Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiladung der Steuerberaterkammer im Widerrufsverfahren
Leitsatz (NV)
Ist im Klageverfahren gegen den Widerruf einer Bestellung als Steuerberater streitig, ob der Steuerberater eine berufliche Niederlassung im Zuständigkeitsbereich einer bestimmten Steuerberaterkammer hat, so ist die Beiladung dieser Berufskammer zu dem Klageverfahren durch das FG jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn diese Kammer bei der Verwaltungsbehörde den Widerruf der Bestellung beantragt hat.
Normenkette
FGO § 60 Abs. 3; StBerG § 46 Abs. 2, §§ 73-74
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war vom Finanzminister des Landes B zum Steuerberater bestellt worden. Ende . . . stellte er seine bisher in A ausgeübte Tätigkeit als Steuerberater ein und verzog nach B. Das Finanzministerium B widerrief die Bestellung des Klägers als Steuerberater mit der Begründung, daß er in Vermögensverfall geraten sei und sich weigere, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Der Kläger hat gegen den Widerrufsbescheid Klage beim Finanzgericht (FG) erhoben. Das FG hat zu dem Klageverfahren die Steuerberaterkammer B gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigeladen.
Mit der Beschwerde gegen den Beiladungsbeschluß macht der Kläger geltend, er sei nicht Mitglied der Steuerberaterkammer B, sondern entsprechend seiner früheren beruflichen Niederlassung Mitglied der Steuerberaterkammer A geblieben. Für den Widerruf der Bestellung sei deshalb nicht das Finanzministerium B zuständig gewesen; die Steuerberaterkammer B hätte nicht beigeladen werden dürfen. Er beantragt, den Beiladungsbeschluß aufzuheben.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Es hat die Notwendigkeit der Beiladung damit begründet, daß die Steuerberaterkamer B selbst bei dem Finanzministerium B den Widerruf der Bestellung des Klägers zum Steuerberater beantragt habe. Nach Lage der Akten sei auch davon auszugehen, daß der Kläger mit der Verlegung seines Wohnsitzes Mitglied der Steuerberaterkammer B geworden sei. In einem ihm von dieser Kammer zugesandten Mitglieder-Fragebogen habe er als Anschrift der beruflichen Niederlassung seine neue Wohnungsanschrift in B angegeben. Aus den Angaben des Klägers zur Haftpflichtversicherung auf dem ausgefüllten Mitglieder-Fragebogen ergebe sich darüber hinaus, daß er selbst eine Wiederaufnahme seiner beruflichen Tätigkeit nicht ausschließe.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach den §§ 73, 74 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) sind Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften, die ihre berufliche Niederlassung bzw. ihren Sitz in einem Oberfinanzbezirk haben, Mitglieder der für diesen Oberfinanzbezirk gebildeten Berufskammer. Der Senat hat im Hinblick auf diese Zwangsmitgliedschaft entschieden, daß die Steuerberaterkammer im Klageverfahren über die Anerkennung einer Gesellschaft als Steuerberatungsgesellschaft (§ 49 StBerG) nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen ist, weil die Entscheidung notwendig und unmittelbar auch ihre Rechte gestaltet. Auch im Verfahren über den Widerruf der Bestellung als Steuerberater (§ 46 Abs. 2 StBerG) kann das zwischen der Verwaltung und dem Steuerberater streitige Rechtsverhältnis auch der Steuerberaterkammer gegenüber nur einheitlich entschieden werden, denn mit der gerichtlichen Bestätigung des Widerrufs endet die Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer. Die zuständige Steuerberaterkammer, die vor dem Widerruf zu hören ist (§ 46 Abs. 4 letzter Satz StBerG), ist deshalb im Verfahren über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Bestellung als Steuerberater notwendig beizuladen.
In dem anhängigen Klageverfahren ist streitig, ob der Kläger eine berufliche Niederlassung als Steuerberater im Bereich des Finanzministeriums B hat und somit dieses die für den Widerruf zuständige oberste Landesbehörde ist (§ 46 Abs. 4 StBerG). Aus denselben Gründen ist streitig, ob der Kläger Mitglied der Steuerberaterkammer B ist (§§ 73 Abs. 1, 74 Abs. 1 StBerG) und diese somit zu dem Klageverfahren nach § 60 Abs. 3 FGO beizuladen war. Die Steuerberaterkammer B und das Finanzministerium B gehen davon aus, daß der Kläger in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich eine berufliche Niederlassung als Steuerberater hat. Die Kammer hat aus diesem Grunde den den Gegenstand des Hauptverfahrens bildenden Widerruf der Bestellung des Klägers beantragt und das Finanzministerium ist diesem Antrag nachgekommen.
Es bestehen - wie das FG in seinem Nichtabhilfebeschluß auf die Beschwerde des Klägers ausgeführt hat - auch Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger von seinem Wohnsitz in B aus die Tätigkeit eines Steuerberaters betreibt. Dafür sprechen auch die hinsichtlich der Anschrift abgeänderten Briefköpfe der vom Kläger unter der Berufsbezeichnung ,,Steuerberater" im vorliegenden Verfahren eingereichten Schriftsätze. Schließlich wäre der Kläger nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - mit der Folge der Unzulässigkeit seines Rechtsmittels - im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht ordnungsgemäß vertreten, wenn er nicht selbst den Beruf des Steuerberaters ausüben würde.
Der Senat braucht aber im Beschwerdeverfahren wegen der Beiladung nicht zu entscheiden, ob der Kläger von seinem Wohnsitz in B aus den Beruf des Steuerbraters tatsächlich ausübt und ob das Finanzministerium B folglich legitimiert war - auf Antrag der Steuerberaterkamer B -, seine Bestellung zu widerrufen. Diese Fragen sind Gegenstand des beim FG anhängigen Klageverfahrens. Da das FG aber im Hauptverfahren über den Widerrufsbescheid des Finanzministeriums B zu entscheiden hat, der auf Antrag der Steuerberaterkammer B ergangen ist, hat es zu diesem Verfahren zu Recht diese Steuerberaterkammer gemäß § 60 Abs. 3 FGO beigeladen; denn für den Fall, daß die berufliche Niederlassung des Klägers als Steuerberater in B - und damit seine Mitgliedschaft in der beigeladenen Kammer - im Klageverfahren bejaht werden sollte, kann die Entscheidung des FG, da sie die Mitgliedschaft in der Kammer unmittelbar berührt, auch der Steuerberaterkammer B gegenüber nur einheitlich ergehen.
Fundstellen
Haufe-Index 418267 |
BFH/NV 1992, 843 |