Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Begründungsfrist
Leitsatz (NV)
Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 Abs. 1 FGO sind nicht gegeben, wenn der Beschwerdeführer die Frist versäumt, weil er irrtümlich annimmt, mit dem Einreichen der Beschwerdebegründung bis zur Mitteilung des BFH-Aktenzeichens warten zu können.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 1-2, § 115 Abs. 2, § 116 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 01.07.2004; Aktenzeichen 8 K 308/03) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils begründet worden ist (§ 116 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und Gründe für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen (§ 56 FGO).
1. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils des Finanzgerichts (FG) zu begründen. Die Begründungsfrist kann vom Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf (im Streitfall: 21. September 2004) gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden (§ 116 Abs. 3 Satz 4 FGO). Die Begründung ist beim Bundesfinanzhof (BFH) einzureichen (§ 116 Abs. 3 Satz 2 FGO). Im Streitfall ist die Beschwerdebegründung --ohne dass fristgerecht ein Verlängerungsantrag gestellt wurde-- erst am 11. Oktober 2004 und damit verspätet beim BFH eingegangen.
2. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 FGO beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden.
a) Nach § 56 Abs. 1 FGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Kläger ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Prozessbevollmächtigte hat zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgetragen, dass er erst durch das Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 23. September 2004 davon Kenntnis erlangt habe, unter welchem Aktenzeichen die Sache beim BFH geführt werde und, dass die Frist zur Beschwerdebegründung abgelaufen sei; eine schriftliche Eingangsbestätigung des BFH über die eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde sei ihm nicht zugegangen.
b) Aus dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers ergibt sich nicht, dass die Frist zur Beschwerdebegründung ohne Verschulden versäumt worden ist. Ihm war der Lauf der Frist bekannt. Er selbst hat bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde im Schriftsatz vom 19. August 2004 angekündigt, die Begründung werde durch gesonderten Schriftsatz fristgerecht innerhalb der Zweimonatsfrist des § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO ("Fristablauf: 21.09.2004") eingereicht. Sollte der Prozessbevollmächtigte des Klägers geglaubt haben, mit dem Einreichen der Beschwerdebegründung bis zur Mitteilung des Aktenzeichens des BFH warten zu können, rechtfertigt dieser Irrtum keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Beschluss vom 3. Oktober 1969 III R 44/69, BFHE 97, 238, BStBl II 1970, 95, betr. eine Revision). Das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten muss sich der Kläger zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).
3. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass der Kläger in seiner Beschwerdebegründung keinen Zulassungsgrund i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO dargelegt hat. Er wendet sich nur gegen die vom FG vertretene Rechtsauffassung; mit diesen der Revision vorbehaltenen Angriffen kann er im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend macht, das FG habe zu Unrecht die im Vorlagebeschluss des Senats vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02 (BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284) geäußerte Rechtsauffassung im Streitfall unberücksichtigt gelassen, ist darauf hinzuweisen, dass die den Gegenstand des Vorlagebeschlusses bildende Rechtslage mit der im Streitfall nicht vergleichbar ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1329098 |
BFH/NV 2005, 720 |