Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Antrags auf Terminverlegung; Verwertung einer Zeugenaussage aus einem anderen Gerichtsverfahren; gewerbliche Tätigkeit eines als Anlagevermittler tätigen Steuerberaters
Leitsatz (NV)
- Das FG ist berechtigt, im Falle eines Antrags auf Vertagung der mündlichen Verhandlung ein aktuelles Attest über die Erkrankung des Klägers anzufordern, wenn das ursprüngliche Attest nicht unverzüglich vorgelegt wurde und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits über zwei Wochen alt war.
- Die Verwertung der Aussage eines zwischenzeitlich verstorbenen Zeugen aus einem anderen Rechtsverfahren stellt keine das rechtliche Gehör des Klägers verletzende Überraschung dar, wenn das FG die betreffenden Akten zum Verfahren beigezogen hatte und sich das damalige Gericht in seiner für den Kläger maßgeblichen Entscheidung auf diese Aussage gestützt hatte.
- Darauf, ob ein Anlagevermittler sein Honorar vom Beteiligungserwerber oder vom Initiator erhält, kann es für die Frage, ob eine freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit vorliegt, keinesfalls ankommen.
Normenkette
FGO §§ 35, 96 Abs. 2, § 108 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, § 116 Abs. 3 S. 3, § 119 Nr. 6; ZPO § 227 Abs. 1; EStG §§ 15, 18 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Hessisches FG (EFG 2001, 1211) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer tätig. Die Gewinne wurden durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Zum 1. Juli 1991 veräußerte er seine Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterpraxis, danach war er im Wesentlichen unternehmensberatend tätig.
Von 1967 bis 1973 war er u.a. an der A-GmbH mit Sitz in B wesentlich beteiligt. Diese war die persönlich haftende Gesellschafterin einer Anzahl von Kommanditgesellschaften, darunter bei der C-GmbH & Co. Verwaltungsgesellschaft (C Verwaltungsgesellschaft). Diese wiederum war Komplementärin einer Reihe von Kommanditgesellschaften, die als sog. Verlustzuschreibungsgesellschaften konzipiert waren. Aufgrund seiner Beteiligung an den Unternehmen der A-Gruppe erzielte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Nach einer Außenprüfung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt ―FA―) kam es für die Streitjahre 1990, 1991 und 1992 zu Änderungsbescheiden. Nach Durchführung des Vorverfahrens blieben noch folgende vier Sachverhaltskomplexe streitig:
1. Nach Auffassung des FA war die vom Kläger aufgrund eines Urteils des Landgerichts (LG) vom 8. Dezember 1981 gebuchte Schadensersatzverbindlichkeit gegenüber der D-GmbH (Rechtsnachfolgerin der E-GmbH & Co.) zum 31. Dezember 1990 aufzulösen, weil sie der Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr werde erfüllen müssen. Außerdem sei sie jedenfalls nicht bei den freiberuflichen Einkünften des Klägers zu berücksichtigen, sondern müsste ggf. im Zusammenhang mit den gewerblichen Einkünften aus der Beteiligung des Klägers an den Gesellschaften gesehen werden. Etwaige Schadensersatzleistungen seien daher frühestens im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung als nachträgliche Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb abzugsfähig.
Das LG hatte den Kläger als Initiator und treibende Kraft eines projektierten Geschäfts angesehen und ihn nach den Grundsätzen der Haftung des Verschuldens bei Vertragsabschluss als den einem Vertreter gleichzustellenden "uneingeschränkten Sachwalter" gegenüber der GmbH und Co. verurteilt. Der Kläger habe die ihm als Sachwalter der E-GmbH & Co. obliegenden Aufklärungspflichten schuldhaft verletzt, indem er einen für das Geschäft der Leasingfirma wesentlichen Tatumstand ―die Bestellung gebrauchter statt neuer Wirtschaftsgüter― verschwiegen habe.
2. Zum 31. Dezember 1991 hatte der Kläger für eine Schadensersatzverbindlichkeit gegenüber der Z-Unternehmensgruppe eine Rückstellung in Höhe von 2,1 Mio. DM gebildet. Das Oberlandesgericht (OLG) hatte es mit Teil- und Grundurteil vom 28. Januar 1993 als erwiesen angesehen, dass der Kläger Aufklärungspflichten schuldhaft verletzt habe. Diese betrafen Beteiligungen der vom Kläger auch steuerlich beratenen Investoren an zwei der Abschreibungsgesellschaften der A-Gruppe, die diese in den Jahren 1967, 1969 und 1970 eingegangen waren. Der Kläger hatte von den Investoren Zahlungen in Höhe von 10 %, 15 % bzw. 20 % der Einlagen erhalten. Das OLG sah diese nicht als Steuerberatungshonorare an, sondern als Provisionszahlungen für die Vermittlung der Beteiligungen.
Das FA ging dementsprechend davon aus, dass eine drohende Schadensersatzleistung im Zusammenhang mit den gewerblichen Einkünften aus der Beteiligung des Klägers an den Gesellschaften stehe und eine Rückstellung bei den freiberuflichen Einkünften des Klägers nicht in Betracht komme.
3. Während der Außenprüfung stellte der Kläger den Antrag, eine in seinen Bilanzen ausgewiesene Honorarforderung für Beratungen bei Immobiliengroßprojekten gegen die U Beratungs- und Verwaltungs-Treuhand GmbH (U) in Höhe von 3 463 298 DM zum 31. Dezember 1992 in voller Höhe wert zu berichtigen. Die 1973 gegründete und von Anfang an vom Kläger steuerlich beratene Unitas wurde 1996 nach Abweisung der Eröffnung eines Konkursverfahrens mangels Masse aufgelöst. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist die Vermutung begründet, dass der Kläger selbst hinter der U stand.
4. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, ein Teilbetrag von 450 000 DM des für seine Praxis vereinbarten Kaufpreises sei nicht mehr gezahlt worden und dürfe daher steuerlich nicht angesetzt werden, hat sich das FA dem in der mündlichen Verhandlung angeschlossen. Dieser Punkt ist nicht mehr streitig.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage nur in dem nicht mehr streitigen Punkt stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen (die Entscheidung ist abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 2001, 1211):
Die Schadensersatzverbindlichkeit aus der Sachwaltertätigkeit bei der E-GmbH & Co. stehe jedenfalls in keinem Zusammenhang mit der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, sondern hänge ausschließlich mit dem mitunternehmerischen Engagement des Klägers im Rahmen der wesentlich von ihm konzipierten Abschreibungsmodelle zusammen. Die Haftungsansprüche gegen den Kläger könnten daher allenfalls im Jahr einer Zahlung als nachträgliche Betriebsausgaben Berücksichtigung finden und nicht als Verbindlichkeiten in der Bilanz des Klägers passiviert werden. Selbst wenn der Kläger etwaige für das zugrunde liegende Geschäft erhaltene Einnahmen unzutreffender Weise als Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit erfasst haben sollte, ändere dies nichts.
Hinsichtlich der Schadensersatzverbindlichkeit gegenüber der Z-Unternehmensgruppe teilte das FG die Auffassung des OLG, der Kläger sei im Rahmen der Beteiligung der Z-Unternehmensgruppe an verschiedenen Abschreibungsgesellschaften nicht steuerberatend tätig geworden, sondern als Anlagenvermittler. Zwischen der Tätigkeit als Steuerberater und der als gewerblicher Anlagenvermittler habe kein derartiger sachlicher Zusammenhang bestanden, dass die gesamte Betätigung eine einheitliche Erfassung verlange; dementsprechend seien die für die Vermittlung erhaltenen Zahlungen dem gewerblichen Bereich zuzurechnen. Die Schadensersatzverpflichtung sei daher ebenfalls erst im Jahr einer Zahlung als nachträgliche Betriebsausgabe zu berücksichtigen und nicht als Verbindlichkeit in der Bilanz des Klägers zu passivieren.
Das FA habe zu Recht die Wertberichtigung der Forderung gegen die U abgelehnt, sie sei zum Bilanzstichtag nicht wertlos gewesen. Soweit der Kläger nicht mehr ―wie ursprünglich― die Zahlungsunfähigkeit des U behaupte, sondern ―seit dem 23. März 2001 und damit wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung― nunmehr nur deren Überschuldung, könne er diese nicht belegen. Es liege keine von einem Verantwortlichen der U unterschriebene Bilanz vor. Gegen die Wertberichtigung spreche auch, dass der sachkundige Kläger, der über intime Kenntnisse der wirtschaftlichen Situation der U verfügt habe, die Forderung gegen die Gesellschaft in der Bilanz ausgewiesen habe. Er sei also offenkundig der Meinung gewesen, die Forderung noch realisieren zu können. Es seien auch sonst keine Umstände für den Wertverlust zum damaligen Zeitpunkt ersichtlich.
Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―), grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und Fortbildung des Rechts bzw. Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde richtet sich nach den Vorschriften der FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG). Gemäß § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.
1. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass das Urteil der Vorinstanz auf einem Verfahrensfehler beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Soweit der Kläger vorträgt, dem FG sei ein schwerer Verfahrensfehler unterlaufen, weil die Klage betreffend Einkommensteuer 1992 als unzulässig und nicht als unbegründet hätte abgewiesen werden müssen, da der angefochtene Einkommensteuerbescheid 1992 eine Steuer von 0 DM ausgewiesen habe und der Kläger somit nicht beschwert gewesen sei, war die Klage demnach in jedem Falle abzuweisen (Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 100 Rz. 5). Das abweisende FG-Urteil beruht somit nicht auf dem behaupteten Fehler. Dies ist jedoch nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO Voraussetzung für die Zulassung einer Revision wegen eines Verfahrensfehlers. Ob das FG-Urteil zu einer Präjudizierung des Verfahrens betreffend den Feststellungsbescheid über den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 1992 gemäß § 10d Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) führt, kann dahinstehen. Der Verlustfeststellungsbescheid ist nicht Gegenstand des Streitverfahrens.
b) Die Rüge, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, welche Aussage der Zeuge zum Sachverhalt Z-Unternehmensgruppe gemacht habe, hätte der Kläger im Rahmen eines Antrags auf Berichtigung des Tatbestandes nach § 108 Abs. 1 FGO vorbringen müssen (BFH-Beschluss vom 17. März 2000 VII B 1/00, BFH/NV 2000, 1125); sie begründet nicht den Verfahrensfehler mangelnder Begründung des Urteils (§ 119 Nr. 6 FGO). Dem Urteil ist zu entnehmen, dass das FG ―ebenso wie das OLG― zu der Überzeugung gelangte, die Vermittlungstätigkeit des Klägers gegenüber der Z-Unternehmensgruppe sei dessen gewerblichem Bereich zuzurechnen (vgl. BFH-Urteil vom 27. März 2001 I R 80/99, BFH/NV 2001, 1277). Die Aussage des Zeugen ist ―wie sich auch aus der Niederschrift der letzten mündlichen Verhandlung ergibt― im Wege des Urkundenbeweises in den Prozess eingeführt worden, da die Vernehmung des ―verstorbenen― Zeugen durch das FG nicht möglich war (vgl. BFH-Beschluss vom 26. März 1991 VII R 72/90, BFH/NV 1992, 115; Gräber/Koch, a.a.O., § 81 Rz. 11, m.w.N.).
c) Das FG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes ―GG―, § 96 Abs. 2 FGO) nicht dadurch verletzt, dass es die beantragte Terminverlegung abgelehnt hat.
Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann das Gericht "aus erheblichen Gründen" auf Antrag oder von Amts wegen einen Termin aufheben oder verlegen. Liegen erhebliche Gründe vor, verdichtet sich die in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht, d.h., der Termin muss zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verlegt werden (vgl. BFH-Urteil vom 4. Mai 1994 XI R 104/92, BFH/NV 1995, 46). Das FG konnte von einer Vertagung der mündlichen Verhandlung jedoch absehen und diese in Abwesenheit des sachkundig vertretenen Klägers durchführen, weil die Erkrankung des vertretenen Klägers nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden ist. Der Kläger hat das vom FG angeforderte aktuelle Attest über seine Erkrankung nicht beigebracht (§ 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 3 ZPO; Gräber/Koch, a.a.O., § 91 Rz. 3 f., m.w.N.). Das FG war berechtigt ein solches aktuelles Attest anzufordern, nachdem das Attest vom 8. März 2001 nicht unverzüglich vorgelegt worden und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 26. März 2001 bereits über zwei Wochen alt war. Gründe, warum dem Kläger die Vorlage eines aktuellen Attestes nicht möglich gewesen sein sollte, hat er nicht vorgebracht.
Im Übrigen hat der Kläger die für die Notwendigkeit seiner persönlichen Anwesenheit sprechenden Gründe nach Auffassung des FG nicht substantiiert dargelegt. In der Beschwerde trägt er hierzu lediglich vor, der Vertagungsantrag sei damit begründet worden, "dass es aus Sicht des Klägers zweckmäßig, wenn nicht gar erforderlich ist, dass er selbst in der mündlichen Verhandlung anwesend ist, da er zu einer unter Umständen vielleicht notwendig werdenden ergänzenden Sachverhaltsdarlegung oder Sachverhaltsaufklärung und damit zur Wahrheitsfindung beitragen kann". Die Notwendigkeit eines persönlichen Erscheinens der vertretenen Partei ist damit nicht substantiiert dargelegt (vgl. Thomas/Putzo, Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., § 227 Rz. 7; BFH-Beschluss vom 7. Dezember 1990 III B 102/90, BFHE 163, 115, BStBl II 1991, 240).
d) Die Verwertung der Aussage des Zeugen stellt auch keine das rechtliche Gehör des Klägers verletzende Überraschung seitens des Gerichts dar, nachdem das FG die Akten über den Zivilrechtsstreit des Klägers mit der Z-Unternehmensgruppe zum Verfahren beigezogen hatte und das OLG sich in der für die Schadensersatzforderung maßgeblichen Entscheidung seinerseits auf die Aussage des zwischenzeitlich verstorbenen Zeugen gestützt hatte. Der Kläger bzw. sein Prozessvertreter mussten auf die Einbringung der Aussage des Zeugen vorbereitet sein. Der Kläger hat im Übrigen in der Beschwerdeschrift auch nicht dargetan, was er zur Widerlegung der Aussage im Einzelnen vorgetragen hätte, wenn er persönlich an der Verhandlung teilgenommen hätte und warum er nicht, wie in der mündlichen Verhandlung beantragt, einen Schriftsatz hierzu nachgereicht hat (vgl. BFH-Urteil vom 4. April 2001 XI R 60/00, BFH/NV 2001, 1504).
2. Die Revision ist auch nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Unabhängig davon, ob der bisher in § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F. enthaltene Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung weiterhin ―allein― in § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO n.F. enthalten ist oder ob er nunmehr ―auch― unter Nr. 2 der neuen Vorschrift (Erforderlichkeit der Rechtsfortbildung) zu erfassen ist, macht es die in § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderte Darlegung der Zulassungsvoraussetzungen notwendig, dass der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (BFH-Beschluss vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837)
a) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob die "auf zivilrechtlichen Vorschriften beruhende Entscheidung eines Zivilgerichts über die Abgrenzung einer steuerberatenden von einer gewerblichen Tätigkeit auch für einkommensteuerliche Zwecke bindend [sei] oder … das FG eine eigene Ermittlung, zumindest aber eine eigene rechtliche Würdigung des Sachverhalts auf der Grundlage einkommensteuerrechtlicher Vorschriften durchzuführen" habe, bedarf keiner weiteren Klärung, da sie sich unmittelbar aus dem Gesetz beantwortet. Nach § 35 FGO entscheidet über alle Streitigkeiten, für die der Finanzrechtsweg gegeben ist, das FG. Tatsächlich ist das FG auch nicht von einer Bindungswirkung ausgegangen, so dass die Frage auch nicht klärungsfähig wäre. Es hat den Sachverhalt im Urteil ausführlich dargestellt und diesen ―unter Verweis auf das Urteil des LG sowie ein weiteres Strafurteil― rechtlich gewürdigt. Dass das FG hierbei berücksichtigt hat, aus welchem Rechtsgrund das LG die streitige Schadensersatzverpflichtung abgeleitet hat, ist nicht zu beanstanden.
b) Der vom Kläger weiter aufgeworfenen Rechtsfrage, ob "ein Steuerberater, der an der steuerlichen Konzeption einer Kapitalanlagegesellschaft maßgeblich beteiligt ist und für diese Gesellschaft laufende Beratungs- und Betreuungsleistungen erbringt und darüber hinaus am Kapital der Komplementär-GmbH wesentlich und am Kommandit-Kapital in geringem Umfang beteiligt ist, freiberuflich oder gewerblich tätig" sei, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Beantwortung dieser Frage richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Abgrenzung einer freiberuflichen von einer gewerblichen Tätigkeit und ist nur unter Würdigung der jeweiligen Tatumstände im Einzelfall möglich. Das FG hat den Sachverhalt dahin gehend gewürdigt, dass die streitige Schadensersatzverpflichtung sich aus einem Verschulden des Klägers in seiner Eigenschaft als maßgeblicher Gesellschafter ergeben habe und nicht aus seiner beratenden Funktion als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.
c) Soweit der Kläger die Rechtsfrage geklärt wissen will, ob ein Steuerberater, der seine Mandanten über steuersparende Kapitalanlagemöglichkeiten informiere, freiberuflich oder gewerblich tätig sei, wendet er sich im Kern gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung des FG, der Kläger sei an Herrn Z und die Z-KG als Anlagevermittler herangetreten. So macht er beispielsweise geltend, für die Vermittlung einer Beteiligung kein Honorar erhalten zu haben; das FG ist demgegenüber von einer an der Höhe der Steuerersparnis orientierten "erfolgsabhängigen" Vergütung ausgegangen, die einem Steuerberater jedoch verwehrt sei (§ 9 des Steuerberatungsgesetzes ―StBerG―).
d) Für die vom Kläger formulierte Frage, ob "ein Steuerberater, der gegenüber seinem Mandanten steuerliche und wirtschaftliche Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer Abschreibungsgesellschaft erbringt und am Zustandekommen der vertraglichen Beziehungen zwischen dem Mandanten und der Gesellschaft mitwirkt und für seine Leistungen nur von seinen Mandanten ein Honorar erhält, freiberuflich oder gewerblich tätig" ist, gilt das unter b Ausgeführte entsprechend. Darauf, ob ein Anlagenvermittler sein Honorar vom Beteiligungserwerber oder vom Initiator erhält, kann es ―im Gegensatz zur Auffassung des Klägers― jedenfalls nicht ankommen. Eine solche Unterscheidung ergibt sich auch nicht aus dem BFH-Urteil vom 8. Februar 1990 IV R 208/85 (BFH/NV 1991, 436).
e) Die Frage, ob "zwischen der steuerberatenden Tätigkeit und der Vermittlungstätigkeit eines Steuerberaters ein so enger sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang [besteht], daß insgesamt eine einheitliche Tätigkeit vorliegt", richtet sich ausschließlich nach der ―vom FG vorzunehmenden und im Streitfall auch vorgenommenen― tatsächlichen Feststellung und Würdigung des Sachverhalts (vgl. Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, 20. Aufl., § 18 Rz. 17, 50). Dass der FG-Entscheidung, die die beiden Tätigkeitsbereiche im Streitfall voneinander getrennt hat, eine augenscheinliche falsche Vorstellung der Verkehrsauffassung zugrunde läge, die aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit einer Korrektur des BFH aufgrund der Vorschrift des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO bedürfe, ist weder dargetan noch ersichtlich. Es kann daher offen bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen eine derartige Korrektur möglich wäre (BFH in BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837).
f) Hinsichtlich der Wertberichtigung der Forderung gegen die U hat der Kläger eine Rechtsfrage formuliert, ohne deren grundsätzliche Bedeutung auch nur ansatzweise darzulegen (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die Entscheidung des FG beruht im Übrigen auf einer Würdigung der Gesamtumstände (intime Kenntnisse der wirtschaftlichen Verhältnisse der U, Umstellung des Klägervorbringens wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung, auch nach mehreren Jahren noch keine unterschriebene Bilanz), die bei der Fragestellung des Klägers nicht unberücksichtigt bleiben können. So hat der Kläger in seinem Vorbringen außer Acht gelassen, dass das FG nicht zur Frage der Berichtigung eines falschen Bilanzansatzes Stellung genommen hat, sondern zu der Frage, ob der Ansatz zum Bilanzstichtag überhaupt falsch war (vgl. Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz. 681). Dies hat es verneint und deshalb eine Berichtigung der Bilanz zum 31. Dezember 1992 als nicht zulässig erachtet. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage geht demgegenüber von einem anderen Sachverhalt aus, wenn sie die Kenntnis der Uneinbringlichkeit bereits zum 31. Dezember 1992 voraussetzt.
Entsprechendes gilt für die weitere in diesem Zusammenhang vom Kläger formulierte Rechtsfrage, die auf die Bedeutung eines etwaigen Verschuldens bei der Aufstellung einer fehlerhaften Bilanz abzielt. Auch diese Frage stellt sich nicht, wenn der betreffende Bilanzansatz zum Zeitpunkt der Aufstellung (noch) zutreffend war.
3. Auch wegen eines Fehlers von erheblichem Gewicht ist die Revision vorliegend nicht zuzulassen. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob sich ―wie der Kläger vorträgt― ein solcher Zulassungsgrund aus dem in § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO genannten Grund einer Fortbildung des Rechts bzw. Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung ergeben könnte.
Der Kläger hält es für "ganz offensichtlich nicht Recht, dass aus den Jahresabschlüssen zweier Streitjahre die im Zusammenhang mit der vermeintlichen gewerblichen Tätigkeit gebildeten Rückstellungen erfolgswirksam herausgenommen werden, während die Umsatzerlöse und insbesondere Forderungen aus dieser Tätigkeit unverändert fortgeführt werden". Der BFH könne und müsse aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit das FG-Urteil korrigieren.
Um die Fehlerhaftigkeit des FG-Urteils zu begründen, hätte der Kläger zunächst dartun müssen, dass in seiner Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in den Streitjahren 1990 bis 1992 tatsächlich noch Forderungen aus seiner gewerblichen Tätigkeit aus den Jahren 1967 bis 1973 bilanziert waren. Die angeführten Rückstellungen betreffen nämlich eine aus den Jahren 1972/1973 herrührende Schadensersatzverbindlichkeit sowie eine weitere, die im Zusammenhang steht mit der wesentlichen Beteiligung des Klägers an der A-GmbH in der Zeit von 1967 bis 1973 und seiner Vermittlung von Beteiligungen an zwei der Abschreibungsgesellschaften der A-Gruppe in den Jahren 1967, 1969 und 1970. Hierzu ist aber nichts vorgetragen.
Auch wenn der Kläger Einnahmen aus den zugrunde liegenden Geschäftsvorfällen seinerzeit ―fälschlicherweise― als Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit verbucht haben sollte, so folgt hieraus nicht, dass in den Streitjahren aus diesen Geschäften herrührende Verbindlichkeiten gleichfalls steuerlich falsch zuzuordnen sind.
Fundstellen
Haufe-Index 737861 |
BFH/NV 2002, 909 |