Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung eines Antrages auf PKH wegen nicht hinreichender Erfolgsaussichten

 

Leitsatz (NV)

1. Eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten ist im Verfahren, betr. Gewährung von Prozeßkostgenhilfe, nicht statthaft.

2. Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Anträgen auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe.

 

Normenkette

FGO §§ 56, 115, 142; ZPO §§ 114, 117

 

Tatbestand

Der Ast. beantragt, ihm Prozeßkostenhilfe zu gewähren sowie einen näher bezeichneten Rechtsanwalt beizuordnen, und zwar für die Nichtzulassungsbeschwerde und die Revision gegen das Urteil des FG vom . . ., mit dem eine die Umsatzsteuer 1981 bis 1983 betreffende Klage des . . . e. V. (Kl.), als Vertreter aufgetreten: der Ast., abgewiesen worden ist und dem Ast. die Verfahrenskosten auferlegt worden sind.

Nach den Feststellungen des FG hat der Ast. mit dem am 21. August 1986 beim FG eingegangenen Schriftsatz vom 13. August 1986 die Klage erhoben. Ausweislich des Vereinsregisters des Amtsgerichts X ist der Kl. infolge Wegfalls sämtlicher Mitglieder erloschen. Die Löschung ist am 13. August 1986 von Amts wegen eingetragen worden.

Die Vorsitzende beim FG hat dem Ast. mit Verfügung vom 21. November 1986 gemäß Art. 3 § 1 VGFGEntlG für das Einreichen einer Prozeßvollmacht oder den Nachweis der Prozeßführungsbefugnis auf andere Weise eine Frist mit ausschließender Wirkung bis zum 6. Januar 1987 gesetzt. Daraufhin hat der Ast. mit Schriftsatz vom 28. November 1986 dem FG mitgeteilt, er werde sich nach Erlöschen seiner gesetzlichen Vertretungsbefugnis für den Kl. nicht neu legitimieren und den Prozeß nicht weiterführen.

Zur Begründung des die Klage abweisenden Urteils hat das FG ausgeführt: Da der Kl. im Zeitpunkt der Klageerhebung im Vereinsregister gelöscht gewesen sei und mithin bürgerlich-rechtlich nicht mehr existiert habe, sei der Ast. nicht in der Lage gewesen, die Klage als gesetzlicher Vertreter des Kl. zu erheben. Er hätte allenfalls als Bevollmächtigter i. S. von § 62 Abs. 1 FGO die Klage erheben können. Wer als Bevollmächtigter auftrete, habe gemäß § 62 Abs. 3 FGO seine Vertretungsbefugnis durch schriftliche Prozeßvollmacht nachzuweisen. Aufgrund der Fristsetzung mit ausschließender Wirkung könne die Einreichung einer Vollmacht den prozessualen Mangel nicht mehr beheben. Mithin sei die Klage unzulässig. Die Kosten seien dem Ast. aufzuerlegen gewesen, weil er seine Vertretungsbefugnis nicht nachgewiesen habe (BFH-Beschluß vom 22. Mai 1979 VII B 10/79, BFHE 128, 24, BStBl II 1979, 564).

Vor der Anbringung seines - den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens darstellenden - Prozeßkostenhilfeantrages hat der Ast. gegen das ihm zugestellte Urteil Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (V B 51/87), über die noch nicht entschieden ist. Zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde hat er geltend gemacht, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und es lägen erhebliche Verfahrensmängel vor. Später hat der Ast. erklärt, er stelle klar, daß das die Nichtzulassungsbeschwerde betreffende Verfahren ,,durch die Gewährung der Prozeßkostenhilfe bedingt" sei (Schriftsatz vom 1. Dezember 1987).

Zur Begründung seines Antrages auf Prozeßkostenhilfe macht der Ast. unter Hinweis auf die beigefügte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen geltend, er sei arm im Sinne des Gesetzes. Die Nichtzulassungsbeschwerde und die Revision seien begründet. Er habe Arbeitslohn bezogen und sei nicht zur Umsatzsteuer veranlagt worden. Wegen der Umsatzsteuer 1981 bis 1983 sei er in keiner Weise beschwert. Das angefochtene Urteil sei gegen den . . . e. V. (Kl.) gerichtet. Entgegen den Zustellungsvorschriften sei es ihm, dem Ast., zugestellt worden. Er habe das FG unverzüglich davon unterrichtet, daß er den Prozeß nicht weiterführe. Für eine ordnungsgemäße Zustellung an den Kl. fehle der Nachweis. Gemäß § 135 Abs. 1 FGO sei der Kl. als unterlegener Beteiligter kostenpflichtig. Das angefochtene Urteil verstoße gegen diese Gesetzesvorschrift. Er, der Ast., sei nicht Verfahrensbeteiligter.

Der Tatbestandsdarstellung in dem angefochtenen Urteil zufolge habe der Berichterstatter des FG den Kl. nach dessen Löschung aufgefordert, die Prozeßführungsbefugnis nachzuweisen. Nach der Auffassung der Vorinstanz existiere der Kl. offenbar noch; seine (neue) Anschrift sei der Vorinstanz bekannt. Im übrigen wiederhole er, der Ast., seinen Vortrag vom 24. Februar 1987 (Beschwerdeschrift im Verfahren V B 51/87). Evtl. Fristüberschreitungen begründe er, der Ast., damit, daß er erst nach und nach erhebliche Tatsachen erfahren habe, nämlich die Höhe des Streitwertes erst durch den Streitwertbeschluß der Vorinstanz. Bis dahin sei er von einem Streitwert in Höhe der noch nicht erklärt und/oder durch Zahlung anerkannt gewesenen Beträge ausgegangen. Von der Änderung der Beteiligten habe er erst am 21. April 1987 durch eine Verfügung der Senatsgeschäftsstelle beim BFH vom 14. April 1987 erfahren.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Prozeßkostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt.

1. Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO ist einem Beteiligten Prozeßkostenhilfe zu bewilligen und ggf. ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für den Eintritt des Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht; eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten ist insoweit nicht statthaft (vgl. BFH-Beschluß vom 25. März 1986 III B 5-6/86, BFHE 146, 223, BStBl II 1986, 526, m.w.N.).

2. Im Hinblick auf die Voraussetzung der hinreichenden Erfolgsaussicht ist Prozeßkostenhilfe nicht zu bewilligen, wenn ein für die Rechtsverfolgung vorgesehenes Rechtsmittel, etwa die Nichtzulassungsbeschwerde oder die Revision, unzulässig ist, z. B. wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist. Allerdings hat ein Beteiligter, der wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, ein statthaftes Rechtsmittel rechtzeitig einzulegen, Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist alles Zumutbare tut, um das in seiner Mittellosigkeit bestehende Hindernis zu beheben. Dies bedeutet, daß er bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe schaffen muß, wozu vor allem gehört, daß innerhalb dieser Frist das Prozeßkostenhilfegesuch zusammen mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechenden Belegen (§ 117 ZPO) eingereicht wird. Ist er auch hieran ohne sein Verschulden gehindert, so ist ihm insoweit gleichermaßen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. BFH-Beschluß vom 3. April 1987 VI B 150/85, BFHE 149, 409, BStBl II 1987, 573, m.w.N., betreffend Prozeßkostenhilfe für eine Klage beim FG).

3. Der Prozeßkostenhilfeantrag des Ast. scheitert schon daran, daß unter den gegebenen Umständen weder für die Nichtzulassungsbeschwerde noch für die Revision eine rechtzeitige Rechtsmitteleinlegung durch eine postulationsfähige Person in Betracht zu ziehen ist, so daß auf weitere Zweifel an den Erfolgsaussichten beider Rechtsmittel nicht eingegangen zu werden braucht.

a) Es liegt weder eine zulässige Nichtzulassungsbeschwerde vor, noch ist damit zu rechnen, daß seitens des Ast. zulässig Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden könnte.

Im Hinblick auf die Zustellung der Vorentscheidung am 6. Februar 1987 an den Ast. ist zwar die vom Ast. selbst mit Schriftsatz vom 24. Februar 1987, beim FG eingegangen am 26. Februar 1987, erhobene Nichtzulassungsbeschwerde rechtzeitig eingelegt worden, nämlich innerhalb der einmonatigen Frist (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO). Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil dem Ast. die erforderliche Postulationsfähigkeit fehlt. Nach Art. 1 Nr. 1 BFH EntlG muß sich vor dem BFH jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Hierauf ist der Ast. in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils hingewiesen worden.

Es ist ferner nicht ernstlich in Betracht zu ziehen, daß im Falle einer erneuten Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde durch einen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG angeführten postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten für den Ast., etwa durch einen beigeordneten Rechtsanwalt, die Beschwerdefrist aufgrund einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als gewahrt zu betrachten sein könnte, wobei es auf die Unzulässigkeit der vom Ast. selbst eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr ankommen würde (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 120 Rdnr. 16). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nur zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten (§ 56 Abs. 1 FGO). Verhinderung ohne Verschulden läßt sich in Beziehung auf das Hindernis der Mittellosigkeit grundsätzlich nur annehmen, wenn der Beteiligte innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) das Prozeßhilfegesuch zusammen mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechenden Belegen eingereicht hat (s. oben unter II. 2.). Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen; denn das Prozeßhilfegesuch vom 23. April 1987 ist mit seinen Anlagen erst am 27. April 1987 beim BFH eingegangen. Zwar kann Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde auch unter dem Gesichtspunkt gewährt werden, daß ein Beteiligter ohne sein Verschulden gehindert war, das Prozeßhilfegesuch nebst Anlagen innerhalb der für die Nichtzulassungsbeschwerde maßgebenden Frist anzubringen. Die vom Ast. insoweit angeführten Hinderungsgründe sind jedoch nicht geeignet, ein Verschulden beim Ast. zu verneinen.

Insoweit macht der Ast. geltend, Fristüberschreitungen seien darauf zurückzuführen, daß er erst nach und nach erhebliche Tatsachen erfahren habe. Die Höhe des Streitwertes sei ihm erst durch den Streitwertbeschluß des FG bekanntgeworden. Von der ,,Änderung der Beteiligten" habe er erst durch eine Mitteilung der Senatsgeschäftsstelle des BFH erfahren.

Beide näher bezeichneten Umstände können den Ast. in Beziehung auf die zu späte Anbringung des Prozeßkostenhilfegesuches nicht entlasten. Von der Höhe des Streitwerts hängt weder die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde ab, wie der Ast. möglicherweise irrtümlich, aber ggf. im Hinblick auf die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils auf Grund eines leicht zu vermeidenden Irrtums annimmt, noch kann der Streitwert Bedeutung für die Entschließung des Ast. gehabt haben, mit der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das angefochtene Urteil vorzugehen.

Inwiefern der Ast. durch die erst später erlangte Kenntnis von der ,,Änderung der Beteiligten", womit offenbar der Umstand gemeint ist, daß in Beziehung auf die Nichtzulassungsbeschwerde er und nicht der Kl. als Beschwerdeführer angesehen wird, an einer frühzeitigeren Anbringung des Prozeßkostenhilfegesuches gehindert sein könnte, ist nicht ersichtlich. Mithin sind keine Umstände geltend gemacht worden, welche die zu späte Anbringung des Prozeßkostenhilfegesuchs als unverschuldet erscheinen lassen könnten.

b) Soweit der Ast. Prozeßkostenhilfe für ein künftiges Revisionsverfahren beantragt, fehlt es ebenfalls an hinreichenden Erfolgsaussichten. Aufgrund der obigen Ausführungen (unter II. 3. a) ist nicht damit zu rechnen, daß der Ast. mit der von ihm selbst eingelegten oder mit einer noch einzulegenden Nichtzulassungsbeschwerde eine Zulassung der Revision erwirken könnte. Dafür, daß eine noch einzulegende Revision - zulassungsfrei - mit Erfolg auf § 116 Abs. 1 FGO gestützt werden könnte, fehlt jeglicher Anhalt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415619

BFH/NV 1988, 593

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