Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsschutzinteresse für Nichtigkeitsfeststellungsklage
Leitsatz (NV)
1. Zur Zulässigkeit eines an den BFH gerichteten PKH-Antrages.
2. Ein Feststellunginteresse für eine Nichtigkeitsfeststellungsklage besteht nicht mehr, wenn über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes, dessen Nichtigkeit festgestellt werden soll, bereits rechtskräftig und für die Beteiligten bindend entschieden worden ist.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; FGO § 41 Abs. 1, §§ 56, 110 Abs. 1, § 129 Abs. 1, § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 117 Abs. 2
Tatbestand
Der Antragsgegner (das Finanzamt -- FA --) nahm die Antragstellerin als Duldungsschuldnerin für Steuerschulden ihres Ehemannes aus bestandskräftigen Duldungsbescheiden in Anspruch. Wegen dieser Steuerrückstände wurden auf entsprechende Anträge des FA insgesamt vier Sicherungshypotheken auf Grundstücke der Antragstellerin eingetragen. Auf einen weiteren Antrag des FA hin wurde auch die Zwangsverwaltung in eines der Grundstücke der Antragstellerin angeordnet. Mit Urteil vom ... hob das Finanzgericht (FG) die Eintragungsanträge sowie den Antrag des FA auf Anordnung der Zwangsverwaltung auf, weil die Anträge der Antragstellerin nicht bekanntgegeben worden waren. Auf die dagegen gerichtete Revision des FA verwies der Bundesfinanzhof (BFH) die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Das FA stellte nunmehr der Antragstellerin die Eintragungsanträge und den Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung mit Postzustellungsurkunde zu. Die Antragstellerin legte daraufhin am 8. August 1991 gegen die Eintragungsanträge und den Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung erneut Beschwerde ein. Das FG wies mit Urteil ... die Klage gegen die Beschwerdeentscheidung als unbegründet zurück, weil der Mangel der Zustellung durch die im zweiten Rechtsgang an die Antragstellerin erfolgte Zustellung der Anträge geheilt worden sei. Einen Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) zur Durchführung einer beabsichtigten Revision bzw. Nichtzulassungsbeschwerde gegen das o. g. Urteil ... wies der BFH als unbegründet zurück.
... erteilte das FA der Antragstellerin eine löschungsfähige Quittung über die streitigen Sicherungshypotheken, weil die den Eintragungen zugrundeliegenden Forderungen des FA zwischenzeitlich erloschen waren. Gleichzeitig beantragte das FA die Aufhebung der Zwangsverwaltung über das Grundstück der Antragstellerin; daraufhin wurde auch dieses Verfahren vom Amtsgericht aufgehoben.
Am ... beantragte die Antragstellerin beim FG die Gewährung von PKH für eine von ihr beabsichtigte Feststellungsklage. Mit der Feststellungsklage möchte die Antragstellerin erreichen, daß die Rechtswidrigkeit der Eintragungsanträge des FA bezüglich der streitigen Sicherungshypotheken festgestellt wird, um anschließend eine Schadensersatzklage nach § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gegen das FA möglich zu machen.
Das FG hat den Antrag wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht der Feststellungsklage als unbegründet zurückgewiesen. Ein Feststellungsbegehren sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zulässig. Einer Feststellungsklage nach § 41 der Finanzgerichtsordnung (FGOP) stehe deren Subsidiarität gegenüber der Verpflichtungs- und Anfechtungsklage entgegen (§ 41 Abs. 2 FGO). Auch die Voraussetzungen für eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO seien nicht erfüllt.
Die Antragstellerin beabsichtigt, gegen diese Entscheidung des FG Beschwerde einzulegen und beantragt dafür die Gewährung von PKH unter Vorlage der nach § 142 FGO i. V. m. § 117 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung (ZPO) vorgeschriebenen Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf PKH ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, daß die Antragstellerin sich nicht durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer hat vertreten lassen. Für den beim BFH als Prozeßgericht zu stellenden Antrag auf PKH besteht kein Vertretungszwang nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs -- BFHEntlG -- (vgl. Senatsbeschluß vom 24. 3. 1992 VII S 52/91, BFH/NV 1993, 118).
2. Der PKH-Antrag ist auch nicht bereits deshalb abzulehnen, weil die nach § 128 Abs. 1 FGO gegebene Beschwerde, auf die er sich bezieht, nicht mehr fristgerecht unter Wahrung des für ihre Einlegung vorgeschriebenen Vertretungszwangs gemäß Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG eingelegt werden könnte. Da die Antragstellerin innerhalb der Beschwerdefrist (§ 129 Abs. 1 FGO) bei dem Prozeßgericht den Antrag auf PKH gestellt und die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 117 Abs. 2 ZPO) vorgelegt hat, müßte ihr, wenn der PKH-Antrag Erfolg hätte, wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) zum Zwecke der Einlegung der Beschwerde durch einen Rechtsanwalt oder einen anderen nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG befugten Vertreter gewährt werden (vgl. Senatsbeschluß in BFH/NV 1993, 118).
3. Dem Antrag auf Bewilligung von PKH kann aber dennoch nicht stattgegeben werden. Der Senat ist nach der im PKH-Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung zu dem Ergebnis gelangt, daß die beabsichtigte Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der Vorinstanz keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, weil das FG den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von PKH für die von der Antragstellerin beabsichtigte Feststellungsklage zu Recht abgelehnt hat.
Das FG hat zutreffend ausgeführt, daß PKH für die von der Antragstellerin beabsichtigte Feststellungklage nur dann gewährt werden kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 FGO i. V. m. § 114 ZPO). Diese Voraussetzung ist, wie das FG -- im Ergebnis -- ebenfalls zutreffend erkannt hat, nicht erfüllt. Denn die Antragstellerin kann ihr mit der beabsichtigten Feststellungsklage verfolgtes Ziel, die Rechtswidrigkeit der Eintragungsanträge des FA für die Sicherungshypotheken feststellen zu lassen, nicht erreichen. Diesem Ziel steht schon das nicht mehr anfechtbare und damit rechtskräftige Urteil des FG entgegen, mit dem das FG u. a. über die Rechtmäßigkeit der Eintragungsanträge entschieden hat. Die Feststellungsklage ist nach § 41 Abs. 1 FGO nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse an der Feststellung besteht (Rechtsschutzinteresse). Dieses ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn -- wie im vorliegenden Fall -- über die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsakte (hier Eintragungsanträge des FA), deren Rechtswidrigkeit (Nichtigkeit) festgestellt werden soll, bereits rechtskräftig und die Beteiligten gemäß § 110 Abs. 1 FGO bindend entschieden worden ist. Es bedarf daher keines Eingehens auf die einzelnen Rügen, die die Antragstellerin mit der beabsichtigten Feststellungsklage in bezug auf das o. a. rechtskräftige Urteil des FG und erneut bezüglich der Rechtmäßigkeit der Eintragungsanträge geltend machen möchte.
Fundstellen