Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung nach Erledigung einer Untätigkeitsklage
Leitsatz (NV)
- Erledigt sich eine Untätigkeitsklage durch Rücknahme des angefochtenen Verwaltungsaktes, ist bei der nachfolgenden Kostenentscheidung § 138 Abs. 2 FGO nicht anzuwenden, wenn die Untätigkeitsklage unzulässig war. Die Kostenentscheidung richtet sich dann nach § 138 Abs. 1 FGO.
- Eine Untätigkeitsklage ist unzulässig, solange das Verfahren über einen Einspruch gemäß § 363 Abs. 1 AO 1977 ausgesetzt ist.
Normenkette
FGO § 46 Abs. 1, § 138 Abs. 1-2; AO 1977 § 363 Abs. 1
Tatbestand
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhoben am 22. November 1999 Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gegen Umsatzsteuer-Haftungsbescheide des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt ―FA―) vom 28. Juli 1998. Zu diesem Zeitpunkt war das Verfahren über die Einsprüche der Kläger gegen die Haftungsbescheide mit deren Einverständnis gemäß § 363 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) ausgesetzt.
Während des Klageverfahrens nahm das FA die Haftungsbescheide vom 28. Juli 1998 zurück. Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Mit dem angefochtenen Beschluss legte das Finanzgericht (FG) den Klägern die Kosten des Verfahrens auf. Es führte zur Begründung aus: Die Klage habe nach dem Ergebnis der außergerichtlichen Erledigung zwar Erfolg gehabt. Die Kosten des Verfahrens würden jedoch den Klägern auferlegt, da die Voraussetzungen für eine Klage nach § 46 Abs. 1 FGO nach dem bisherigen Sachstand (insbesondere Aussetzung des Einspruchsverfahrens gegen die Haftungsbescheide) nicht gegeben seien.
Gegen diesen Beschluss haben die Kläger am 10. Oktober 2001 "Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit" eingelegt. Die greifbare Gesetzwidrigkeit ergebe sich daraus, dass das FG die Kosten entgegen § 138 Abs. 2 FGO nicht dem FA auferlegt habe.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist nicht statthaft.
1. Gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO ist in Streitigkeiten über Kosten die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt auch für eine sog. isolierte Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 10. Juli 2002 IX B 73/02, BFH/NV 2002, 1341, m.w.N.).
2. Der Beschluss des FG ist auch nicht wegen sog. greifbarer Gesetzwidrigkeit mit einer außerordentlichen Beschwerde anfechtbar.
Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn der Entscheidung jegliche gesetzliche Grundlage fehlt (z.B. weil eine Entscheidung dieser Art, dieses Inhalts, dieser Stelle oder aufgrund eines derartigen Verfahrens im Gesetz überhaupt nicht vorgesehen ist) oder wenn sie unter schwerwiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 1341, m.w.N.).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die vom FG getroffene Kostenentscheidung ist nach dem Gesetz zumindest vertretbar; ein schwerwiegender Verfahrensverstoß ist weder von den Klägern dargelegt noch sonst ersichtlich. Dass die Kostenentscheidung ―wie die Kläger geltend machen― inhaltlich unzutreffend ist, begründet nicht die Zulässigkeit einer außerordentlichen Beschwerde (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 1341).
Im Übrigen ist § 138 Abs. 2 FGO nicht anzuwenden, wenn die Untätigkeitsklage unzulässig war. Die Kostenentscheidung richtet sich dann nach § 138 Abs. 1 FGO (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 138 Rz. 33, 36). Die von den Klägern erhobene Untätigkeitsklage war unzulässig, weil die Verfahren über die Einsprüche gemäß § 363 Abs. 1 AO 1977 ausgesetzt waren (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31. August 1971 VII R 36/70, BFHE 103, 381, BStBl II 1972, 20; vom 1. Oktober 1974 VII B 18/73, BFHE 113, 420, BStBl II 1975, 201; Steinhauff in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 46 FGO Rz. 57, m.w.N.).
Fundstellen