Entscheidungsstichwort (Thema)
VGA: Abfindung wegen einvernehmlicher Auflösung des Arbeitsverhältnisses an eine dem beherrschenden GmbH-Gesellschafter nahestehende Person
Leitsatz (NV)
Die betriebliche Veranlassung der Zahlung einer Abfindung an die Ehefrau des beherrschenden GmbH-Gesellschafters wegen der einvernehmlichen Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses mit der GmbH ergibt sich nicht bereits aus der Tatsache, dass Abfindungszahlungen branchenüblich sind.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Tatbestand
1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ―eine GmbH― schloss am 31. Mai 1990 mit E, der zu diesem Zeitpunkt 60 Jahre alten Ehefrau des beherrschenden Gesellschafters der Klägerin, einen Vertrag über die sofortige einvernehmliche Aufhebung des zwischen ihnen bestehenden Dienstverhältnisses. Aufgrund des Vertrages zahlte die Klägerin an E, die seit 1978 bei ihr halbtags als Prokuristin tätig gewesen war und deren Monatslohn zuletzt 2 039 DM betragen hatte, im Jahr 1990 (Streitjahr) eine Abfindung von 24 000 DM.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―) beurteilte diese Abfindungszahlung als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA), nachdem er erfahren hatte, dass
- E seit dem 1. Mai 1990 ein vorgezogenes Altersruhegeld bezog,
- sie monatlich nur 470 DM hinzuverdienen durfte, ohne dass ihr das vorgezogene Altersruhegeld gekürzt wurde, und
- E nach dem 31. Mai 1990 weiterhin ―allerdings nunmehr als Putzfrau und zu einem Monatslohn von 450 DM― bei der Klägerin tätig war.
Einspruch und Klage, mit denen sich die Klägerin gegen den Ansatz der 24 000 DM als vGA bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer und des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages wehrte, waren erfolglos.
Die Klägerin hat Beschwerde eingelegt und beantragt, gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) zuzulassen.
Das FA hat beantragt, die Beschwerde zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
2. Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen. Das FG hat seiner Entscheidung keine Rechtssätze zugrunde gelegt, die von Rechtssätzen der von der Klägerin in den Beschwerdeschriften bezeichneten Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) abweichen.
a) Nach dem BFH-Urteil vom 11. Januar 1980 VI R 165/77 (BFHE 129, 479, BStBl II 1980, 205), das die Auslegung des § 3 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1975 betrifft, ist die Auflösung eines Dienstverhältnisses durch den Arbeitgeber veranlasst, wenn dieser die entscheidenden Ursachen für die Auflösung des Dienstverhältnisses gesetzt hat "und dem Arbeitnehmer im Hinblick auf dieses Verhalten eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zuzumuten ist". Das FG-Urteil enthält keine davon abweichenden Ausführungen. Das FG hat aufgrund einer Würdigung des Sachverhalts die Überzeugung gewonnen, dass im Streitfall die entscheidenden Ursachen für die Auflösung des Dienstverhältnisses die Interessen und Absicht der E waren. Dass der E aufgrund des Verhaltens der Klägerin eine weitere Arbeit bei der Klägerin nicht mehr zumutbar gewesen sei, hat die Klägerin nicht behauptet. Dies ist auch auszuschließen, da E nach dem 31. Mai 1990 weiterhin bei der Klägerin tätig war.
b) Im Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 95/84 (BFHE 143, 127, BStBl II 1985, 327) hat der BFH eine Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer-Ehegatten anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses als betrieblich veranlasst angesehen, "wenn auch familienfremde Arbeitnehmer mit vergleichbaren Tätigkeits- und Leistungsmerkmalen unter vergleichbaren Verhältnissen eine entsprechende Abfindung erhalten oder mit hoher Wahrscheinlichkeit erhalten würden (betriebsinterner Fremdvergleich)". Einen betriebsexternen Fremdvergleich, der auf die Branchenüblichkeit von Abfindungszahlungen abstellt, hat der BFH in dieser Entscheidung ausdrücklich abgelehnt. Das FG ist dem gefolgt und hat es als einen Aspekt des zu würdigenden Sachverhalts angesehen, dass die Klägerin vergleichbare Abfindungszahlungen an familienfremde Arbeitnehmer nicht behauptet hat.
c) Das FG ist auch nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO von den anderen BFH-Urteilen abgewichen, die die Klägerin bezeichnet hat (Urteile vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198; vom 8. Juni 1977 I R 95/75, BFHE 122, 491, BStBl II 1977, 704; vom 1. August 1984 I R 99/80, BFHE 142, 123, BStBl II 1985, 18; vom 8. November 1989 I R 16/86, BFHE 159, 56, BStBl II 1990, 244). Dabei legt der beschließende Senat den Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Dezember 1997 dahin gehend aus, dass diese BFH-Entscheidungen nach Auffassung der Klägerin den Rechtssatz enthalten, eine vGA sei zu verneinen, wenn die Vermögensminderung unter sonst gleichen Umständen auch bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters eingetreten wäre. Das FG-Urteil enthält keinen davon abweichenden Rechtssatz. Das FG hat sich ―was auch die Klägerin einräumt― nicht mit der Frage befasst, ob der Klägerin im Fall einer fristgemäßen Kündigung des Dienstverhältnisses zum 31. Dezember 1990 geringere Aufwendungen als durch die Zahlung der Abfindung entstanden wären. Für das FG bestand dazu auch kein Anlass, da es die Überzeugung gewonnen hatte, die Auflösung des Dienstverhältnisses habe den Intentionen der E entsprochen und die Klägerin habe E nicht zum vorzeitigen Ausscheiden gedrängt.
Fundstellen
Haufe-Index 426466 |
BFH/NV 2000, 1364 |