Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist

 

Leitsatz (NV)

1. Die Rechtskraft eines Beschlusses des BFH mit dem dieser eine Beschwerde gegen die Nichtbewilligung von Prozeßkostenhilfe als unzulässig verworfen hat, weil die Antragstellerin nicht ordnungsgemäß gemäß Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG vertreten war, erstreckt sich nur auf die erörterten Unzulässigkeitsgründe.

2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Nichteinhaltung der Beschwerdefrist kann auch nicht wegen Mittellosigkeit gewährt werden, wenn die AStin durch die dem angefochtenen Beschluß beigefügte Rechtsmittelbelehrung des FG über die Vertretungserfordernisse des Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG belehrt wurde.

 

Normenkette

FGO § 56; ZPO § 117

 

Tatbestand

Die Antragstellerin legte gegen die Nichtbewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) für ihre Wiederaufnahmeklage betreffend Einkommensteuer 1985 Beschwerde ein. Der erkennende Senat verwarf diese Beschwerde durch Beschluß vom 10. April 1991 mit der Begründung als unzulässig, die Antragstellerin sei nicht ordnungsgemäß durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) aufgeführten Berufsgruppen vertreten.Mit Schreiben vom 9. Mai 1991 legte die Antragstellerin eine ,,Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" vom 9. Mai 1991 vor. Sie begehrt PKH für ein erneutes Beschwerdeverfahren gegen den PKH ablehnenden Beschluß des Finanzgerichts (FG) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts für dieses Verfahren. Wegen der versäumten Beschwerdefrist beantragt sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

Entscheidungsgründe

1. Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist zulässig. Wegen des Vertretungszwangs beim Bundesfinanzhof (BFH) kann PKH mit Beiordnung eines Rechtsanwalts auch für das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von PKH gewährt und der Antrag vom Antragsteller persönlich gestellt werden (BFH-Beschluß vom 18. Juli 1985 V S 3/85, BFHE 143, 528, BStBl II 1985, 499).

2. Der Antrag wird abgelehnt.

Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

Nach § 129 Abs. 1 FGO konnte die Beschwerde nur innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des die Bewilligung von PKH ablehnenden Beschlusses des FG eingelegt werden (BFH-Beschluß vom 1. Juli 1987 II B 59/87, BFH/NV 1988, 49 m.w.N.). Diese Frist ist verstrichen. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung (erneute Beschwerde) könnte daher nur dann Erfolg haben, wenn damit zu rechnen wäre, daß ihr nach einer Bewilligung von PKH für die Einlegung der Beschwerde durch einen dazu befugten Prozeßbevollmächtigten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 FGO) gewährt wird.

Die Rechtskraft des bereits ergangenen Senatsbeschlusses vom 10. April 1991 stünde einer Wiedereinsetzung nicht entgegen, da sie sich nur auf die erörterten Unzulässigkeitsgründe erstreckt. In diesem Beschluß wurde aber nur über die Postulationsfähigkeit des Ehemannes der Antragstellerin entschieden und nicht über die Frage der Beschwerdeeinlegung durch eine nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG vertretungsberechtigte Person unter Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO kann jedoch nicht gewährt werden, weil die Antragstellerin nicht ohne Verschulden gehindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten. Sie war durch die dem angefochtenen Beschluß beigefügte Rechtsmittelbelehrung des FG ausdrücklich darüber belehrt worden, daß sie sich bei der Einlegung der Beschwerde beim FG durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen müsse. Hierauf wurde auch ihr Ehemann lt. Aktenvermerk des FG vom 19. Februar 1991 ausdrücklich hingewiesen.

Zwar kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommen, wenn ein Beteiligter wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, das Rechtsmittel durch einen Bevollmächtigten i. S. des Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG einlegen zu lassen. Das setzt aber voraus, daß der Beteiligte alles in seinen Kräften Stehende und ihm Zumutbare unternommen hat, um seinerseits das der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels entgegenstehende Hindernis zu beheben (BFH-Beschluß vom 5. November 1986 IV S 7/86, IV B 49/86, BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62). Diese Voraussetzungen hat die Antragstellerin nicht erfüllt. Der Grund dafür, daß sie die Beschwerdefrist nicht eingehalten hat, lag nicht in ihrer Mittellosigkeit, sondern darin, daß sie entgegen den eindeutigen Belehrungen nicht rechtzeitig versucht hat, einen postulationsfähigen Bevollmächtigten einzuschalten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417897

BFH/NV 1992, 121

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