Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermietung von Räumen an pflegebedürftigen Elternteil
Leitsatz (NV)
Es ist nicht zweifelhaft, dass Wohnräume im Haus der Kinder, die keine abgeschlossene Wohnung bilden, nicht mit steuerrechtlicher Wirkung an einen pflegebedürftigen Elternteil vermietet werden können.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, §§ 2, 12
Verfahrensgang
Hessisches FG (Urteil vom 15.01.2007; Aktenzeichen 10 K 3138/05) |
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.
1. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Die als klärungsbedürftig aufgeworfene Rechtsfrage, "ob einem Mietverhältnis mit einem schwerbehinderten und pflegebedürftigen Elternteil, der die Miete und Pflegekräfte aus eigenen Mitteln bezahlt, die steuerliche Anerkennung deswegen zu versagen ist, weil dieser im gleichen Haus wohnt, ohne für ihn aufgrund seiner Behinderung und Gebrechlichkeit nicht nutzbarer, eigener Kochgelegenheit und ohne vollständige Abgeschlossenheit seiner eigenen Wohnung, weil eine solche aufgrund seiner Behinderung und Gebrechlichkeit und deshalb erforderlicher jederzeitiger Zutrittsmöglichkeit für ihn lebensgefährlich ist", bedarf keiner Klärung im Revisionsverfahren.
Diese Frage ist zunächst im Streitfall nicht klärbar: Das Finanzgericht (FG) ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Streitfalles zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ihrem Vater die von ihm genutzten Räume des Hauses im Rahmen einer familiären Haushaltsgemeinschaft überlassen haben. Hierzu hat es nicht allein auf die baulichen Umstände der Abgeschlossenheit und das Vorhandensein einer eigenen Kochgelegenheit abgestellt, sondern hat auch die zwischen den Parteien getroffene Nutzungsvereinbarung, die Verhältnisse bei ihrem Abschluss und die dort getroffenen Regelungen in seine Würdigung einbezogen.
Selbst wenn man die Ausführungen der Kläger dahin verstünde, auf die Fallkonstellation des Zusammenwohnens mit Pflegebedürftigen seien die Rechtsprechungskriterien eines Fremdvergleichs mit der Folge nicht anzuwenden, dass Mietverträge auch dann steuerrechtlich anerkannt werden müssten, wenn sich die Nutzungsüberlassung im Rahmen einer familiären Haushaltsgemeinschaft vollziehe, so bedarf diese Frage keiner Klärung, weil sie bereits aufgrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu verneinen ist. In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass Nutzungsüberlassungen, die sich im Rahmen der familiären Haushaltsgemeinschaft vollziehen, grundsätzlich der nicht steuerbaren Privatsphäre zuzuordnen sind (§ 12 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) und nicht durch schuldrechtliche Verträge in den Bereich der Einkünfteerzielung (§ 2 EStG) verlagert werden können (vgl. BFH-Urteil vom 15. Februar 2005 IX R 16/04, BFH/NV 2005, 1008, und BFH-Beschluss vom 16. Januar 2003 IX B 172/02, BFHE 201, 254, BStBl II 2003, 301). Dies gilt auch bei der Pflege eines Angehörigen im Familienhaushalt (BFH-Urteil vom 14. September 1999 IX R 88/95, BFHE 189, 424, BStBl II 1999, 776). Danach ist nicht zweifelhaft, dass Wohnräume im Haus der Kinder, die keine abgeschlossene Wohnung bilden, nicht mit steuerrechtlicher Wirkung an den pflegebedürftigen Vater vermietet werden können. Dadurch werden Behinderte nicht i.S. von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) benachteiligt; denn die Rechtsprechung behandelt alle familiären Haushaltsgemeinschaften gleich, unerheblich, ob sie durch Eltern und ihre unterhaltsberechtigten Kinder oder durch Kinder und ihre pflegebedürftigen Eltern gebildet werden. Der Steuertatbestand des § 21 EStG will die durch Vermieten gesteigerte steuerliche Leistungsfähigkeit erfassen; er hat nicht die Intention, als Sozialzwecknorm bestimmte Ausgaben im Zusammenhang mit der Pflege zu fördern (vgl. dazu z.B. § 3 Nr. 36, § 33b EStG).
2. Aus den gleichen Erwägungen ist eine Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) nicht erforderlich.
3. Ein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegt nicht vor. Das FG hat nicht unter Verstoß gegen § 96 Abs. 2 FGO für die Kläger überraschend entschieden, wenn es im Hinblick auf deren bisherigen, wechselnden Vortrag zu der Frage, ob sie selbst oder der pflegebedürftige Vater die Pflegekosten getragen haben, erwogen hat, dass man in den Mietüberweisungen auch die Abgeltung von Pflegeaufwendungen sehen kann. Es hat damit ersichtlich und zu Recht die auch im Dauerauftrag zutage tretende Eigenqualifikation der Überweisungen in Frage gestellt.
Fundstellen
Haufe-Index 1779197 |
BFH/NV 2007, 1875 |