Entscheidungsstichwort (Thema)
Liebhaberei bei langjährigem Gebrauchtwagenhandel
Leitsatz (NV)
- Bei einem Gebrauchtwagenhandel, der nicht typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen der Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen, spricht der Beweis des äußeren Anscheins dafür, daß es in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird.
- Angesichts dauernder Verluste müssen für die Annahme einer Liebhaberei weitere Umstände hinzukommen, die es als ernsthaft möglich erscheinen lassen, daß der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden Gründen oder Neigungen ausübt. Diese Möglichkeit ist jedenfalls dann gegeben, wenn feststeht, daß der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinn arbeiten kann. Ist der Anscheinsbeweis widerlegt, hat das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden, ob der Steuerpflichtige das Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben hat.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 2 S. 1
Gründe
1. Der Senat geht davon aus, daß das Rechtsmittel ungeachtet des Rubrums der Beschwerdeschrift vom 31. August 1998 lediglich die Einkommensteuer 1988 betrifft.
2. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Bei einem als Einzelunternehmen betriebenen Gebrauchtwagenhandel, wie er hier zu beurteilen ist, spricht zwar der Beweis des ersten Anscheins zunächst dafür, daß es in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird. Denn Unternehmen dieser Art sind nach der Lebenserfahrung nicht typischerweise dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen des Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen (s.a. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 19. November 1985 VIII R 4/83, BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289). Dieser Anscheinsbeweis ist indes bereits dann entkräftet, wenn die ernsthafte Möglichkeit in Betracht kommt, daß im konkreten Fall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Motive des Steuerpflichtigen für die Fortführung des Unternehmens bestimmend waren. Deuten dauernde Verluste auf das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht hin, reicht dies allein für die Entkräftung des Anscheinsbeweises allerdings nicht aus. Hinzukommen müssen weitere Umstände, die es als ernsthaft möglich erscheinen lassen, daß der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden Gründen oder Neigungen ausübt. Diese Möglichkeit ist jedenfalls dann gegeben, wenn feststeht, daß der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinn arbeiten kann. Ist der Anscheinsbeweis widerlegt, hat das Finanzgericht (FG) nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden, ob der Steuerpflichtige das Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben hat. Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht trägt dann der Steuerpflichtige, der positive Einkünfte mit den geltend gemachten Verlusten ausgleichen will (ständige Rechtsprechung; z.B. BFH-Urteil vom 22. März 1996 III R 49/95, BFH/NV 1996, 812). - Von diesen Grundsätzen ist das FG ausgegangen. Es hat festgestellt, daß der Gebrauchtwagenhandel auf Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinn hätte betrieben werden können.
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügen Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten. Die schlüssige Rüge eines solchen Verfahrensfehlers setzt u.a. die Darlegung voraus, daß ein von den Beteiligten vorgetragener oder aus den Akten ersichtlicher Sachverhalt vom FG nicht zur Kenntnis genommen worden ist (vgl. hierzu BFH-Beschluß vom 17. Juni 1997 X B 193/96, BFH/NV 1997, 794). Der Beschwerdeführer muß substantiiert darlegen, daß die Vorentscheidung unter Zugrundelegung der von ihr vertretenen materiell-rechtlichen Auffassung möglicherweise anders getroffen worden wäre, wenn dem FG der gerügte Verfahrensfehler nicht unterlaufen wäre.
Die Beschwerdebegründung enthält solche Darlegungen nicht. Das FG habe, so die Rüge der Kläger, den folgenden Vortrag in der Klageschrift übersehen: "Versuche, einen fremden Geschäftsführer zu finden, sind sowohl aus Kostengründen als auch am Mangel an geeigneten Kandidaten gescheitert." Die Kläger legen indes nicht dar, was unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts zu folgern gewesen wäre. Denn gerade die behauptete Unmöglichkeit, einen Arbeitnehmer zu wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen als Geschäftsführer zu beschäftigen, belegt, daß auch eine andere "Art der Bewirtschaftung" das Unternehmen nicht zum Erfolg geführt hätte. Jedenfalls hätten die Kläger bereits vor dem FG ihren diesbezüglichen Vortrag substantiieren müssen.
Das FG hat mit Verfügung vom 29. April 1997 um Aufklärung u.a. darüber gebeten, "was alles getan wurde, um die Situation zu verbessern". Diese Frage war gestellt im Zusammenhang mit der Feststellung, daß in den Jahren 1983 bis 1990 insgesamt fünf, zwischen 1991 und 1993 insgesamt sechs Fahrzeuge verkauft wurden. Hierauf haben die Kläger mit Schriftsatz vom 16. Juni 1997 geantwortet, sie hätten "sich bemüht, den immer wieder auftretenden Vandalismus und die Diebstähle von Fahrzeugen einzudämmen, z.B. durch Strafanzeigen bei der Polizei, verbunden mit der Aufforderung einer intensiveren Kontrolle des Verkaufsplatzes, Umzäunung des Platzes u.a.". Es ist indes nicht erkennbar, daß, inwiefern und in welchem ggf. zu beziffernden Umfang diese "Maßnahmen zur Verbesserung der Verlustsituation" in den Jahren 1983 bis 1990 geeignet gewesen wären, den geringfügigen Absatz von Fahrzeugen zu steigern. Wertverluste durch Diebstahl bzw. Beschädigung von Fahrzeugen waren mit Gutachten des Dipl.-Ing. A für das Jahr 1995 dokumentiert und beziffert. Zum Umfang von Schäden in früherer Zeit und deren gewinnmäßiger Auswirkung haben die Kläger nichts Substantiiertes vorgetragen.
Es ist weiterhin nicht vorgetragen worden, was aus der Kündigung der Mietverträge über die beiden Verkaufsplätze durch den Vermieter in steuerrechtlicher Hinsicht hätte folgen können. Da die Beendigung des Nutzungsverhältnisses nicht von der Klägerin ausging, lassen sich Rückschlüsse auf ihr Geschäftsgebaren und auf ihre bis zu diesem Zeitpunkt gehegte Einschätzung der Ertragsaussichten nicht ziehen. Es ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin "damit die Konsequenz aus der dauerhaften Erfolgslosigkeit ihres Unternehmens" gezogen hätte.
Schließlich haben die Kläger nicht dargelegt, daß sie ihren Vortrag im Schriftsatz vom 2. Dezember 1992 betreffend die Veräußerung des Betriebs an einen Herrn B im finanzgerichtlichen Verfahren wiederholt hätten. Das FG mußte hinsichtlich der behaupteten Betriebseinstellung bzw. Geschäftsveräußerung nicht von feststehenden Tatsachen ausgehen, zumal die Klägerin noch im Jahre 1995 auf dem Grundstück X-Straße Fahrzeuge verkauft hat.
Im übrigen ergeht der Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 171034 |
BFH/NV 1999, 1204 |