Leitsatz (amtlich)
Dem Erwerber einer Wohnung steht der Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 EStG für das Anschaffungsjahr nicht zu, wenn er die Wohnung erst im darauffolgenden Jahr zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Unerheblich ist, aus welchen Gründen er die Wohnung im Anschaffungsjahr noch nicht beziehen konnte.
Normenkette
EStG § 10e Abs. 1
Tatbestand
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarben Ende 1987 eine Eigentumswohnung, in die sie im Juni 1988 einzogen.
In der Einkommensteuererklärung 1987 machten die Kläger einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 13 775 DM geltend. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) gewährte den Abzugsbetrag im Einkommensteuerbescheid 1987 nicht, weil die Grundförderung nach § 10e Abs.1 EStG eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken voraussetze, die Kläger aber erst 1988 in die Wohnung eingezogen seien.
Die Kläger erhoben gegen den Einkommensteuerbescheid 1987 Einspruch und beantragten die Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids insoweit auszusetzen. Das FA lehnte die Aussetzung der Vollziehung ab. Die Beschwerde war erfolglos. Die Klage, mit der die Kläger weiterhin Aussetzung der Vollziehung begehrten, wies das Finanzgericht (FG) ab.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde tragen die Kläger vor, die Rechtsfrage, ob der Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 EStG im Jahr der Anschaffung zu gewähren sei, auch wenn die Wohnung erst im darauffolgenden Jahr zu eigenen Wohnzwecken genutzt werde, sei von grundsätzlicher Bedeutung, vor allem im Hinblick auf die Ausführungen des Bundesministers der Finanzen (BMF) in seiner Informationsbroschüre "Wohneigentumsförderungsgesetz". Auf S.16 dieser Broschüre vertrete der BMF die Auffassung, daß der Abzugszeitraum acht Jahre betrage, und dies auch gelte, wenn die Selbstnutzung in einem Jahr nach der Fertigstellung oder Anschaffung der Wohnung beginne. Schon allein aufgrund des durch diese Verlautbarung geschaffenen Vertrauenstatbestandes sei der Abzugsbetrag des § 10e Abs.1 EStG im Streitjahr 1987 zu gewähren.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die streitige Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung, da sie sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt. Ernstliche, die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids (§ 361 Abs.2 der Abgabenordnung ―AO 1977―) bestehen daher nicht.
Nach § 10e Abs.1 Sätze 1 und 4 EStG kann der Steuerpflichtige den Abzugsbetrag im Jahr der Anschaffung der Wohnung und in den sieben folgenden Jahren geltend machen. Voraussetzung ist u.a., daß der Steuerpflichtige die Wohnung in dem jeweiligen Jahr des Abzugszeitraums zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.
Da die Kläger die Eigentumswohnung im Anschaffungsjahr 1987 (noch) nicht selbst bewohnt hatten, steht ihnen nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes der Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 EStG nicht zu.
Unerheblich ist, ob der Einzug im Anschaffungsjahr 1987 nicht möglich war wegen Umbauarbeiten ―wie die Kläger behaupten― oder weil die Wohnung den Veräußerern noch zwei Monate unentgeltlich überlassen wurde ―wie das FA vorträgt―. Denn auch Renovierungs- oder Umbauarbeiten vor dem beabsichtigten Einzug sind noch keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken; diese beginnt erst mit dem Einzug in eine im wesentlichen bezugsfertige Wohnung (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29.November 1988 IX R 91/85, BFHE 155, 334, BStBl II 1989, 322 zu dem gleichlautenden Tatbestandsmerkmal in § 34f EStG i.d.F. vor 1987).
Entgegen der Ansicht der Kläger hat der BMF in seiner Informationsbroschüre zum Wohneigentumsförderungsgesetz keine vom Gesetzeswortlaut abweichende Auffassung vertreten. Auf der von den Klägern in Bezug genommenen S.16 wird ausgeführt: "Der Zeitraum, in dem der Abzug vorgenommen werden kann, beträgt 8 Jahre. Er beginnt mit dem Jahr der Fertigstellung oder Anschaffung der Wohnung. Er endet mit dem 7. auf dieses Jahr folgenden Kalenderjahr. Das gilt auch dann, wenn die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken in einem Jahr nach dem Jahr der Fertigstellung oder Anschaffung beginnt." Die Aussage, "das gilt auch dann, wenn die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken in einem Jahr nach dem Jahr der Fertigstellung oder Anschaffung beginnt", bezieht sich auf den vorhergehenden Satz, daß der Abzugszeitraum mit dem 7. auf das Jahr der Fertigstellung oder Anschaffung folgenden Jahr endet; d.h. der Abzugszeitraum verlängert sich nicht über diesen Zeitpunkt hinaus, auch wenn dem Steuerpflichtigen im ersten Jahr des Abzugszeitraums noch kein Abzugsbetrag zusteht, weil er die Wohnung noch nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Aus der Informationsbroschüre ergibt sich nicht, daß dem Steuerpflichtigen im ersten Jahr des Abzugszeitraums ein Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 EStG zusteht, obwohl er die Wohnung noch nicht zu eigenen Wohnzwecken nutzt.
Fundstellen
Haufe-Index 63462 |
BStBl II 1990, 977 |
BFHE 161, 537 |
BFHE 1991, 537 |
BB 1990, 2319 |
BB 1990, 2319-2320 (LT) |
DB 1990, 2250 (LT) |
DStR 1990, 668 (KT) |
HFR 1991, 23 (LT) |
StE 1990, 383 (K) |
WPg 1991, 42 (S) |
StRK, R.2 (LT) |
FR 1990, 644 (KT) |
Information StW 1991, 31 (T) |
NJW 1991, 448 |
NJW 1991, 448 (LT) |
MittBayNot 1991, 32 (LT) |