Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Streitverkündung im Steuerprozeß
Leitsatz (NV)
Die FGO kennt nicht die Streitverkündung durch eine Partei. Sie läßt nur die vom FG vorzunehmende Beiladung zu. Für eine Zustellung von Schriftsätzen auf Grund einer Streitverkündung ist kein Raum.
Normenkette
FGO § 57 Nr. 3, §§ 59-60, 122 Abs. 1, § 123 S. 1, § 155; ZPO §§ 59-63, 72-74
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erklärte mit Schriftsätzen vom . . . die Streitverkündung an Z mit der Aufforderung, jeweils dem Rechtsstreit auf seiten der Revisionsklägerin beizutreten. Der Bundesfinanzhof (BFH) wurde gebeten, die Streitverkündungsschriften dem Anwalt des Streitverkündeten alsbald zuzustellen. Der Senatsvorsitzende wies die Klägerin darauf hin, daß die Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht die Streitverkündung, sondern nur die Beiladung kenne, eine Beiladung aber im Revisionsverfahren nicht zulässig sei (§§ 60, 123 Satz 1 FGO), so daß eine Zustellung der Streitverkündungsschriften an eine nicht am Revisionsverfahren beteiligte Person nicht in Betracht kommen könne.
Mit Schriftsätzen vom . . . erklärte die Klägerin, daß es ihr nicht darum gehe, die Rechtsfolgen der Beiladung i. S. des § 60 FGO, sondern die Wirkungen der Streitverkündung (§ 59 FGO i.V.m. §§ 59 bis 63 der Zivilprozeßordnung - ZPO - herbeizuführen. Durch die Weigerung, die Streitverkündungs- und Revisionsbegründungsschriften an den Streitverkündeten zuzustellen, könnten der Klägerin nicht wiedergutzumachende Schäden entstehen. Es werde daher gebeten, die Schriftsätze umgehend zuzustellen oder eine rechtsmittelfähige Entscheidung des Senats über die Streitverkündung herbeizuführen.
Die Anträge der Klägerin auf Zulassung der Streitverkündung und Zustellung der Streitverkündungsschriftsätze bilden den Gegenstand eines Zwischenstreits, über den der Senat durch Beschluß zu entscheiden hat (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 97 Anm. 1 B).
Entscheidungsgründe
Die Anträge sind unzulässig.
Die FGO sieht eine Streitverkündung nicht vor. Für eine - entsprechende - Anwendung der auf die unbeschränkte Verfügung der Parteien über den Streitgegenstand zugeschnittenen Vorschriften der ZPO über die Streitverkündung (§§ 72 bis 74 ZPO, auf die weder in § 59 noch in einer anderen Vorschrift der FGO verwiesen ist), ist angesichts der besonderen - weitgespannten - Regelung der Beiladung in § 60 FGO kein Raum (BFH- Urteil vom 20. Februar 1970 III R 75/66, BFHE 98, 553, BStBl II 1970, 484; vgl. auch Urteil vom 18. September 1974 II R 129/73, BFHE 113, 350, BStBl II 1975, 40). Dem entspricht die einhellige Ansicht in der Kommentarliteratur (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 59 FGO Anm. 1; Gräber, a.a.O., § 59 Anm. 1; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 59 FGO Anm. 1; Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 60 FGO Anm. 1). Die Zulässigkeit der Streitverkündung im finanzgerichtlichen Verfahren kann deshalb auch nicht mit der allgemeinen Verweisungsvorschrift des § 155 FGO begründet werden. Die ZPO ist nur insoweit sinngemäß anzuwenden, als die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen.
Die von der Klägerin als Streitverkündeter benannte Person ist an den beiden vorliegenden Revisionsverfahren nicht beteiligt, da sie vom Finanzgericht im Klageverfahren nicht beigeladen worden ist (§§ 57, 122 Abs. 1 FGO). Im Revisionsverfahren sind Beiladungen unzulässig (§ 123 Satz 1 FGO). Für eine Zustellung von Schriftsätzen an eine am Revisionsverfahren nicht beteiligte Person ist kein Raum.
Fundstellen
Haufe-Index 414404 |
BFH/NV 1986, 476 |