Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert einer Klage gegen die Bundesmonopolverwaltung
Leitsatz (NV)
1. Der Streitwert einer Klage gegen die Bundesmonopolverwaltung auf Feststellung, deren Festsetzung der regelmäßigen Alkoholverkaufspreise sei rechtswidrig gewesen, bemißt sich nach den Erlöseinbußen für die Klägerin aufgrund der Auswirkungen der angegriffenen Preisfestsetzungen auf das Marktgeschehen.
2. Der Auffangwert des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG ist keine starre Größe; falls die Bedeutung des Antrags in ihrem Wert erkennbar über oder unter dem Auffangwert liegt, ist der Streitwert nach der Grundregel des § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG höher oder niedriger festzusetzen.
Normenkette
GKG § 13 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin, Revisionsklägerin und Antragstellerin (Antragstellerin) beantragte im Revisionsverfahren VII R 88/88, die Vorentscheidung aufzuheben und festzustellen, daß die Neufestsetzungen der regelmäßigen und ermäßigten Verkaufspreise für Alkohol durch die Beklagte und Revisionsbeklagte (Bundesmonopolverwaltung für Branntwein - BMonV -) vom 29. November 1984, 21. März 1986 und 29. August 1986 rechtswidrig gewesen seien. Zur Begründung führte sie u. a. aus, sie beabsichtigte, gegen die BMonV einen Schadensersatzanspruch nach § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geltend zu machen. Der Senat wies die Revision mit Entscheidung vom 29. Juni 1989 VII R 88/88 als unbegründet zurück und legte die Kosten des Revisionsverfahrens der Antragstellerin auf.
In ihrer Kostenrechnung vom 9. August 1989 ging die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) von einem Streitwert in Höhe von 500 000 DM mit dem Hinweis aus, der Streitwert werde unter Berücksichtigung des Streitwerts des wettbewerbsrechtlichen Verfahrens vor dem Landgericht (1 Mio. DM) mit 500 000 DM geschätzt.
Mit Schreiben vom 14. August 1989 an den BFH beantragte die Antragstellerin, den Streitwert festzusetzen. Sie hält einen Streitwert in Höhe von 6 000 DM nach § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) für angemessen. Der Streitwert der zivilgerichtlichen Verfahren könne nicht herangezogen werden, da diese wettbewerbsrechtliche Unterlassungsverfahren gewesen seien. In ihrer Gegenäußerung weist die BMonV darauf hin, in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) habe die Antragstellerin von der Möglichkeit einer Schadensersatzforderung in Höhe von mehreren 100 000 DM gesprochen. Die Antragstellerin replizierte, die für den Fall der noch zu erhebenden Schadensersatzklage anfallende Schadenshöhe sei auf ca. 200 000 DM geschätzt worden. Das finanzgerichtliche Verfahren habe jedoch keine bezifferte Geldleistung betroffen.
Entscheidungsgründe
Der Senat hält es für angemessen, den Streitwert des Verfahrens VII R 88/88 mit 200 000 DM zu bemessen.
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG ist der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Bedeutung der Sache für die Klägerin bemißt sich nach ihrem Interesse an der beantragten Entscheidung. Dieses Interesse läßt sich aus ihrem Vortrag ablesen, sie selbst sei durch die Preisfestsetzungen der BMonV in ihren eigenen Rechten verletzt; diese Preisfestsetzungen, die anormal niedrig gewesen seien, behinderten ihren Absatz in der Bundesrepublik Deutschland. Nach Auffassung des Senats sind die von der Klägerin behaupteten negativen Auswirkungen dieser Preisfestsetzungen für sie, d. h. die dadurch etwa eingetretenen Erlöseinbußen, der angemessene Ausgangspunkt für die Streitwertfestsetzung. Diese Auswirkungen entsprechen in etwa dem Schaden, der infolge der angeblich rechtswidrigen Preisfestsetzungen für die Klägerin eingetreten ist und den diese nach der von ihr bekundeten Absicht durch eine Amtshaftungsklage gegen die Verwaltung einklagen wollte. Die Klägerin selbst hat diesen Schadensbetrag vor dem FG mit 200 000 DM angegeben. Der Senat hat keine Bedenken, diesen Betrag der Streitwertfestsetzung zugrunde zu legen.
Zu Unrecht beruft sich die Klägerin auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG. Der dort genannte Auffangwert von 6 000 DM ist keine starre Größe. Falls die Bedeutung des Antrags erkennbar in ihrem Wert über oder unter dem Auffangwert liegt, ist der Streitwert nach der Grundregel des § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG entsprechend höher oder niedriger festzusetzen (vgl. Hartmann/Albers, Kostengesetze, 23. Aufl., § 13 GKG Anm. 3 D). Im vorliegenden Fall ist erkennbar, daß der Wert von 6 000 DM der geschilderten Bedeutung der Sache für die Klägerin offensichtlich nicht angemessen ist. Der Umstand, daß der angemessene Streitwert nur im Schätzungswege ermittelt werden kann, zwingt für sich allein nicht dazu, bei der Streitwertfestsetzung allein von § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG auszugehen.
Fundstellen
Haufe-Index 416821 |
BFH/NV 1990, 520 |