecht ein Abweichen von BFH-Urteilen geltend gemacht, so ist die Revision gegebenenfalls dennoch zuzulassen, wenn durch die Behauptung des Abweichens eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, der grundsätzliche Bedeutung zukommt (BFH-Beschluß vom 13. Januar 1987 VII B 128/86, BFHE 148, 436, BStBl II 1987, 220). So liegen die Dinge vorliegend nicht. Die Rechtsfrage, unter welchen -- insbesondere zeitlichen -- Umständen dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH eine unverfallbare Pensionszusage erteilt werden kann, um steuerlich anerkannt zu werden, erweist sich, wie dargestellt, am jeweiligen Einzelfall; sie ist einer allgemeingültigen Beantwortung nicht zugänglich.
Im übrigen ergeht dieser Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 302936 |
BFH/NV 1998, 1530 |