Entscheidungsstichwort (Thema)

NZB -- grundsätzliche Bedeutung, rechtliches Gehör

 

Leitsatz (NV)

1. Die bloße Behauptung, eine Sache habe grundsätzliche Bedeutung, genügt den Anforderungen an eine Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht.

2. Zu den Anforderungen an die Begründung der Rüge einer Verletzung des Rechts auf Gehör.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Absolvent der Hochschule ... für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Nach seinem Studium war er rd. vier Jahre lang bei mehreren Firmen sowie Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzleien in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet des Steuerwesens tätig. Im August 1990 wurde ihm die Staatsbürgerschaft der DDR verliehen. Mit Schreiben ... beantragte er beim Ministerium der Finanzen (DDR) unter Berufung auf § 15 der Steuerberatungsordnung (StBerO) vom 27. Juni 1990 (Gesetzblatt der DDR Sonderdruck Nr. 1455) die prüfungsfreie Zulassung zum Steuerberater. Durch Urkunde ... gab das Ministerium der Finanzen (DDR) -- vertreten durch den zuständigen Abteilungsleiter -- dem Antrag statt. Der Beklagte und Beschwerdegegner nahm die (vorläufige) Bestellung des Klägers als Steuerberater mit Bescheid ... zurück.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich der Kläger gegen das seine Klage gegen den Rücknahmebescheid zurückweisende Urteil, in dem die Revision nicht zugelassen wurde. Er stützt die Beschwerde auf grundsätzliche Bedeutung der Sache und auf Verletzung seines Rechts auf Gehör.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Sache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) und den mit der Verletzung seines Rechts auf Gehör gerügten Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht in der nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargetan hat.

a) Mit der Behauptung, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob der zuständige Abteilungsleiter des Ministeriums der Finanzen (DDR) nach dem seinerzeit gültigen DDR-Recht "eingriffsberechtigt" war und demgemäß den Wortlaut des § 15 Abs. 2 StBerO dahin interpretieren durfte, daß die Aufzählung der Zulassungsvoraussetzungen nicht abschließend war, zumal wenn dieser Abteilungsleiter im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens maßgebend an der Formulierung der StBerO beteiligt war, hat der Kläger die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage nicht dargelegt. Das gleiche gilt von seiner weiteren Behauptung, es sei von grundlegender Bedeutung, ob die Handlungen (Bestellung als Steuerberater) und Aussagen des für die Bestellung zuständigen Abteilungsleiters hinsichtlich der Annahme ihrer Richtigkeit vertrauensbegründend wirken konnten.

Die bloße Behauptung, eine Sache habe grundsätzliche Bedeutung, genügt den Anforderungen an eine Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung erfordert vielmehr eine Auseinandersetzung mit den betreffenden Rechtsfragen und Ausführungen dazu, weshalb die Klärung der Rechtsfragen im Allgemeininteresse zur Fortbildung des Rechts und zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist. Dies war besonders im Streitfall zu beachten, weil bereits eine eingehende Rechtsprechung des Senats zu den sich im Zusammenhang mit der Rücknahme der vorläufigen Bestellung als Steuerberater nach § 46 Abs. 1 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes ergebenden Problemen besteht. Der Senat hat u. a. in der auch vom Finanzgericht (FG) zitierten Entscheidung vom 7. März 1995 VII R 4/94 (BFHE 177, 1980, BStBl II 1995, 421) ausgeführt, daß die vom zuständigen Ministerium der Finanzen (DDR) geübte Bestellungspraxis rechtswidrig war, nach der Personen, die die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 StBerO nicht erfüllten, prüfungsfrei als Steuerberater bestellt wurden. Er hat in der genannten Entscheidung gleichfalls ausführlich zu den Voraussetzungen, unter denen in diesem Rahmen ein Vertrauensschutz in Betracht kommt, Stellung genommen.

b) Der Kläger hat auch die Rüge der Verletzung seines Rechts auf Gehör nicht schlüssig begründet. Das Recht auf Gehör, wie es in § 96 FGO ausgeformt ist, verpflichtet das Gericht, Anträge und Ausführungen des Prozeßbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen sowie die daraufhin getroffene Entscheidung so zu begründen, daß erkennbar wird, daß das Gericht den genannten Pflichten nachgekommen ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 119 Rz. 10 a, m. w. N.). Aus den diesbezüglichen Ausführungen des Klägers ergibt sich, daß das FG diesen Anforderungen genügt hat. Der Kläger führt selbst aus, das FG habe den Antrag auf Vernehmung des Zeugen zu Protokoll genommen und auch im Urteil aufgeführt. Er beanstandet nur, daß sich das FG nicht inhaltlich mit dem von ihm vorgebrachten seinerzeit gültig gewesenen Rechtsinstitut der "Eingriffsbefugnis" von Abteilungsleitern und Staatssekretären in DDR-Ministerien auseinandergesetzt habe, indem es lediglich ausgeführt habe, für eine derartige Eingriffsbefugnis spreche nichts und bei dieser Verwaltungsstruktur sei nicht ersichtlich, daß der Zeuge als Bediensteter eines dieser Vollzugsorgane berechtigt gewesen sein sollte, die vom Ministerrat vorgenommene Regelung des Steuerberaterwesens in wichtigen Punkten zu ignorieren. Daraus folgt nicht, daß sich das FG nicht mit dem Vorbringen des Klägers auseinandergesetzt hat, sondern allenfalls, daß diese Auseinandersetzung -- nach Auffassung des Klägers -- nicht eingehend genug gewesen ist. Allein darin kann aber keine Verletzung des Rechts auf Gehör liegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421418

BFH/NV 1996, 766

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?