Entscheidungsstichwort (Thema)
Urteilsberichtigung wegen ähnlicher offenbarer Unrichtigkeit
Leitsatz (NV)
Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Sinne des §107 FGO sind nur Erklärungsmängel. Die Berichtigung nach §107 FGO kann nur dazu führen, daß Übereinstimmungen des erkennbar gewollten Inhalts der Aussage des Gerichts mit dem erklärten Text des Gerichts hergestellt wird; die Möglichkeit eines Rechtsirrtums schließt die Berichtigung nach §107 FGO aus.
Normenkette
FGO § 107
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb in den Streitjahren ein Mietwagenunternehmen. Nach einer Steuerfahndungsprüfung kam es zu Meinungsverschiedenheiten über die Höhe der Betriebseinnahmen und -ausgaben. Mit der Klage begehrten die Kläger die Anerkennung weiterer Betriebsausgaben. Das Finanzgericht (FG) gab dem Begehren der Kläger teilweise statt. Bei der Berechnung der Fahrerstunden ging es davon aus, daß der Kläger werktäglich (nur) 8 Stunden selbst gefahren sei. Dadurch erhöhe sich die Zahl der bezahlten Fahrerstunden. Bereits in dem Termin von Anfang September 1996 hatte die Berichterstatterin vorgeschlagen, davon auszugehen, daß der Kläger täglich (mit Ausnahme der Sonntage) 8 Stunden im Auto verbracht und 2 Stunden für weitere Arbeiten aufgewendet habe; insgesamt sei von einer 10-stündigen Arbeitszeit auszugehen. In seiner Berechnung vom ... Januar 1997, der sich das FG für seine Berechnung und Tenorierung angeschlossen hatte, legte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) weiterhin 10 Fahrstunden des Klägers zugrunde.
Mit Schriftsatz vom ... Mai 1997 haben die Kläger die falsche Berechnung gerügt. Das FG wies mit Beschluß vom ... August 1997 den Antrag auf Berichtigung des Urteils zurück. Ein nach §107 der Finanzgerichtsordnung (FGO) berichtigungsfähiger Fehler liege nur dann vor, wenn er auf der Hand liege. Davon könne im Streitfall nicht ausgegangen werden, da nicht eindeutig feststehe, daß der Erklärungswille des Gerichts tatsächlich auf den Ansatz von 8 Fahrstunden des Klägers gerichtet gewesen sei.
Mit der Beschwerde machen die Kläger geltend, daß nach der Begründung des Beschlusses vom ... August 1997 die Möglichkeit eines Fehlers in der Willensbildung ausscheide. Es liege nur ein Versehen des Gerichts vor; das Gericht sei stets von 8 Fahrstunden des Klägers ausgegangen.
Die Kläger beantragen, das Urteil vom ... März 1997 dahingehend zu berichtigen, daß ausgehend von 20 Fahrstunden für das Minicar unter Berücksichtigung von 8 Fahrstunden des Klägers rechnerisch zutreffend 12 Fremdfahrerstunden angesetzt werden.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Bei dem Ansatz der Fremdfahrerlöhne handele es sich nicht um einen reinen Rechen- oder Übertragungsfehler. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß der Erklärungswille des Gerichts tatsächlich auf den Ansatz von 10 Fahrstunden gerichtet gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist begründet.
Gemäß §107 Abs. 1 FGO sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit vom Gericht zu berichtigen. Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Sinne dieser Vorschrift sind nur Erklärungsmängel. Die Berichtigung nach §107 FGO kann nur dazu führen, daß Übereinstimmung des erkennbar gewollten Inhalts der Aussage des Gerichts mit dem erklärten Text hergestellt wird; die Möglichkeit eines Rechtsirrtums schließt die Berichtigung nach §107 FGO aus (Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 9. Juli 1997 V B 6/97, BFH/NV 1998, 46).
Im Streitfall ist das dem FG unterlaufene Versehen als eine solche offenbare Unrichtigkeit zu beurteilen. In den Entscheidungsgründen des Urteils gibt das FG eindeutig zu verstehen, daß es bei der Berechnung des Lohnaufwandes von 8 werktäglichen Fahrstunden des Klägers ausgehen wollte. Das FG hat in dem Beschluß vom ... August 1997 selbst eingeräumt, daß in dem Urteil der Erklärungswille, von jeweils 8 Fahrstunden des Klägers auszugehen, zum Ausdruck komme, daß andererseits der Berechnung des FA 10 Fahrstunden zugrunde lägen. Dem widersprechen zwar die Ausführungen zum Schluß des Beschlusses, es stehe nicht eindeutig fest, daß der Erklärungswille auf 8 Fahrstunden gerichtet gewesen sei, weil möglicherweise auch eine andere Schätzung vertretbar gewesen wäre. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich jedoch eindeutig die Vorstellung des FG, daß der Kläger selbst werktäglich nur 8 Stunden gefahren sei. Da diese Aussage für irgendwelche Interpretationen keinen Raum läßt, kann ausgeschlossen werden, daß der Ansatz von 10 Fahrstunden als Berechnungsgrundlage auf einem Rechtsirrtum des FG beruhen kann. Die -- vom FA übernommene -- Berechnung ist daher als offenbare Unrichtigkeit zu qualifizieren und zu berichtigen.
Fundstellen
Haufe-Index 302926 |
BFH/NV 1999, 46 |