Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge eines Verfahrensfehlers bei zulassungsfreier Revision
Leitsatz (NV)
Die Rüge, an dem Urteil hätten Richter mitgewirkt, die -- bisher ohne Erfolg -- abgelehnt worden seien, eröffnet keine zulassungsfreie Revision.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Klägers und Revisionsklägers (Klägers) gegen den Bescheid über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur Umsatzsteuer 1982 und 1983 vom 22. September 1992 durch Urteil vom 12. Januar 1994 -- zugestellt am 16. Februar 1994 -- ab, ohne die Revision zuzulassen.
Mit einem am 15. März 1994 beim FG eingegangenen Schriftsatz legte der Kläger durch seine Prozeßbevollmächtigten dagegen Revision ein. Zur Begründung -- eingegangen am 11. April 1994 -- führte er u. a. aus, an dem Urteil hätten drei Berufsrichter mitgewirkt, die er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt habe. Zwar sei das Ablehnungsgesuch vor der Urteilsverkündung -- durch Beschluß vom 15. Dezember 1993 -- als unzulässig zurückgewiesen worden. Er, der Kläger, habe jedoch gegen den das Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluß Beschwerde am 5. Januar 1994 eingelegt. Die abgelehnten Richter hätten an dem die Klage abweisenden Urteil vom 12. Januar 1994 nicht mitwirken dürfen, bis über die Beschwerde entschieden worden sei, weil sie entsprechend § 47 der Zivilprozeßordnung (ZPO) nur solche Amtshandlungen hätten vornehmen dürfen, die keinen Aufschub duldeten. Außerdem rügt der Kläger Verletzung weiteren formellen und materiellen Rechts.
Er beantragt, die Vorentscheidung und den angefochtenen Bescheid über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen aufzuheben.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) hält die Revision für unzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist durch Beschluß ohne mündliche Verhandlung als unzulässig zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Nach § 115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs findet die Revision nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat.
Das FG hat die Revision ausweislich des angefochtenen Urteils nicht zugelassen. Die Revision ist auch nicht auf die Beschwerde eines Beteiligten vom BFH zugelassen worden. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht eingelegt worden. Die vorliegende Revision kann auch nicht in eine statthafte Nichtzulassungsbeschwerde i. S. des § 115 Abs. 3 FGO umgedeutet werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. Februar 1987 II R 10/87, BFH/NV 1988, 320; vom 27. Januar 1967 VI R 216/66, BFHE 88, 73, BStBl III 1967, 291). Abgesehen davon, müßte eine Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls als unzulässig verworfen werden, weil eine Begründung nicht innerhalb der am 16. März 1994 abgelaufenen Monatsfrist des § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO, sondern erst am 11. April 1994 beim BFH eingegangen ist.
2. Das Rechtsmittel ist auch nicht als zulassungsfreie Revision nach § 116 Abs. 1 Nr. 2 FGO zulässig. Der Kläger hat zwar gerügt, an der angegriffenen Vorentscheidung hätten abgelehnte Berufsrichter mitgewirkt. Die zulassungsfreie Verfahrensrevision ist aber nur statthaft, wenn in der Revisionsbegründung einer der in § 116 Abs. 1 FGO abschließend aufgezählten Revisionsgründe schlüssig vorgetragen wird. Die zur Begründung des behaupteten Verfahrensverstoßes angeführten Tatsachen müssen -- ihre Richtigkeit unterstellt -- einen Mangel i. S. von § 116 Abs. 1 FGO ergeben (vgl. ständige Rechtsprechung des BFH, z. B. Beschluß vom 25. März 1993 V R 100/92, BFH/NV 1994, 178). Eine schlüssige Verfahrensrüge nach § 116 Abs. 1 Nr. 2 FGO setzt somit den Vortrag voraus, daß ein Richter "mit Erfolg" abgelehnt worden oder aus einem anderen Grund von dem Verfahren ausgeschlossen ist. Der Vortrag, die Richter, die am angefochtenen Urteil mitgewirkt hätten, seien -- bislang ohne Erfolg -- abgelehnt worden, reicht nicht aus. Der Verfahrensmangel des § 116 Abs. 1 Nr. 2 FGO kann auch nicht mehr nachträglich gerügt werden, nachdem die Beschwerde des Klägers gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs keinen Erfolg hat.
Fundstellen