Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbleibensvoraussetzungen bei Transportmitteln
Leitsatz (NV)
1. Die Frage, ob ein Transportmittel auch dann den Verbleibensanforderungen i. S. des §2 InvZulG 1991 genügt, wenn -- unabhängig davon, ob es überwiegend innerhalb oder außerhalb des Fördergebietes eingesetzt wird -- an dem Transportmittel ein im Fördergebiet wohnhafter Arbeitnehmer beschäftigt wird, das Fahrzeug seinen regelmäßigen Standort am Ort der Betriebsstätte im Fördergebiet hat und dort zugelassen ist, ist aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des BFH zu regionalen Fördergebietsgesetzen nicht mehr klärungsbedürftig und daher nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
2. Der Zweck des InvZulG 1991 gebietet nicht, entgegen dem Wortlaut des Gesetzes, das Verbleiben eines zulagenbegünstigten Transportmittels im Fördergebiet auch dann noch anzunehmen, wenn das Transportmittel zwar von einem im Fördergebiet ansässigen Arbeitnehmer geführt wird, aber im übrigen überwiegend außerhalb des Fördergebietes zum Einsatz kommt.
Normenkette
InvZulG 1991 § 2
Gründe
Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision, mit der die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, ist unbegründet.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i. S. von §115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), weil die von der Klägerin sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage, ob ein Transportmittel auch dann den Verbleibensanforderungen i. S. von §2 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1991 genügt, wenn -- unabhängig davon, ob es überwiegend innerhalb oder außerhalb des Fördergebietes eingesetzt wird -- an dem Transportmittel ein im Fördergebiet wohnhafter Arbeitnehmer beschäftigt wird, das Fahrzeug seinen regelmäßigen Standort am Ort der Betriebsstätte im Fördergebiet hat und dort polizeilich zugelassen ist, nicht mehr klärungsbedürftig ist. Ihre Beantwortung ergibt sich anhand der zur Auslegung der investitionszulagenrechtlichen Verbleibensanforderungen für Transportmittel bereits ergangenen Rechtsprechung des Senats ohne weiteres aus dem Gesetz (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §115 Anm. 9). Die von der Klägerin in ihrer Beschwerdeschrift vorgetragenen Überlegungen bieten keinen Anlaß, die in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Auslegungskriterien erneut zu überprüfen und ggf. zu ändern.
Nach §2 InvZulG 1991 sind begünstigte Investitionen die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die -- neben weiteren Voraussetzungen -- mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einem Betrieb im Fördergebiet verbleiben. Danach verbleibt ein Wirtschaftsgut i. S. von §2 InvZulG 1991 grundsätzlich nicht im Fördergebiet, wenn es auch nur kurzfristig außerhalb des Fördergebietes zum Einsatz kommt (vgl. Senatsurteil vom 5. Juni 1997 III R 186/94, BFH/NV 1997, 900 zu §19 Abs. 2 des Berlinförderungsgesetzes -- BerlinFG --).
Allerdings hat der Bundesfinanzhof (BFH) bei Transportmitteln in seiner Rechtsprechung wiederholt Ausnahmen von den strengen investitionszulagenrechtlichen Verbleibensregelungen zugelassen. Jedoch wird auch hier an dem Erfordernis der räumlichen Bindung an das Fördergebiet festgehalten und dabei stets über die lediglich funktionelle Bindung an den Stammbetrieb hinaus verlangt, daß das betreffende Fahrzeug überwiegend (an mindestens 183 Tagen im Jahr) und zugleich regelmäßig, d. h. ohne größere zeitliche Unterbrechung, Fahrten innerhalb des Fördergebietes oder wenigstens von und nach dem Fördergebiet ausführt (vgl. BFH-Urteile vom 23. Mai 1990 III R 76/87, BFHE 161, 281, BStBl II 1990, 1013 zu §19 BerlinFG, und vom 15. Mai 1997 III R 264/94, BFH/NV 1997, 898 zu §19 BerlinFG; BFH-Beschluß vom 9. Mai 1996 III B 242/95, BFH/NV 1996, 932 zur Investitionszulagen-Verordnung und zum InvZulG 1991). Die Verbleibensvoraussetzungen für Transportmittel im Verkehr von und nach dem Fördergebiet hat der beschließende Senat zumindest dann nicht mehr als erfüllt angesehen, wenn die Fahrzeuge innerhalb der dreijährigen Verbleibensfrist wenigstens einmal länger als 14 Tage von dem Fördergebiet abwesend waren, ohne daß dies mit ggf. zu berücksichtigenden fahrtbedingten Umständen -- etwa des LKW-Verkehrs -- begründet werden kann (BFH in BFH/NV 1997, 898).
Mit diesen im Wege der Auslegung der Verbleibensvoraussetzungen bei Transportmitteln gezogenen Grenzen will der Senat die rechtlich geforderte räumliche Anbindung der geförderten Transportmittel an das Fördergebiet gewährleisten, ohne aber andererseits die Transportmittel unnötig und dem wirtschaftlichen Förderzweck widersprechend an das Fördergebiet zu fesseln (vgl. BFH in BFH/NV 1997, 898). Damit hat die Rechtsprechung gerade den branchenbedingten Besonderheiten des Transportverkehrs mit LKW Rechnung getragen, um eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der im Fördergebietsverkehr eingesetzten Transportmittel zu ermöglichen.
Die mit früheren regionalen Fördergesetzen, insbesondere dem BerlinFG vergleichbare wirtschaftspolitische Zweckrichtung des InvZulG 1991 bedeutet, daß für die Auslegung dieses Gesetzes die gleichen Grundsätze anzuwenden sind, wie sie auch für die früheren regional begrenzten Fördergesetze gelten (vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 1993 III R 59/92, BFHE 172, 566, BStBl II 1994, 304 zu §2 InvZulG 1991, und BFH-Beschluß in BFH/NV 1996, 932). Der Senat verkennt dabei nicht, daß der Förderzweck des InvZulG 1991 vorrangig dazu dient, in den neuen Bundesländern private Investitionen anzuregen, um dort Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen (vgl. BTDrucks 12/219 und BTDrucks 12/562). Er mißt diesem Förderzweck im Gegenteil große Bedeutung bei.
Der Gesetzgeber des InvZulG 1991 hatte die Schaffung und Sicherung von im Beitrittsgebiet gelegenen, ortsgebundenen Arbeitsplätzen vor Augen. Dieser Vorstellung genügt aber ein überwiegend außerhalb des Beitrittsgebietes eingesetztes Transportmittel -- wie etwa ein LKW -- nicht oder nur bedingt. Bei einer derartigen Nutzung des Fahrzeugs werden -- und das übersieht die Klägerin -- abgesehen ggf. vom Führen des Fahrzeugs alle anderen Verrichtungen (wie insbesondere das Warten, Betanken, Be- und Entladen) -- ebenfalls überwiegend -- von nicht im Beitrittsgebiet ansässigen Arbeitskräften erbracht.
Weiter verkennt die Klägerin, daß es sich bei den von der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung als zulagenunschädlich anerkannten Aufenthalten außerhalb des Fördergebietes ohnehin schon um Ausnahmen von der an sich strengen Regelung im Gesetz handelt.
Schließlich besteht -- entgegen der Ansicht der Klägerin -- die schon in dem Senatsbeschluß in BFH/NV 1996, 932 angesprochene Gefahr der Wettbewerbsverzerrung auch hier. Dieses Argument wurde zwar in erster Linie im Rahmen der Berlinförderung verwendet. Doch hat sich der BFH einer zu großen Lockerung der Verbleibensvoraussetzungen in regionalen Fördergesetzen aus Gründen des Wettbewerbs nicht nur im Rahmen der Berlinförderung widersetzt. Er hat dies z. B. auch bei der sog. Kohleprämie nach §32 des Gesetzes zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlebergbaus und der Steinkohlenbergbaugebiete getan (s. hierzu BFH-Urteil vom 18. Juli 1979 I R 199/75, BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750); dabei hat er sich sogar ausdrücklich darauf bezogen, daß die einschlägige Verbleibvorschrift jener des §1 Abs. 5 Nr. 1 InvZulG (damals 1969) nachgebildet sei (s. Abschn. I., Abs. 3 der Entscheidungsgründe).
Der Zweck des InvZulG 1991 gebietet daher nicht, entgegen dem Wortlaut des Gesetzes, das Verbleiben der zulagenbegünstigten Transportmittel im Fördergebiet auch dann noch anzunehmen, wenn das entsprechende Transportmittel zwar von einem im Fördergebiet ansässigen Arbeitnehmer geführt wird, aber im übrigen überwiegend außerhalb des Fördergebietes zum Einsatz kommt.
Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung, von der einheitlichen Auslegung der insoweit weitgehend inhaltsgleichen Regelungen der Verbleibensanforderungen in den regionalen Fördergebietsgesetzen abzuweichen. Dem besonderen Förderungszweck der regional begrenzten Stärkung der Wirtschaftskraft zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen wird zumal dadurch in erster Linie Rechnung getragen, daß die geförderten Wirtschaftsgüter -- hier Transportmittel -- regelmäßig und überwiegend im Fördergebiet oder zumindest im Fördergebietsverkehr zum Einsatz kommen. Die Klägerin gibt selbst -- im Zusammenhang mit dem von der Finanzverwaltung zugelassenen längerfristigen Einsatz von Baugeräten außerhalb des Fördergebietes (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen, BStBl I 1991, 768 Tz. 49) -- zu bedenken, daß dies möglicherweise bevorzugt zur Einstellung von außerhalb des Fördergebietes ansässigen Arbeitnehmern führen könnte.
Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 26. November 1996 (BGBl I 1996, 1810) ohne Angabe von Gründen.
Fundstellen
Haufe-Index 67577 |
BFH/NV 1998, 1128 |
BBK 1998, 995 |