Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung bei Veruntreuung durch Gesellschafter
Leitsatz (NV)
Die Frage, ob Veruntreuungen durch einen Gesellschafter deshalb nicht zu verdeckten Gewinnausschüttungen führen, weil es an einer Zuwendung durch die Kapitalgesellschaft mangelt, ist dann nicht entscheidungserheblich, wenn das Finanzgericht im konkreten Fall eine Zuwendung darin gesehen hat, dass die Mitgesellschafter auf den Schadensersatzanspruch verzichtet haben.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Der Streitfall wirft entgegen der Auffassung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) auf.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 30. Juli 1998 VII B 73/98, BFH/NV 1999, 204, m.w.N.; Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 1. Oktober 2002 XI ZR 71/02, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 65). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
Die Klägerin hält im Streitfall unter Hinweis auf die Rechtsauffassung von Groh (Der Betrieb ―DB― 1995, 844) und Flume (DB 1993, 1945) die Frage für entscheidungserheblich und klärungsbedürftig, ob entgegen der Rechtsauffassung, die der I. Senat des BFH in seinem die GmbH betreffenden Urteil vom 14. Oktober 1992 I R 14/92 (BFHE 169, 340, BStBl II 1993, 351) vertreten hat, die Veruntreuungen durch den inzwischen verstorbenen Minderheitsgesellschafter und Ehemann der Klägerin deshalb nicht zu verdeckten Gewinnausschüttungen ―vGA― (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) führen können, weil es an einer Zuwendung durch die GmbH an den Minderheitsgesellschafter fehle.
Diese Frage war für das Finanzgericht (FG) im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Denn das FG hat seine Auffassung, es liege eine vGA vor, nicht entscheidend auf das die GmbH betreffende BFH-Urteil in BFHE 169, 340, BStBl II 1993, 351 und den bloßen Tatbestand der Untreue durch den Minderheitsgesellschafter gestützt. Es hat vielmehr als ausschlaggebend für seine Entscheidung angesehen, dass eine ―in der Literatur im Falle einer vGA für erforderlich gehaltene― Zuwendung an den Minderheitsgesellschafter im Streitfall darin zu sehen sei, dass die Klägerin und ihr Sohn als die Geschäftsführer der GmbH im Streitjahr im Zeitpunkt der Kenntnis des Tatgeschehens nachträglich das Verhalten des Minderheitsgesellschafters gebilligt und eine Durchsetzung des ursprünglichen Schadensersatzanspruchs nicht ernsthaft beabsichtigt hätten und dass sie auf jeden Fall spätestens im Dezember des Streitjahres auf den Anspruch verzichtet hätten (vgl. unter 2. der Entscheidungsgründe des FG-Urteils). Hinsichtlich dieser tatrichterlichen Würdigung hat die Beschwerdeschrift einen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO nicht dargelegt.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 939126 |
BFH/NV 2003, 909 |