Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung zur Eignungsprüfung bei Ausbildung in Deutschland
Leitsatz (amtlich)
Berufsbewerber, die ihre berufsqualifizierende Ausbildung in Deutschland erhalten haben und Anspruch auf Zulassung zur Steuerberaterprüfung haben, können zur Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 2 StBerG grundsätzlich nicht zugelassen werden.
Normenkette
StBerG §§ 36, 37a Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat nach ihrer Ausbildung zur Wirtschaftskauffrau Betriebs- und Volkswirtschaft studiert und den akademischen Grad einer Diplom-Volkswirtin und Diplom-Kauffrau erlangt. Nach mehrjähriger beruflicher Tätigkeit in Deutschland ist sie seit März 2003 als "belastingconsulent" in den Niederlanden selbständig tätig. Sie ist Mitglied des "College Belastingadviseurs" und befugt, in den Niederlanden selbständig Rat in Steuersachen zu erteilen.
Die Klägerin begehrt vom Beklagten und Beschwerdegegner (Ministerium der Finanzen) gemäß § 37a Abs. 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) zu der dort geregelten Eignungsprüfung zugelassen zu werden, um sich in Deutschland als Steuerberaterin niederlassen zu können. Das Ministerium hat diesen Antrag abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, die als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig gebliebene Klage sei unbegründet, weil die Klägerin aufgrund ihres mit Diplom abgeschlossenem mehr als dreijährigen Hochschulstudiums in Deutschland und ihrer mehr als zweijährigen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerrechts in Deutschland zur Steuerberaterprüfung nach § 37 StBerG zugelassen werden könne und auch zugelassen worden sei. Aus dem Umstand, dass sie aufgrund ihres in Deutschland erworbenen Hochschuldiploms und ihrer beruflichen Tätigkeit in Deutschland in den Niederlanden als belastingconsulent tätig sein dürfe, erwachse ihr kein Anspruch, in Deutschland statt der Steuerberaterprüfung eine Eignungsprüfung ablegen zu können, um hier als Steuerberaterin tätig zu sein. Es sei nicht nach europäischem, sondern nach nationalem Recht zu entscheiden. Denn die Klägerin erstrebe die Zulassung als Steuerberaterin in Deutschland. Die Frage der Diskriminierung der Klägerin und der Verletzung der Grundfreiheiten nach Maßgabe des Art. 14 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) könne sich nur stellen, wenn ein Wechsel zwischen Herkunftsstaat und Aufnahmestaat vorliege. Das sei jedoch bei der Klägerin nicht der Fall.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde der Klägerin, die im Wesentlichen folgendermaßen begründet wird:
Der Rechtssache verleihe die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung, ob europäisches Gemeinschaftsrecht bzw. das auf diesem beruhende nationale Recht des § 37a StBerG nur dann anwendbar ist, wenn nach nationalem Recht der begehrte Anspruch auf Zulassung zur Prüfung nicht bestünde, oder ob der Anspruchsteller sich nach seiner Wahl auf nationales oder europäisches Recht berufen kann. Das FG habe diese Frage unzutreffend entschieden und sei dabei von dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 7. Juli 1992 (Rs. C-370/90, EuGHE 1992, I-4265, Europäische Zeitschrift für Wirtschaft 1992, 703) abgewichen. Denn nach dieser Entscheidung finde europäisches Recht auch dann Anwendung, wenn ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates in diesen Mitgliedstaat zurückkehre, nachdem er vorher in einem anderen Mitgliedstaat tätig geworden ist.
Ferner rügt die Beschwerde, dass das FG verkannt habe, dass auch im Falle der Klägerin ein Wechsel zwischen Herkunfts- und Aufnahmestaat vorliege, weil diese nämlich von den Niederlanden nach Deutschland zurückgekehrt sei. Im Übrigen seien dem § 37a StBerG die Begriffe Herkunfts- und Aufnahmestaat fremd. Es sei überdies verfahrensfehlerhaft, wenn das FG nach Schilderung der beruflichen Tätigkeit der in Deutschland ausgebildeten Klägerin in den Niederlanden widersprüchlicherweise einen grenzüberschreitenden Wechsel der Klägerin in Abrede stelle.
Entscheidungsgründe
II. Die zulässige Beschwerde (§ 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) ist nicht begründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Denn von dem angestrebten Revisionsverfahren ist die Klärung einer Grundsatzfrage nicht zu erwarten. Es kann offen bleiben, ob die Überlegungen, auf denen die Entscheidung des FG beruht, in jeder Hinsicht dem Bundesrecht entsprechen (§ 118 Abs. 1 FGO), weil diese Entscheidung jedenfalls im Ergebnis zutreffend ist und daher die Revision in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO nicht zugelassen werden kann (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ―BFH―, vgl. statt aller Beschluss des beschließenden Senats vom 22. Juli 1999 VII B 184/98, BFH/NV 2000, 229).
Die Eignungsprüfung findet nach § 37a Abs. 2 StBerG für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union mit einem Diplom statt, das in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland zur selbständigen Hilfe in Steuersachen berechtigt. Diese Regelung dient der Umsetzung der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1989 Nr. L 19/16). Sie soll also, entsprechend den Erwägungsgründen dieser Richtlinie, europäischen Bürgern, die Hochschuldiplome besitzen, welche eine Berufsausbildung abschließen und in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sie ihren Beruf ausüben wollen, ausgestellt wurden, die Ausübung ihrer Berufstätigkeit ermöglichen, ohne sie aufgrund der unterschiedlichen die Berufsausbildung betreffenden Regelements unvermeidlich darauf zu verweisen, erneut in der auf Absolventen einer in Deutschland durchgeführten Ausbildung zugeschnittenen Prüfung nach § 37 StBerG unter Beweis zu stellen, dass sie durch ihre Ausbildung die für den Beruf des Steuerberaters erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben haben.
Nur der Wortlaut, nicht jedoch dieser gemeinschaftsrechtliche Hintergrund des § 37a Abs. 2 StBerG lassen daher die ―in Wahrheit sinnwidrige― Annahme zu, auch Berufsbewerber, die ihre berufsqualifizierende Ausbildung in Deutschland erhalten haben und Anspruch auf Zulassung zur Steuerberaterprüfung gemäß § 36 StBerG haben, könnten allein deshalb zur Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 2 StBerG zugelassen werden, weil diese Ausbildung (auch) in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland zur selbständigen Hilfe in Steuersachen berechtigt (oder ―was die Beschwerde wohl geltend machen will, welche Einschränkung in dem Wortlaut der Vorschrift jedoch keinerlei Anhalt fände― weil sie aufgrund jener Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat tatsächlich selbständige Hilfe in Steuersachen geleistet haben).
Dass zu der in § 37a Abs. 2 StBerG vorgesehenen Eignungsprüfung deutsche Staatsangehörige nicht zugelassen werden könnten (so FG Düsseldorf, Urteil vom 21. November 1994 2 K 4475/94 StB, Entscheidungen der Finanzgerichte 1995, 342, sowie Kuhls in Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez/Willerscheid, Steuerberatungsgesetz, 2. Aufl., § 37a Rdnr. 4), ist allerdings weder dem Wortlaut des nationalen oder des Richtlinienrechts zu entnehmen, noch entspräche es vorgenannter Zielsetzung der Richtlinie und des § 37a Abs. 2 StBerG. Dieser verlangt lediglich, dass der Diplomand Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates ―nicht: eines anderen Mitgliedstaates― (oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum) ist, schließt also Bürger von Drittstaaten von dem privilegierten Zugang zum Beruf des Steuerberaters insoweit aus. Im Übrigen ist die Staatsangehörigkeit desjenigen, der in Deutschland die Tätigkeit eines Steuerberaters ausüben will, völlig belanglos; es kommt nur darauf an, ob er das ―seine Berufsausbildung abschließende― Diplom in Deutschland erworben hat und damit den Zulassungsregeln des § 36 StBerG unterliegt oder in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland, in welchem Falle ihm § 37a Abs. 2 StBerG einen privilegierten Zugang zum Beruf des Steuerberaters ermöglicht, sofern das in dem anderen Mitgliedstaat erworbene Diplom zur selbständigen Hilfe in Steuersachen berechtigt. Ob in einem solchen Falle die Teilnahme an der Eignungsprüfung auch dann möglich wäre, wenn dessen Ausbildung auch die Voraussetzungen des § 36 StBerG erfüllt (dazu Urteil des Senats vom 8. Juni 1993 VII R 125/92, BFHE 172, 261, BStBl II 1994, 665), bedarf hier keiner Erörterung.
Die Klägerin gehört zu der ersten Gruppe. Sie hat ihre Berufsausbildung in Deutschland erhalten und besitzt berufsqualifizierende Diplome deutscher Hochschulen. Ein in einem anderen Mitgliedstaat ―etwa in den Niederlanden― erworbenes Diplom, das dort zur selbständigen Hilfe in Steuersachen berechtigt, besitzt sie nicht. Dass sie in den Niederlanden Hilfe in Steuersachen leisten durfte, beruhte nicht auf einem dort erworbenen Diplom und einer dort absolvierten Berufsausbildung, sondern allenfalls auf der in Deutschland erworbenen beruflichen Qualifikation. Sofern die Beschwerde vorträgt, die Klägerin habe von dem College Belastingadviseurs ein "Certificaat van vakbekwaamheid" erhalten ―welches das FG in seinem Urteil beiläufig als "niederländisches Diplom" bezeichnet hat―, handelt es sich ersichtlich nicht um ein Hochschuldiplom, das eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließt, sondern überhaupt nicht um einen auf einer Berufsausbildung beruhenden berufsqualifizierenden Abschluss, sondern lediglich um eine Bestätigung der ―sei es durch die in Deutschland absolvierte Berufsausbildung, sei es durch berufspraktische Erfahrung― erworbenen beruflichen Qualifikation der Klägerin. Ein anderer Sachverhalt ist jedenfalls vom FG nicht festgestellt und von der Klägerin noch nicht einmal substantiiert behauptet worden. Um die Anerkennung solcher Bestätigungen in einem anderen Mitgliedstaat geht es aber weder in der Richtlinie 89/48/EWG noch in § 37a Abs. 2 StBerG.
Die Klägerin kann sich gegenüber dieser Rechtslage, wie sie sich aus § 37a Abs. 2 StBerG unter Berücksichtigung der vorgenannten Richtlinie ergibt, auch nicht auf Art. 14 Abs. 2 EG berufen. Die Klägerin wird in Deutschland nicht deshalb diskriminiert oder schlechter behandelt als andere Bürger, weil sie in den Niederlanden berufstätig war oder dort eine Berufsausbildung absolviert hat. Ihre Tätigkeit in den Niederlanden spielt für ihre künftige Berufstätigkeit in Deutschland vielmehr weder positiv noch negativ irgendeine Rolle. Die Klägerin ist lediglich im Hinblick auf den Zugang zu dem Beruf des Steuerberaters in Deutschland den gleichen Bedingungen unterworfen wie andere, denen eine langjährige berufliche Tätigkeit den Zugang zum Beruf des Steuerberaters ohne Ablegung der in § 37 StBerG vorgesehenen Prüfung ebenfalls nicht ermöglicht (es sei denn, sie besitzen ―anders als die Klägerin― ein ausländisches Diplom, was ihnen den Zugang zu diesem Beruf über die Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 2 StBerG eröffnet).
All dies ist klar und eindeutig und erfordert daher nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens und auch nicht die von der Klägerin verlangte Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 234 EG.
Fundstellen
Haufe-Index 1379257 |
BFH/NV 2005, 1466 |
BStBl II 2005, 616 |
BFHE 2005, 182 |
BFHE 209, 182 |
BB 2005, 1552 |
DStR 2005, 32 |
DStRE 2005, 857 |
DStZ 2005, 506 |
HFR 2005, 885 |