Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung von grundsätzlicher Bedeutung und Verfahrensmängeln
Leitsatz (NV)
- Mit Kritik an der Sachverhaltswürdigung durch das FG wird auch dann keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt, wenn diese Kritik in die Gestalt allgemein formulierter Fragen gekleidet ist.
- Mängel einer Ladung zur mündlichen Verhandlung können nicht mehr erfolgreich mit der NZB gerügt werden, wenn der Beschwerdeführer im Termin ordnungsgemäß vertreten war und zur Sache verhandelt hat.
- Eine fehlerhafte Beweiswürdigung begründet keinen Verfahrensmangel i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Angemessenheit von Gehältern, die die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlt hat.
Die Klägerin, eine GmbH, betreibt den An- und Verkauf sowie die Planung, Installation und Reparatur von Kälte- und Klimaanlagen. Ihr Stammkapital wurde zu jeweils 50 v.H. von F und G gehalten, die zugleich Geschäftsführer der Klägerin waren.
Die vertragsgemäße tägliche Arbeitszeit von F und G betrug mindestens acht Stunden. Anfallende Arbeiten waren auch an Wochenenden und zur Nachtzeit zu erledigen. F und G erhielten in den Streitjahren (1992 bis 1994) vierzehn Monatsgehälter von je 22 000 DM sowie Tantiemen in Höhe von jeweils 20 v.H. des Reingewinns; außerdem waren ihnen Versorgungszusagen erteilt worden. Ihre Gesamtausstattung belief sich nach den Berechnungen des Finanzgerichts (FG) auf jeweils mehr als 300 000 DM jährlich.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) hielt demgegenüber nur Gehälter in Höhe von 223 400 DM je Geschäftsführer für angemessen und qualifizierte die übersteigenden Beträge als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA). Auf dieser Basis erließ er Steuerbescheide, die die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der Klage angriff. Das FG wies die Klage ab und ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel geltend. Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat Gründe für eine Zulassung der Revision nicht in der gebotenen Form vorgebracht.
1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil u.a. dann zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder das Urteil auf einem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht (Nr. 3). Wird auf einen dieser Gründe eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so muss in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung dargelegt bzw. der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Geschieht dies nicht, so ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig.
2. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn im konkreten Fall eine Rechtsfrage geklärt werden kann (Klärungsfähigkeit), die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf (Klärungsbedürftigkeit). Zu beiden Punkten müssen deshalb im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde Ausführungen gemacht werden (Senatsbeschlüsse vom 27. September 1999 I B 49/98, BFH/NV 2000, 452; vom 22. Dezember 1999 I B 46/99, BFH/NV 2000, 955, m.w.N.). Das ist im Streitfall nicht geschehen. Die Klägerin hat sich vielmehr darauf beschränkt, ihre Kritik an der Würdigung des Sachverhalts durch das FG in die Gestalt allgemein formulierter Fragen zu kleiden, was nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht ausreicht (BFH-Beschlüsse vom 4. Februar 2000 VIII B 65/98, BFH/NV 2000, 600; vom 21. März 2000 V B 169/99, BFH/NV 2000, 1346).
Abgesehen davon geht die Mehrzahl dieser Fragen von Vorgaben aus, die durch die Feststellungen und die Beweiswürdigung des FG nicht gedeckt sind und die deshalb in einem Revisionsverfahren nicht zugrunde gelegt werden könnten. Das gilt z.B. für die Annahme, dass die vom FG als angemessen angesehenen Geschäftsführerbezüge geringer seien als die fremdüblichen Gehälter vergleichbarer Angestellter (Fragen 1 und 2); hierzu hat das FG im Rahmen seiner Beweiswürdigung das Gegenteil ausgeführt (S. 12 und S. 16 des Urteils). Ähnliches gilt für die Prämisse der Klägerin, dass sie "in einem Streitjahr ausnahmsweise" einen Verlust erzielt habe (Frage 3); auch diese Angabe widerspricht den Feststellungen des FG (S. 4 des Urteils). Vor diesem Hintergrund hätte nicht nur die Klärungsbedürftigkeit, sondern auch die Klärungsfähigkeit der bezeichneten Fragen einer näheren Erläuterung bedurft. Zu beiden Punkten enthält die Beschwerdeschrift indessen keine Ausführungen, weshalb die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO "dargelegt" worden ist.
3. Ein Verfahrensmangel ist nur dann i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO "bezeichnet", wenn sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ein solcher Mangel schlüssig ergibt (BFH-Beschluss vom 25. August 1999 X B 30/99, BFH/NV 2000, 439; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 115 Rz. 65). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt:
a) Soweit die Klägerin Mängel der Ladung zur mündlichen Verhandlung und eine unzureichende Terminsvorbereitung durch das FG rügt, kann sich hieraus ein Verfahrensmangel schon deshalb nicht ergeben, weil die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß vertreten war und zur Sache verhandelt hat. Damit hat sie ein etwa bestehendes Rügerecht verloren (BFH-Beschluss vom 22. Juni 1999 X B 25/99, BFH/NV 1999, 1612). Die Beschwerdeschrift enthält keine Ausführungen dazu, weshalb dieser Grundsatz im Streitfall nicht gelten sollte.
b) Dass das FG bei der Ermittlung des angemessenen Gehalts zu einem anderen Ergebnis gekommen ist als das von der Klägerin vorgelegte Gutachten, kann keinen Verfahrensmangel darstellen. Denn dieser Vorgang ist Bestandteil der Beweiswürdigung, die aus revisionsrechtlicher Sicht dem materiellen Recht zuzuordnen ist (BFH in BFH/NV 1999, 1612; BFH-Beschluss vom 26. Juni 2000 III B 19/00, BFH/NV 2001, 48; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28, m.w.N.). Deshalb hat die Klägerin auch in diesem Punkt einen Verfahrensmangel nicht schlüssig dargelegt.
c) Die Kritik der Klägerin am Ablauf der mündlichen Verhandlung vor dem FG ist ebenfalls nicht geeignet, einen Verfahrensmangel als möglich erscheinen zu lassen. Insbesondere hat die Klägerin keine Umstände dargelegt, aus denen sich ergibt, dass das FG Teile ihres Vorbringens nicht zur Kenntnis genommen und ihr insoweit das rechtliche Gehör verweigert hätte. In dem angefochtenen Urteil ist das erstinstanzliche Vorbringen der Klägerin zur Rechtswidrigkeit der Steuerbescheide ausführlich wiedergegeben; irgendeinen zusätzlichen Vortrag, der hierbei unberücksichtigt geblieben sein könnte, hat die Klägerin nicht benannt. Erst recht fehlen jegliche Angaben dazu, weshalb bei Berücksichtigung eines solchen Vortrags die Entscheidung des FG möglicherweise anders ausgefallen wäre. Das wäre zur schlüssigen Rüge eines Verfahrensmangels ebenfalls erforderlich gewesen (BFH-Beschluss vom 17. Januar 2000 VII B 282/99, BFH/NV 2000, 857). Auf weitere Ausführungen zu diesem Punkt wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO verzichtet.
Fundstellen