Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme der Revision durch vollmachtslosen Prozeßvertreter
Leitsatz (NV)
1. Auch ein vollmachtsloser Prozeßvertreter kann eine Revision wirksam zurücknehmen.
2. Bei der Entscheidung, ob der Prozeßvertreter bei Einlegung der Revision ohne Vollmacht handelte, können gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO auch Erklärungen des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen sein, die dieser während des Revisionsverfahrens beim FA zur Niederschrift abgegeben hat.
Normenkette
FGO §§ 125, 121 Abs. 1 S. 1, § 96 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Vor dem Finanzgericht (FG) hatte sich der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater B durch eine umfassende Generalvollmacht als Prozeßbevollmächtigter des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) ausgewiesen. Aus der Vollmachtsurkunde selbst ergibt sich kein Bezug zu dem für das Streitjahr (1984) geführten Verfahren; sie ist vom Kläger ohne Datumsangabe unterschrieben.
Das FG wies die Klage mit Urteil vom 25. August 1995 als unbegründet ab und erlegte dem Kläger die Verfahrenskosten auf.
Gegen dieses Urteil legte B namens des Klägers Revision ein, die er jedoch mit Schriftsatz vom 15. August 1996 wieder zurücknahm.
Mit Schreiben vom 3. September 1996 übersandte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) dem Senat Kopien einer an Amtsstelle aufgenommenen Niederschrift vom 27. August 1996, wonach der Kläger seit dem Jahre 1989 nicht mehr von B vertreten wird. Das FA teilte in seinem Schreiben außerdem mit, der Kläger habe ergänzend zur Niederschrift vorgetragen, daß er seinen ehemaligen Bevollmächtigten (B) bereits 1989 vom Entzug der Vollmacht unterrichtet habe.
Die Geschäftsstelle des Senats übersandte B auf richterliche Anordnung am 13. September 1996 Abdrucke des o. g. Schreibens des FA und der von diesem aufgenommenen Niederschrift mit der Bitte um Stellungnahme bis zum 15. Oktober 1996. B hat diesen Brief nicht beantwortet.
Entscheidungsgründe
1. Das Revisionsverfahren ist einzustellen, da B das Rechtsmittel -- auch als vollmachtsloser Vertreter (s. dazu unten Nr. 2) -- wirksam zurückgenommen hat (s. hierzu z. B. Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 62 Anm. 66, mit weiteren Hinweisen). Der Senat trifft diese Feststellung durch förmlichen Beschluß, da er über die Kostentragung und die Streitwertfestsetzung ohnedies durch Beschluß zu entscheiden hat (vgl. z. B. Senatsbeschluß vom 17. Juli 1991 III R 226/90, BFH/NV 1991, 833, für den Fall der Entscheidung über die Kostentragung).
2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat B zu tragen. Er hat das Rechtsmittel eingelegt, ohne dazu bevollmächtigt gewesen zu sein. Der Kläger hat gegenüber dem FA erklärt, er habe B die seinerzeit erteilte Vollmacht bereits im Jahre 1989 (wieder) ent zogen. Das FA hat diesen Sachverhalt dem Senat zu den Gerichtsakten mitgeteilt. B hat sich zu dem Vorbringen des Klägers trotz Aufforderung nicht geäußert.
Der Senat ist aufgrund dieser Umstände der Überzeugung, daß B bei Einlegung der Revision ohne Vollmacht handelte (§ 121 Satz 1 i. V. m. § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --; zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO s. z. B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 121 FGO Tz. 3 und 4).
Dies führt dazu, daß B die Kosten des Revisionsverfahrens aufzuerlegen sind (s. hierzu auch den Senatsbeschluß in BFH/NV 1991, 833).
Fundstellen
Haufe-Index 423737 |
BFH/NV 1997, 253 |