Entscheidungsstichwort (Thema)
Inanspruchnahme des Hauptverpflichteten im gemeinschaftlichen Versandverfahren
Leitsatz (NV)
1. Die durch den Rückschein bescheinigte Tatsache der Wiedergestellung des Versandguts ist widerlegbar.
2. Keine Verpflichtung zur Begründung der Ermessensentscheidung, den Hauptverpflichteten als einen von mehreren Gesamtschuldnern in Anspruch zu nehmen.
Normenkette
EWGV 222/77 Art. 13
Gründe
Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden, daß der Senat auf Grund dessen durch Beschluß entscheiden kann und daß dieser Beschluß keiner weiteren Begründung bedarf (Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs). Sie hatten Gelegenheit, sich hierzu zu äußern.
Die Äußerungen der Klägerin in ihren Schriftsätzen vom ... 1997 führen zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
Im übrigen bemerkt der Senat im Hinblick auf das Revisionsvorbringen:
Werden Waren (hier: Zigaretten) zum gemeinschaftlichen Versandverfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 222/77 des Rates vom 13. Dezember 1976 -- Versand-VO -- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften -- ABlEG -- 1977 Nr. L 38/1) abgefertigt (Versandgut), so ist der Hauptverpflichtete verpflichtet, das Versandgut der Bestimmungszollstelle nach Maßgabe des Art. 13 Buchst. a Versand-VO wiederzu gestellen. Den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über das gemeinschaftliche Versandverfahren läßt sich, wie das Finanzgericht (FG) rechtsfehlerfrei ausgeführt hat (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern -- ZfZ -- 1996, 346), nicht entnehmen, daß die durch den Rückschein bescheinigte Tatsache der erfolgten Wiedergestellung des Versandguts bei der Bestimmungszollstelle nicht widerlegbar sei. Der Senat hat -- wie übrigens auch die Klägerin früher in ihrer Revisionsschrift vom ... , Seite 6 -- insoweit keine Bedenken. Er hält diesbezüglich die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts für offenkundig und ist daher zur Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) nicht verpflichtet (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 EuGHE 1982, 3415-3442, und Senatsurteil vom 23. Oktober 1985 VII R 107/81, BFHE 145, 266).
Aufgrund der vom FG getroffenen, den Senat mangels rechtzeitig erhobener bzw. durchgreifender Verfahrensrügen gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindenden Feststellungen ist das Versandgut der Bestimmungszollstelle nicht gestellt worden. Richtig ist deshalb, daß die Klägerin Schuldnerin der auf den Zigaretten ruhenden Abgaben (Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Tabaksteuer) geworden ist (Art. 2 Abs. 1 Buchst. e Verordnung [EWG] Nr. 2144/87 des Rates vom 13. Juli 1987 -- ABl EG Nr. L 201/15 -- i. V. m. Art. 4 Abs. 2 Verordnung [EWG] Nr. 1031/88 -- Zollschuldner-VO -- vom 18. April 1988 -- ABlEG Nr. L 102/5 --; § 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz, § 10 Abs. 1 Satz 1 Tabaksteuergesetz).
Einer besonderen Begründung der Ermessensentscheidung, den Hauptverpflichteten als einen von mehreren Gesamtschuldnern in Anspruch zu nehmen, bedarf es wegen der besonderen Garantenstellung, die der Hauptverpflichtete für die ordnungsgemäße Durchführung des gemeinschaftlichen Versandverfahrens nach Art. 13 Versand-VO hat, nicht (vgl. schon zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Zollschuldner-VO Senatsurteil vom 29. Januar 1985 VII R 115/82, BFHE 143, 187).
Fundstellen
Haufe-Index 422175 |
BFH/NV 1997, 451 |