Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel
Leitsatz (NV)
Trotz Überschreitens des zeitlichen Abstands zwischen Erwerb bzw. Errichtung und Veräußerung von fünf Jahren kann ein Grundstück zum notwendigen Betriebsvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels gehören, wenn es von vornherein zur Veräußerung bestimmt war.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 12.10.2004; Aktenzeichen 6 K 7174/00 E) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der in der Beschwerdebegründung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachte Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegt nicht vor. Eine Divergenz im Sinne der genannten Vorschrift ist dann gegeben, wenn das Finanzgericht (FG) in der angefochtenen Entscheidung im Grundsätzlichen von einem tragenden Rechtssatz der Divergenzentscheidung abgewichen ist. Eine Abweichung liegt hingegen nicht vor, wenn das FG erkennbar von den Rechtsgrundsätzen der Divergenzentscheidung ausgeht, diese aber fehlerhaft auf die Besonderheiten des Streitfalls anwendet (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 54 f., m.w.N.).
a) Die Kläger machen geltend, das angefochtene Urteil weiche von den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. Mai 2004 XI R 7/02 (BFHE 206, 141, BStBl II 2004, 738) ab. Danach seien Immobilienobjekte, die erst nach Ablauf von mehr als fünf Jahren nach ihrem Erwerb oder ihrer Errichtung veräußert werden, regelmäßig nicht notwendiges Betriebsvermögen eines bereits bestehenden gewerblichen Grundstückshandels. Demgegenüber sei das FG in Anlehnung an das BFH-Urteil vom 12. Dezember 2002 III R 20/01 (BFHE 200, 388, BStBl II 2003, 297) davon ausgegangen, im Falle der Veräußerung eines Grundstücks durch einen gewerblichen Grundstückshändler sei in der Regel davon auszugehen, dass das Grundstück dem gewerblichen Betriebsvermögen zuzuordnen sei, sofern nicht der Grundstückserwerb eindeutig privat veranlasst war.
b) Der BFH hat im Urteil in BFHE 206, 141, BStBl II 2004, 738 betont, dass der zeitliche Rahmen von fünf Jahren zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf von mindestens vier Objekten den Schluss auf das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels zulässt. Dieser zeitliche Rahmen ist regelmäßig auch für den Umfang eines gewerblichen Grundstückshandels maßgebend. Im Falle einer lediglich bedingten Veräußerungsabsicht sind daher grundsätzlich nur diejenigen Grundstücksgeschäfte als gewerblich anzusehen, die in einem solchen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den anderen Grundstücksgeschäften stehen, dass auf einen einheitlichen Betätigungswillen geschlossen werden kann. Trotz Überschreitens des zeitlichen Abstands zwischen Erwerb bzw. Errichtung und Veräußerung von fünf Jahren kann ein Grundstück aber dann zum notwendigen Betriebsvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels gehören, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls darauf geschlossen werden kann, dass das Grundstück von vornherein zur Veräußerung bestimmt war. In diesem Fall erstreckt sich der einheitliche (gewerbliche) Betätigungswille auch auf dieses Grundstück. Solche besonderen Umstände können u.a. gegeben sein, wenn der Steuerpflichtige einen branchennahen Hauptberuf ausübt (Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2001 X B 91/01, BFH/NV 2002, 775) oder fortlaufend Grundstücksan- und ‐verkäufe getätigt werden (BFH-Urteil vom 14. November 1995 VIII R 16/93, BFH/NV 1996, 466). In dem zuletzt genannten Fall können auch Grundstücke einzubeziehen sein, die der Steuerpflichtige länger als zehn Jahre in seinem Eigentum hat (Senatsurteil vom 17. Februar 1993 X R 108/90, BFH/NV 1994, 84).
Von diesen Grundsätzen ist das FG ausgegangen. Es hat seine Annahme, dass die in Frage stehenden Grundstücke notwendiges Betriebsvermögen eines wegen Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze entstandenen gewerblichen Grundstückshandels gewesen seien, in erster Linie mit den im Streitfall gegebenen besonderen Umständen begründet. Es hat darauf abgehoben, dass der Kläger, der als Architekt über eine besondere Branchenkunde verfügte, in der Zeit von 1979 bis 1993 13 Grundstücksverkäufe getätigt hat, die sich auf ein zusammenhängendes Baugebiet bezogen haben. Auch nach dem Erwerb eines der vorliegend zu beurteilenden Grundstücke im Jahr 1981 (Parzelle … "A") hat der Kläger über mehrere Jahre hinweg fortlaufend Grundstücke in dem genannten Baugebiet veräußert. Gleiches gilt hinsichtlich des im Jahr 1988 über einen verdeckten Treuhänder erworbenen anderen Grundstücks (ursprünglich aus Parzelle … "B"). Hierbei hat das FG auch berücksichtigt, dass die genannten Grundstücke im Erwerbszeitpunkt zwar nicht Bestandteil des durch die Klägerverkäufe entstandenen Wohnbaugebiets waren, aber an dieses unmittelbar angrenzten. Hieraus hat das FG geschlossen, dass der Kläger die Grundstücke als Bauerwartungsland für seinen gewerblichen Betrieb erworben hat. Unter Berücksichtigung dieser vom FG festgestellten Umstände wird deutlich, dass der Hinweis des FG auf das BFH-Urteil in BFHE 200, 388, BStBl II 2003, 297 nicht in dem Sinne zu verstehen ist, dass Grundstücke, die im Eigentum eines gewerblichen Grundstückshändlers stehen, stets notwendiges Betriebsvermögen darstellen. Das FG bringt lediglich zum Ausdruck, dass angesichts der von ihm festgestellten besonderen Umstände, aus denen es auf eine von Anfang an gegebene (bedingte) Veräußerungsabsicht geschlossen hat, eine Zuordnung der Grundstücke zum Privatvermögen nur dann zu erfolgen hat, wenn eine private Verwendung der Grundstücke durch eindeutige Tatsachen belegt werden kann. Solche Tatsachen hat das FG nicht feststellen können.
Ausgehend von der Feststellung, dass der Kläger die hier fraglichen Parzellen als Bauerwartungsland für seinen gewerblichen Betrieb erworben hat, die somit zu seinem Betriebsvermögen gehörten, konnte das FG rechtsfehlerfrei entscheiden, dass der gewerbliche Grundstückshandel "mit dem Verkauf des letzten Objekts oder durch die endgültige Einstellung der Verkaufstätigkeit beendet" wurde. Insofern kommt es nicht auf die Merkmale an, mit denen die Rechtsprechung des BFH die Vermögensverwaltung vom gewerblichen Grundstückshandel abgrenzt, also etwa darauf, ob zwischen Erwerb bzw. Bebauung und Veräußerung ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht. Diese Kriterien sind vielmehr nur dann als Indizien heranzuziehen, wenn Zweifel daran bestehen, ob ein Grundstück zu einem Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen gehört (vgl. BFH-Urteile vom 6. Oktober 1977 IV R 176/74, BFHE 123, 470, BStBl II 1978, 54; vom 28. September 1995 IV R 39/94, BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276). Letztere Entscheidung, der sich der erkennende Senat anschließt, führt aus, dass ein Unternehmen, das seine werbende gewerbliche Tätigkeit vorübergehend einstellt, seinen Betrieb ruhen lässt; diese Betriebsunterbrechung, die je nach Sachlage auch 14 Jahre währen kann, dauert fort, solange der Steuerpflichtige dem Finanzamt gegenüber nicht erklärt, seinen Betrieb aufzugeben (vgl. auch BFH-Urteil vom 20. Juni 2000 VIII R 18/99, BFH/NV 2001, 31).
Die Feststellung der besonderen Umstände, die hinsichtlich der in Frage stehenden Grundstücke den Rückschluss auf eine von Anfang an bestehende (bedingte) Veräußerungsabsicht zulassen, ist das Ergebnis einer tatrichterlichen Würdigung, die mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für den Senat bindend ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1401885 |
BFH/NV 2005, 1794 |