Entscheidungsstichwort (Thema)
Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes durch anwaltliche Versicherung
Leitsatz (NV)
Die anwaltliche Versicherung der Richtigkeit seines Vortrags genügt zur Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes dann nicht, wenn der Wiedereinsetzungantrag mit der fristgerechten Absendung eines beim Empfänger nicht angekommenen Schriftstücks begründet wird.
Normenkette
FGO § 56
Gründe
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einem Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage durch Prozeßurteil abgewiesen, weil die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Frist zur Erhebung der Klage (§ 47 FGO) nicht eingehalten haben. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO war den Klägern nicht zu gewähren. Wird der Wiedereinsetzungsantrag -- wie im Streitfall -- mit der fristgerechten Absendung des beim Empfänger nicht eingegangenen Schriftstücks begründet, ist im einzelnen darzulegen, wann, von wem und in welcher Weise es zur Post gegeben wurde. Der Vortrag ist durch präsente Beweismittel glaubhaft zu machen (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 9. März 1993 VI R 60/90, BFH/NV 1993, 616; vom 26. November 1993 VIII R 53/93, BFH/NV 1994, 645, und vom 10. März 1994 IX R 43/90, BFH/NV 1994, 813, jeweils m. w. N.).
Die von dem ehemaligen Prozeßbevollmächtigten der Kläger abgegebene Versicherung der Richtigkeit seines Vortrags kann im Streitfall zur Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Absendung der Klageschrift nicht genügen. Zwar kann eine solche Versicherung an sich ein zur Glaubhaftmachung eines Sachverhalts geeignetes Mittel sein (vgl. dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 55. Aufl., § 236 Rdnr. 7). Doch gilt das uneingeschränkt nur für Vorgänge, zu deren Nachweis -- wie etwa hinsichtlich der Zeit und des Ortes der Aufgabe des Schriftstücks zur Post -- außer der eigenen Er klärung des Antragstellers oder dritter Personen keine weiteren Mittel der Glaubhaftmachung zur Verfügung stehen. In den übrigen Fällen muß dargelegt werden, weshalb objektive Beweismittel nicht vorgelegt werden können (vgl. dazu Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Februar 1976 2 BvR 849/75, BVerfGE 41, 332, 339, 340).
Wird geltend gemacht, daß ein fristwahrender Schriftsatz nach Aufgabe zur Post verlorengegangen sei, dann gehört zu den in Betracht kommenden objektiven Beweismitteln insbesondere die Eintragung einer Frist in ein Fristenkontrollbuch, das Festhalten der Absendung des Schriftstücks in einem Postausgangsbuch und die Löschung der Frist auf der Grundlage der Eintragung im Postausgangsbuch (vgl. dazu z. B. BFH- Urteile vom 7. Dezember 1988 X R 80/87, BFHE 155, 275, BStBl II 1989, 266; vom 13. Oktober 1993 X R 112/92, BFH/NV 1994, 328; Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 26. September 1994 II ZB 9/94, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1995, 423). Werden diese Urkunden dem Gericht nicht als präsente Beweismittel vorgelegt, fehlt es regelmäßig an der erforderlichen Glaubhaftmachung (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27. März 1986 I R 189/85, nicht veröffentlicht; in BFH/NV 1993, 616, und in BFH/NV 1994, 813). Im Streitfall konnten derartige Beweismittel nicht vorgelegt werden. Nach eigenem Bekunden des ehemaligen Prozeßbevollmächtigten der Kläger gibt es keine weiteren Nachweise für die Versendung der Klageschrift. Den Organisationsmangel infolge unzureichender Postausgangskontrolle ihres ehemaligen Prozeßbevollmächtigten müssen sich die Kläger als eigenes Verschulden zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung, § 155 FGO; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 56 Anm. 6).
Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 26. November 1996 (BGBl I 1996, 1810) ohne Angabe weiterer Gründe.
Fundstellen
Haufe-Index 422090 |
BFH/NV 1997, 674 |